Test / E-MTB: Das Amflow PL Carbon dürfte eines der spannendsten E-Mountainbikes der letzten Jahre sein. Das liegt natürlich mitunter am DJI Avinox Antriebssystem, doch das E-MTB hat auch darüber hinaus einiges zu bieten, wie unser Test zeigt.
Gemeinsam mit dem DJI Avinox Antriebssystem wurde in diesem Sommer auf der Eurobike auch das erste Bike von Amflow präsentiert – das Amflow PL Carbon. Im ersten Moment ist man geneigt hinter dem E-Mountainbike ein reines Showcase für den neuen DJI Antrieb zu vermuten; doch bei genauerer Betrachtung zeigt sich, dass das schlanke Carbon-Fully mehr ist als das und auch unabhängig vom Antrieb überzeugen kann. Erhältlich ist das Bike sowohl direkt bei Amflow im Direktvertrieb als auch bei zahlreichen Fachhändlern, die den Newcomer bereits ins Programm aufgenommen haben. Eine Liste dieser Händler findet sich auf der Webseite von Amflow.
Beeindruckende Eckdaten
Das Amflow PL Carbon selbst verspricht auf dem Papier einiges an Geländepotential: 160 mm Federweg vorn, 150 am Heck lassen vermuten, dass sich das Bike irgendwo im Spannungsfeld zwischen Allmountain und Enduro platziert. Ab Werk kommt das Rad mit 29 Zoll Laufrädern, dank eines Flip-Chips ist ein nachträglicher Umbau auf einen Mullet-Mix mit kleinem 650b Hinterrad jedoch laut Amflow kein Problem. Wie sich die Geometrie verändert, lässt sich im entsprechenden Dokument auf der Webseite nachlesen. In der Silhouette erinnert das PL Carbon viel mehr an ein Light E-MTB als an ein Full-Power Rad. Umso beeindruckender sind deshalb seine technischen Daten: Der Antrieb bringt bis zu 120 Nm Drehmoment und maximal 1000 Watt Unterstützungsleistung, die fest integrierten Akkus fassen wahlweise 600 oder 800 Wh und das Gewicht bleibt dennoch – je nach Variante – absolut im Rahmen und bewegt sich ungefähr zwischen 19 und 21 kg.
Auf den neuen DJI Avinox Antrieb gehen wir an dieser Stelle nicht im Detail ein. Alles was es über den E-Bike-Erstling des Drohnenspezialisten zu wissen gibt, haben wir in unserem Testartikel und in unserem Video zusammengefasst – inklusive Leistungsdaten vom Prüfstand und ausführliche Eindrücke aus der Praxis. Kurz gesagt: Das Antriebssystem überzeugt in fast jeglicher Hinsicht. Die Leistung ist bombastisch und dennoch gut dosierbar, die Peripherie – von Akku bis Remote – weiß restlos zu überzeugen und auch andere Dinge wie das sehr schnelle Ladegerät und die schöne App machen einen hervorragenden Eindruck.
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Vielseitige Geometrie
Ein Blick auf die Geometriedaten zeigt, dass das Amflow PL Carbon kein reines Vollgas-Baller-E-MTB sein möchte. Die Abmessungen sind modern, keine Frage, erinnern jedoch eher an ein quirliges Trailbike als ein Vollblut-Enduro. Umso erstaunlicher ist da der üppige Federweg, der sich an der Front laut Amflow nach dem Kauf durch eine andere Gabel auch auf 170 mm vergrößern lässt. Andererseits: Auch ein Trailbike kann diese Reserven durchaus gebrauchen. Ebenso fällt auf, dass die vier erhältlichen Rahmengrößen allesamt recht klein ausfallen. Insofern sollte man – je nach Geschmack – eventuell auch über die nächst-größere Größe nachdenken beim Kauf.
M | L | XL | XXL | |
---|---|---|---|---|
Sitzrohr (in mm) | 430 | 450 | 470 | 500 |
Reach (in mm) | 452 | 475 | 500 | 525 |
Stack (in mm) | 618 | 628 | 641 | 655 |
Lenkwinkel (in °) | 64,5 | 64,5 | 64,5 | 64,5 |
Sitzwinkel eff. (in °) | 77 | 77 | 77 | 77 |
Tretlagerabsenkung (in mm) | 29 | 29 | 29 | 29 |
Kettenstreben (in mm) | 445 | 445 | 445 | 445 |
Oberrohr horiz. (in mm) | 595 | 620 | 648 | 676 |
Steuerrohr (in mm) | 105 | 115 | 130 | 145 |
Ausstattung des Amflow PL Carbon Pro
Getestet haben wir das Amflow PL Carbon in der Top-Variante mit dem 600 Wh Akku. So brachte das Bike in Rahmengröße L und ohne Pedale 19,6 kg auf die Waage. Angesichts der Komponenten und des bärenstarken Motors ein absoluter Top-Wert, der auch dem sehr leichten Vollcarbonrahmen zu verdanken ist. Angesichts des Preises von 9.799 Euro sind wir nicht überrascht, dass man bei den Komponenten fast durchweg ins oberste Regal greift: Im Steuerrohr steckt eine Fox 36 Factory mit GripX2 Kartusche, der ein Float X Dämpfer, ebenfalls als Factory, im Heck zur Seite steht. Ebenfalls von Fox kommt die Transfer Sattelstütze mit für jede Rahmengröße angemessenem Hub. Geschaltet wird kabellos und elektronisch mit der Sram X0 Eagle Transmission, die auch mit der Power des Avinox Motors gut zurechtkommen dürfte. Die bewährte Magura MT7 samt 203 mm großer MDR-C Scheiben vorn und hinten soll das Bike zum Stehen bringen.
