Specialized Aethos 2 2026: Nach fünf Jahren kommt das erste Update der kompromisslosen Leichtbau-Rennmaschine. Mit integrierten Leitungen, etwas entspannteren Geometrie und mehr Reifenfreiheit ist das neue Modell deutlich in Richtung „Allroad“ getrimmt – und dürfte damit den Nerv der Zeit treffen und aus seiner Exotenrolle herauskommen.
Als Specialized 2020 das Aethos vorstellte, war die Begeisterung groß. Der Leichtbau-Renner mit einem Rahmengewicht unter 600 Gramm war kompromisslos auf Fahrspaß getrimmt dank aggressiver Geometrie und dem hohem Komfort schlanker Rundrohre und weit ausgezogener Sattelstütze. Die Kompletträder mit Shimano Dura-Ace und SRAM Red wogen um die sechs Kilo und waren damit zu leicht für den Rennbetrieb, wobei der Rennsport dezidiert nicht zum angepeilten Einsatzgebiet des Aethos gehörte. Und so spielte auch die Aerodynamik keine Rolle – neben den klassischen Konturen fielen auch am Cockpit außen verlegte Leitungen auf, die das Rad in den Folgejahren zum Liebling all jener machten, die ihre Rennmaschine selbst aufbauen wollten.
Specialized Aethos 2 2026: Neuauflage mit zeitgemäßen Features
Waren die ersten zwei Modelle mit fünfstelligen Preisen versehen und deshalb ein seltener Anblick, schob Specialized in den Folgejahren günstigere Varianten bis hin zur „Sport“-Variante mit Shimano 105 für 3.400 Euro nach, wobei der Rahmen dieses Modells auch nur 800 Gramm wog. An der Optik und den Features änderte der Hersteller jedoch nichts, sodass sich immer mehr Fans fragten, wie denn ein Aethos 2.0 aussehen könnte. Jetzt wissen wir’s – und einiges von dem, was gemutmaßt wurde, ist eingetreten. Die zweite Auflage des Specialized Aethos bleibt sich in vieler Hinsicht treu, dabei schärft das Rad sein Profil und richtet sich innerhalb des Modellprogramms neu aus.

Das Erste, was am Aethos 2026 auffällt, ist das, was man nicht sieht: Ab sofort werden die Bremsleitungen innen geführt, verschwinden also im Deckel des Steuersatzes, der ca. 10 mm hoch ist. Die Dimensionen des Steuerrohrs haben sich dadurch nicht verändert, und auch ein klassisch geformter Lenkervorbau kann weiterhin verwendet werden – die Bremsleitungen werden dann unterhalb von diesem in den Steuersatzdeckel geführt. Einen gewissen Spielraum etwa bei der Vorbaulänge sollte diese Leitungsführung zulassen, und der zusätzliche Aufwand bei der Montage sollte sich in Grenzen halten, zumal die Leitungen nicht zwingend im Vorbau verlaufen müssen.
UDH-Standard und innenliegende Bremsleitungen
Ein weiteres neues Merkmal ist der UDH-Hinterbau, durch den das Aethos nun mit den „Full mount“-Schaltwerken von SRAM kompatibel ist. Das neue Specialized Diverge 4 verfügt ebenfalls über den neuen Standard – dieses Rad wird aber auch nur noch mit 1x-Antrieben angeboten, während das Aethos 2 nur in 2x-Varianten gelauncht wird. Wobei man davon ausgehen kann, dass immer mehr Hersteller den Schritt zu UDH am Rennrad vollziehen werden – alleine die Verfügbarkeit eines Standard-Schaltauges ist ein Vorteil der neuen Technologie.
Die UDH-Aufnahme deutet hier aber noch etwas anderes an – nämlich eine subtile Verschiebung des Aethos hin zur Kategorie Allroad. Bisher entsprach das Aethos hinsichtlich Sitz- und Lenkgeometrie exakt der Aero-Rennmaschine Tarmac SL8; beide Modelle verfügten über 32 mm Reifenfreiheit. Das Tarmac war steifer und aerodynamischer, das Aethos leichter und komfortabler.
Doch nun hat Specialized dem Aethos eine eigenständige Geometrie gegönnt: Der Stack wurde angehoben, indem das Steuerrohr verlängert wurde; bei fast allen Größen ist die Front 2026 um 15 mm höher. Angesichts der Tatsache, dass so ziemlich jedes bisherige Aethos mit einem oder mehreren Spacern unterm Vorbau ausgestattet wurde, dürfte diese Veränderung den meisten Nutzern entgegenkommen. Weiterhin wurde der Reach um ein paar Millimeter verkürzt, was in der Summe eine leicht aufrechtere, etwas kompaktere Sitzhaltung ergibt. War das alte Aethos etwas aggressiver geschnitten als das Cyclocross/Gravel-Racebike Crux, ist die Sitzposition in den mittleren Größen nun sogar minimal entspannter als auf diesem. Der Radstand des Aethos ist um 7 mm gewachsen und der Lenkwinkel ein halbes Grad flacher geworden, was das agile Handling etwas beruhigen dürfte.

