Test / E-Bikes: Mit dem Bergamont E-Ville Pro Belt Premium hatten wir einen exzellenten E-Tiefeinsteiger im Test, der zeigt, wie vielseitig ein modernes E-Bike sein kann. Mit seinem hochwertigen Rahmen, hohem zulässigen Gesamtgewicht und rundum gelungenen Komponenten sind dem Rad kaum Grenzen gesetzt – auch wenn das schicke Bike seinen Preis hat.
Das Bergamont E-Ville Pro Belt Premium ist ein leuchtendes Beispiel dafür, dass ein Fahrrad weit mehr ist als nur die Summe seiner Einzelteile. Nicht falsch verstehen: Auch die bloße Summe der Einzelteile würde schon ein exzellentes E-Bike ergeben: Kräftiger Motor, großer Akku, wartungsfreier Riemenantrieb samt Automatikschaltung, schickes Design; hier hat jemand seine Hausaufgaben gemacht! Aber das trifft eben auf dem hart umkämpften E-Bike-Markt mittlerweile auf einige Räder zu. Zu etwas Besonderem wird der stylische Tiefeinsteiger der Hanseaten durch sein stimmiges Konzept, das sich bis zur letzten Schraube und bis ins kleinste Detail am Rad selbst wiederfindet.
Dynamisch-sportlicher Tiefeinsteiger
Ein ganz wesentlicher Bestandteil dieses Gesamtkonzepts ist der Rahmen. Das E-Ville ist ausschließlich als Tiefeinsteiger erhältlich, unisex wie Bergamont selbst auf der Webseite sagt. Aber Moment: Tiefeinsteiger? Den verbinden viele noch immer mit schnöden, etwas biederen Rädern, die meist eher mit weniger als 10km/h und selten länger als eine halbe Stunde am Stück bewegt werden. Dieses angestaubte Image hat sich in den letzten Jahren jedoch enorm gewandelt, auch dank E-Bikes wie dem Bergamont E-Ville. Die Sitzposition ist zwar komfortabel, aber versprüht doch gleichzeitig auch einen Hauch Dynamik. Im Zusammenspiel mit dem verstellbaren Vorbau kann man weitere Feinabstimmungen vornehmen.
Im Herzen des auch optisch in jeglicher Hinsicht überzeugenden Rahmens verrichtet ein kräftiger Bosch Performance CX Motor seinen Dienst. Mit bis zu 85 Nm maximalem Drehmoment gehört er zu den kräftigsten Mittelmotoren überhaupt auf dem Markt – verpackt in einem kompakten Gehäuse, das erst auf den zweiten Blick hinter dem normal-großen Riemenblatt auffällt. So viel Power will natürlich auch entsprechend mit Energie versorgt werden – dafür steht am E-Ville Pro Belt Premium ein 625 Wh großer Akku im Rahmen bereit. Wer das absolute Maximum an Reichweite ohne Zwischenstopp an der Steckdose möchte, kann sogar noch einen weiteren Zusatzakku montieren und kommt dann auf bis zu 1.025 Wh insgesamt.
Hohe Zuladung und tolle Komponentenwahl
Das vielleicht größte Highlight des Rahmens – und damit des gesamten E-Bikes – ist jedoch nicht sichtbar und versteckt sich in den technischen Daten: So besitzt das Bergamont E-Ville Pro Belt Premium nämlich ein maximal zulässiges Gesamtgewicht von satten 160 kg. Abzüglich der rund 30 kg Fahrradgewicht bleiben also noch immer sehr gute 130 kg übrig – für Fahrer oder Fahrerin, Gepäck … und Anhänger! Der Tiefeinsteiger bringt nämlich nicht nur Aufnahmen für einen Gepäckträger vorn, einen Träger hinten (samt Freigabe für Kindersitze) sondern auch die herstellerseitige Freigabe für einen Anhänger mit. Dank der großzügigen Zuladung sind quasi auch all diese Features nutzbar, ohne das Rad fernab der Spezifikation zu betreiben.
Die verbauten Komponenten sind sowohl dem stattlichen Preis von immerhin knapp 5.000 Euro als auch dem Namenszusatz „Premium“ vollkommen angemessen. Zunächst sticht natürlich der verbaute Riemen ins Auge, der die klassische Kette ersetzt. Dieser hat er nicht nur eine deutlich bessere Haltbarkeit (ca. 20.000 km gegenüber ca. 5.000 km bei einer herkömmlichen Kette), sondern auch weniger Wartungsaufwand voraus: Der Antrieb muss nicht geschmiert werden – das heißt auch: Kein schmutziger Hosenbund und keine knirschenden Geräusche nach der Regenfahrt mehr. Passend dazu kommt das Bergamont E-Bike mit einer Enviolo Schaltnabe, die die Übersetzung nicht nur stufenlos, sondern auch vollautomatisch wechselt.
