Test Specialized S-Works Turbo TLR: Der neue Rennreifen bietet nach kinderleichter Tubeless-Montage Bestleistungen auf der Straße, die von unabhängigen Tests untermauert werden. Gerade in der 30-mm-Version ist dies ein schneller Trainings- und Wettkampfreifen für alle, die auf schlechten Straßen unterwegs sind.
Angesichts der Flut von Fahrrädern, Komponenten und Zubehörteilen, die unter dem Markennamen Specialized angeboten werden, vergisst man schnell das allererste Produkt der Marke: einen Rennreifen namens „Touring“, der mit 28 mm Breite für die damalige Zeit eher üppig dimensioniert war und mit Slick-Lauffläche und Reifenschultern mit Fischgrät-Profil aktuelle Ausführungen vorweg nahm. Wie lange das her ist? Fast 50 Jahre – Der Reifen kam bereits 1976 auf den Markt, also ein paar Jahre vor dem ersten Bike mit dem Specialized-Logo.
Die Marke hat es also durchaus verdient, in einem Atemzug mit bekannten Reifenherstellern genannt zu werden – zumal ihre Produkte auf Augenhöhe mit der Konkurrenz sind. Oder diesen vielleicht sogar überlegen? Mit dem neuen Specialized S-Works Turbo TLR liegt nun jedenfalls ein Rennreifen vor, der sich mit vielen guten Eigenschaften als optimaler Allrounder anbietet und der ebenso als schneller Trainings- wie als robuster Wettkampfreifen vorgesehen ist.

Neuaufstellung ohne „2Bliss Ready“
Specialized hat sein Reifen-Programm im Frühjahr neu aufgestellt, dabei das sperrige Kürzel „2Bliss Ready“ gegen das übliche „TLR“ getauscht und beim Turbo die 26er Variante gestrichen – der Reifen für Rennen und Training ist jetzt nur noch in 28 und 30 mm Breite verfügbar. Im Vergleich zum Vorgänger spricht der Hersteller von 20 Gramm weniger Gewicht und einem um 10 % reduzierten Rollwiderstand. Geblieben ist die 120-tpi-Karkasse, außerdem die Gummimischung mit dem härteren Gripton T2 in der Mitte und weicherem T5 an den Reifenschultern. Deren Profil hat sich minimal bis gar nicht geändert; die Karkasse besteht aus zwei Lagen an der Seitenwand bzw. drei Lagen plus Pannenschutzstreifen unter der Lauffläche. Die Verschleißmarkierungen auf der Lauffläche sind 1 mm tief – damit weist der Reifen ordentlich Gummi auf, was für eine lange Laufleistung spricht.
Nach dem Auspacken geht’s erst mal auf die Waage: Beide Turbo TLR wiegen in 30 mm Breite mit schwarzer Karkasse jeweils 294 Gramm. Die beim Launch vorgestellte Tanwall-Variante ist minimal leichter, hier wiegen die Testmuster in 28 mm 266/259 Gramm. Die offiziellen Angaben werden damit sehr genau eingehalten, außerdem sind die Reifen vergleichsweise leicht.
Specialized S-Works Turbo TLR: abgestimmt auf breite Felgen
Auf unterschiedlichen Felgen mit jeweils 23 mm Maulweite halten die Turbo TLR ihre jeweilige Nennbreite exakt ein, was dafür spricht, dass Specialized seine neuen Modelle bereits auf derartige Felgen abgestimmt hat. Manch anderer 28er fällt auf der 23C-Felge fast 30 mm breit aus; auf schmaleren Felgen könnte der Turbo im Umkehrschluss etwas schmaler sein. Mit dem neuen Turbo weiß man also ziemlich genau, woran man ist – wer ein Rahmenset mit geringer Reifenfreiheit fährt, wird hier keine unangenehmen Überraschungen erleben. Dabei kann es sein, dass der Reifen ein paar Stunden braucht, um seine volle Breite einzunehmen.
Beinahe sensationell einfach ist die Tubeless-Montage. Beide Größen des Specialized Turbo TLR lassen sich mit etwas Kraftaufwand ohne Reifenheber über die Felgenflanke drücken; beim Aufpumpen bauen sie auf Hookless- wie auf Hakenfelgen mit dem ersten Hub Druck auf. Und das mit der normalen Standpumpe und eingeschraubten Ventilkernen. Montageflüssigkeit ist auch nicht erforderlich – sobald der Turbo TLR einmal in der Felge sitzt, läuft er perfekt rund. Damit hat dieser Reifen auch namhaften Konkurrenten etwas voraus – oft genug ist das Befüllen und Ausrichten von Tubeless-Rennreifen nämlich eine aufwendige Angelegenheit und ohne Kompressorpumpe nicht möglich.
Leichter Lauf auch unterhalb des Mindestdrucks
Specialized gibt für den 28er einen Reifendruck von 4,5 bis 6,5 bar an, für den 30er 4 bis 6 bar. Der Maximaldruck bei Hookless-Felgen liegt jeweils bei 5 bar. Allerdings lassen sich beide Reifen auch mit deutlich unter 4 bar fahren. Dann zeigen sie sich von ihrer komfortablen Seite, ohne irgendwie schwammig zu wirken – auch nicht bei Schräglage, wo der extrem gute Grip der T5-Mischung auffällt. Auf feuchter Fahrbahn vermittelt das Compound ebenfalls viel Sicherheit. Geht man etwas über den Mindestdruck hinaus, rollen die Turbo TLR gefühlt schnell und geschmeidig, wobei der 30er der schmaleren Variante sogar noch leicht überlegen scheint. Auf dem typisch löcherigen Asphalt westdeutscher Nebenstraßen ist dieser Reifen damit ein echter Komfortspender.

Nach gut 700 Kilometern sind die Reifen noch völlig frei von kleinen Schnitten oder Löchern; der vordere Pneu zeigt sogar noch die feine Mittelnaht. Die Haltbarkeit des neuen Turbo TLR scheint also hoch zu sein. In diesem Zusammenhang sind auch die Testergebnisse des Portals bicyclerollingresistance.com interessant, das dem Turbo TLR eine extrem pannensichere Lauffläche sowie hohen Nässegrip attestiert. Angesichts des geringen Gewichts und des gefühlt geringen Rollwiderstandes bietet sich der Reifen also all jenen an, die weder beim Pannenschutz noch beim Fahrgefühl Kompromisse machen wollen.
Mit 75 Euro liegt der Specialized Turbo TLR preislich im Bereich ähnlich aufgestellter Rennreifen der Mitbewerber. Diese werden im Handel freilich meist stark rabattiert, während man den Allrounder des US-Herstellers kaum deutlich unterm UVP bekommt. Eine lohnende Anschaffung ist er dennoch – und wer einen schönen S-Works-Renner sein Eigen nennt, wird auch den leichten Preisaufschlag verkraften können…