Allroad-Optimierung mit mehr Reifenfreiheit
Und noch etwas ist neu: Das Aethos 2 kann mit 35 mm breiten Reifen gefahren werden, wo vorher (wie gesagt) bei 32 mm Schluss war. Das bedeutet einerseits, dass man nun aus einer größeren Bandbreite von Reifen wählen kann, da 35 eine gängigere Breite ist als 32. Andererseits kann man sich fragen, warum der Hersteller nicht gleich auf 40 mm gegangen ist.

Eine naheliegende Erklärung ist, dass das Aethos vielleicht ein Allroad-, aber bestimmt kein Gravelbike ist. Nach wie vor ist der Rahmen mit unter 600 Gramm extrem leicht, sollte also nicht übermäßig grob behandelt werden – dafür ist das Crux da, das in seiner Kategorie ebenfalls unerreicht leicht, dabei aber auf die Belastungen im Gelände abgestimmt ist. Für besonders raue Einsätze auf der Straße gibt es derweil das Specialized Roubaix mit gefedertem Vorbau, das mit 40er Reifen gefahren werden kann.
Das neue Aethos schließt also eine Lücke im Portfolio von Specialized, die vielen vielleicht gar nicht aufgefallen ist. Doch auf diese Weise kann der Anbieter das Modell aus der Exotenrolle herausholen, die das Rad seit seiner Erstvorstellung inne hatte. Eine reinrassige Rennmaschine ohne Aero-Optimierung ist heute noch weniger vermittelbar als vor fünf Jahren; ein komfortables, leichtes Rad für schlechten Asphalt bis hin zu leichten Schotterstrecken passt deutlich besser zum Zeitgeist.

Fünf Modellvarianten ab 6.299 Euro
Specialized bietet das Aethos 2 zum Launch in fünf Varianten an. An der Spitze stehen zwei S-Works-Modelle mit Shimano Dura Ace Di2 bzw. SRAM Red AXS, für die eigens neue Komponenten entwickelt wurden: Das Roval Alpinist Cockpit II wiegt gerade mal 270 Gramm, die Roval Alpinist CLX III mit flachen Felgen und DT-Swiss-Nabentechnik nur 1.131 Gramm. Kein Wunder, dass diese zwei Kompletträder nur etwa sechs Kilo auf die Waage bringen. Die zwei Topmodelle kosten dann auch erwartbare 13.499 Euro.
Darunter rangieren zwei Pro-Modelle, diesmal mit Shimano Ultegra Di2 und SRAM Force AXS und wiederum mit Carbon-Cockpit und -Radsatz. Sie stehen mit je 8.499 Euro in der Preisliste und wiegen rund 6,7 Kilo. Mit 6.299 Euro noch einmal deutlich günstiger ist das Aethos Expert Di2, ebenfalls mit Ultegra ausgestattet, aber einem einfacheren Carbon-Radsatz und konventioneller Lenker-Vorbau-Kombi (ca. 7 Kilo). Das entsprechende AXS-Modell mit SRAM Force ist erst einmal nicht für den deutschen Markt bestimmt. Dazu gibt es das S-Works-Rahmenset für 5.499 Euro und ein Standard-Rahmenset für 3.799 Euro. Die Gewichte der Rahmen werden mit 595 bzw. 705 Gramm angegeben (56 cm).
Mit dem S-Works-Modell kann Specialized also nach wie vor einen, wenn nicht den leichtesten Serien-Rennrahmen der Welt anbieten. Und wer das alte Aethos kennt, wird sich auf geschmeidige, komfortable Fahreigenschaften in einer etwas entschärfteren Sitzhaltung freuen. Für jene, die Rennradfahren ohne Leistungsdruck und jenseits aerodynamischer Optimierung wollen, aber dennoch auf einen Highend-Renner Wert legen, ist das Aethos 2 vielleicht noch mehr die richtige Wahl, als es die erste Version war.