Rahmen | 28 Lite AL |
Federgabel | SR Suntour Mobie 525 RLR 100 mm |
Antrieb | Bosch Performance CX |
Akku | Bosch Powertube 625 |
Laufräder | Ryde Rival 23 Disc |
Reifen | Schwalbe Marathon E-Plus 55 mm |
Schaltwerk | Enviolo Trekking Automatic |
Schalthebel | Ohne |
Kurbel | FSA CK-745 |
Umwerfer | Ohne |
Bremse | Shimano Alfine Disc |
Sattelstütze | BGM Pro |
Sattel | Selle Royal Lookin BGM Basic |
Vorbau | BGM E-Bike |
Lenker | BGM Pro |
Betrachtet man die bislang erwähnten Komponenten, den Rahmen und den Motor zeichnet sich das Bild eines hochwertigen Urban Bikes mit einem ordentlichen Schuss Sportlichkeit ab. Gerade letzteren betont auch die verbaute Federgabel von SR Suntour. Diese bietet nämlich – für ein Urban Bike ungewöhnlich – fast schon üppige 100 mm Federweg und lässt sich per Luft auf das Fahrergewicht einstellen. So ist man selbst für leichte Geländeausflüge gewappnet, wenngleich der Komfort auch auf den Radweg eine Freude ist. Dazu trägt auch die breite Schwalbe Bereifung bei.
Ein besonderes Lob verdient sich das E-Ville Pro Belt Premium dann dort, wo viele Bikes der Konkurrenz den Rotstift ansetzen: Der verstellbare Vorbau ist nicht nur höchst variabel, sondern auch ausgesprochen verwindungssteif und bietet eine formschöne Integration für das Bosch Kiox Display. Die Schutzbleche sind aus Metall, klappern nicht und sind so dimensioniert, dass auch die Füße im Regen trocken bleiben. Selbst der Gepäckträger ist ein Highlight: Von Racktime produziert fügt er sich optisch schön in das Gesamtbild, hat Federklappe und eine Reling für entsprechende Taschen. Ach ja: Auch beim Licht wurde nicht gespart. Der Busch & Müller IQ-XS Scheinwerfer vorn wirft helle 70 Lux auf die Straße, das Rücklicht ist in den angesprochenen Gepäckträger integriert.
Überzeugend im urbanen Raum – und darüber hinaus
Für einen aussagekräftigen Test wollten wir das Bergamont E-Ville Pro Belt Premium zunächst in seiner „natürlichen“ Umgebung ausprobieren: Im Alltag in der Stadt. Dafür haben wir uns einen Croozer Kid Anhänger geschnappt und los geht’s. Direkt auf den ersten Metern fallen zwei Dinge ganz besonders positiv auf. Zum einen der enorm hohe Komfort und die hervorragende Ergonomie. Die Sitzposition ist ausgesprochen angenehm, Lenker, Griffe und Sattel sind gelungen und so geht es maximal angenehm Meter für Meter nach vorn. Dank des kräftigen Antriebs ist man im Nu auf Tempo, auch wenn der Motor in den höheren Unterstützungsstufen nicht immer ganz lautlos zu Werke geht. Bei hohem Tempo tut sich dann der sehr gut konstruierte Rahmen hervor, der mit hoher Steifigkeit überzeugen kann. Auch im Jahr 2021 ist das bei Elektro-Tiefeinsteigern noch immer keineswegs selbstverständlich, gerade auch wenn man mit dem Anhänger eine zusätzliche Last am Hinterbau befestigt.
Auch für sämtliche anderen Aufgaben, die der urbane Alltag so bereithält, hat das E-Ville Pro nur ein müdes Lächeln übrig. Der Gepäckträger ist so angebracht, dass selbst große Taschen so befestigt werden können, dass man beim Treten nicht mit den Füßen daran streift. Dank der Federklappe lassen sich oben problemlos weitere Lasten anbringen – und wem das immer noch nicht reicht, kann vorn einen weiteren Träger befestigen. So mutiert der Tiefeinsteiger fast zum Cargo-Light.
Ach ja, Schaltung – da war ja was! Das Thema kann man beim edlen Bergamont E-Tiefeinsteiger schon mal vergessen, so unauffällig agiert der Antrieb in dieser Hinsicht. Dank Automatik hat man keinen Schalthebel, dank Riemen kein Knirschen und die stufenlose Anpassung der Übersetzung erfolgt lautlos. Mehr Schaltkomfort geht nicht. Etwas gewöhnungsbedürftig sind die selbständigen Gangwechsel bei niedrigem Tempo. Bremst man beispielsweise im dichten Verkehr mal kurz ab, wechselt die Enviolo in eine sehr leichte Übersetzung. Das ergibt Sinn und ist beim Anfahren ausgesprochen hilfreich. Als Enviolo-Neuling tritt man jedoch anfangs das eine oder andere Mal kurz ins Leere.
Das E-Ville Pro Belt lieferte eine so überzeugende Vorstellung ab, dass wir auch mal seine Limits ausloten wollten. Dafür ging es im Bayerischen Wald knapp 500 Höhenmeter über unbefestigte Wege nach oben – natürlich mit Anhänger! Dank der stabilen Konstruktion, der gut arbeitenden Federgabel und dem durchzugsstarken Motor war das über die meiste Zeit gar kein Problem. Lediglich dann, wenn es so richtig, richtig steil wird, fehlt der Enviolo Nabe eine leichte Übersetzung und der Motor kommt ins Schwitzen. In der Abfahrt sind es dann wiederum der steife Rahmen und die gut dosierbaren Bremsen, die uns auch mit einem Systemgewicht nahe des Limits absolut zuverlässig und sicher wieder ins Tal bringen.