Rahmen | Amflow PL Carbon |
Federgabel | Fox 36 Factory GripX2 |
Antrieb | DJI Avinox |
Akku | 600 Wh |
Dämpfer | Fox Float X Factory |
Laufräder | Amflow HMC-30 |
Reifen VR | Maxxis Assegai MaxxTerra Exo |
Reifen HR | Maxxis Dissector MaxxTerra Exo+ |
Schaltwerk | Sram X0 Eagle Transmission |
Schalthebel | Sram AXS Pod |
Kurbel | Avinox 155 mm |
Umwerfer | Ohne |
Bremse | Magura MT7 |
Bremsscheiben | Magura MDR-C 203/203 mm |
Sattelstütze | Fox Transfer Factory 190 mm (L) |
Sattel | Ergon SM Pro M/L |
Vorbau | Amflow Enduro CNC |
Lenker | Amflow Enduro Carbon 25/800 |
Ansonsten greift Amflow an vielen Stellen auf Teile aus eigenem Hause zurück: Carbonlenker und Laufräder mit Carbonfelgen, gefräster Vorbau und auch die Griffe tragen den Schriftzug des Branchen-Neulings, machen aber durchweg einen sehr hochwertigen Eindruck. An der Reifenwahl dürften sich die Geister scheiden: Der Maxxis Assegai an der Front bringt viel Traktion mit, kommt jedoch mit der vergleichsweise schmächtigen Exo-Karasse, während man am Heck zwar die stabilere Exo+ bekommt, mit dem Dissector jedoch auf etwas Traktion verzichten muss.
Über die Variante des Amflow PL Carbon Pro mit 800 Wh Akku sollte man durchaus nachdenken, denn einen Range Extender bietet das System derzeit nicht und der kräftige Motor saugt den fest integrierten Akku gerade bei großer Last durchaus flott leer. Außerdem fällt der Aufpreis mit 200 Euro durchaus human aus. Alternativ kann man auch einfach zum wesentlich günstigeren Amflow PL Carbon greifen. Das kommt ausschließlich mit dem großen Energiespeicher und ist mit 6.499 Euro über 3.000 Euro günstiger. Zwar muss man hier mit Fox Performance Fahrwerk, Alu-Laufrädern und mechanischer Schaltung ein paar Abstriche machen, dennoch dürfte auch das günstigere Modell für viele E-Mountainbiker interessant sein. Das Gewicht soll übrigens laut Amflow bei etwas über 21 kg liegen.
Das Amflow PL Carbon auf dem Trail
Unser Testbike musste sich im vielfältigen Gelände am Bikepark Geißkopf beweisen. Zunächst der große Trumpf: Bergauf ist das Amflow PL Carbon eine Macht. Natürlich hat hier der kräftige und zugleich fein dosierbare Antrieb großen Anteil, aber auch die Geometrie des Bikes mit steilem Sitzwinkel und etwas tieferer Front hilft, in eine gute Kletterposition zu kommen. So steigt das Vorderrad erst sehr spät und auch steile Rampen sind ohne gröbere Gewichtsverlagerungen gut zu erklimmen. Einzig der etwas dürftig profilierte Dissector am Hinterrad kommt bei nassen Bedingungen schnell an seine Grenzen und kann die Kraft des Motors nicht immer zuverlässig auf den Untergrund übertragen.
Auf dem Trail erweist sich das Amflow PL Carbon als echtes Spaßgerät mit integriertem Spieltrieb. Dank seines geringen Gewichts, der nicht zu progressiven Geometrie und des lebendigen Fahrwerks ist das Bike ein quirliger Begleiter und ein echter Alleskönner. Auch flachere Trails werden schnell zur Spielwiese, enge Kurven meistert das Bike spielend. Wagt man sich in „echtes“ Enduro-Terrain bietet das Amflow noch immer einiges an Laufruhe und schlägt sich auch dank der Federwegsreserven beachtlich, kommt dann aber doch etwas an sein Limit. Dafür ist neben den angesprochenen Eigenschaften auch der Hinterbau verantwortlich, der bei schnellen, harten Schlägen und gleichzeitigem Kettenzug zum Verhärten neigt und eine etwas behutsamere Gangart verlangt.
Während die Geräuschkulisse des Bikes im Uphill fast schon erschreckend leise ist angesichts der unbändigen Power des Antriebs, war auf dem Trail deutliches Klappern aus dem Rahmen zu hören. Wir würden dies teilweise auf die Außenhüllen und Züge zurückführen, können aber auch Motorklappern nicht ganz ausschließen.