Radsport: Ben O’Connor hat die 18. Etappe der Tour de France für sich entschieden. Der Australier konnte sich als einziger Ausreißer vor den Favoriten ins Ziel retten. Der deutsche Rennstall RB – Bora – hansgrohe hat viel riskiert, schlussendlich aber Zeit verloren.

O’Connor meldet sich zurück
Eigentlich wollte er bei der diesjährigen Tour de France auf die Gesamtwertung fahren. Doch nach zwei schwachen Wochen war sein Rückstand schon zu groß. Dadurch konnte Ben O’Connor (Jayco AlUla) heute ungefährdet in die Gruppe gehen – und gewinnen. Der Australier war auf dem 171,5 Kilometer langen Teilstück von Vif nach Courchevel der stärkster Kletterer. Er gewann eine von Taktik geprägte Etappe auf dem Col de la Loze (26,5 km a 6,4 %), obwohl er zwischenzeitlich sogar von den Favoriten wieder eingeholt wurde. Pech hatte das Team RB – Bora – hansgrohe, die heute unglaublich viel riskiert und schlussendlich wertvolle Zeit eingebüßt haben. Florian Lipowitz (RB – Bora – hansgrohe) hat Rang drei in der Gesamtwertung und das Weiße Trikot des besten Nachwuchsprofis zwar verteidigt, aber Oscar Onley (Picnic PostNL) bleibt ihm dicht auf den Fersen. Leader Tadej Pogacar (UAE – XRG) hat einmal mehr bewiesen, dass er der stärkste Kletterer ist und seinen Vorsprung ausgebaut.
Lenny Martinez gewinnt die Bergwertung auf dem Col du Glandon
Direkt von Kilometer Null weg hat das Team Lidl – Trek das Tempo im Peloton kontrolliert und damit klargestellt, dass bis zum Zwischensprint keine Gruppe wegkommt. Nachdem sich Jonathan Milan (Lidl – Trek) – Träger des Grünen Trikots – dort die volle Punktzahl gesichert hat, zog sich die Mannschaft zurück. Sofort begannen die Attacken, die sich bis in den ersten Anstieg hineinzogen. Am Col du Glandon (21,7 km a 5,1 %) kristallisierten sich dann schließlich mehrere Fluchtgruppen heraus. Mit dabei auch der Träger des Bergtrikots, Lenny Martinez (Bahrain – Victorious), der sich am Gipfel auch die volle Punktezahl sicherte. Anzumerken ist hierbei aber, dass er sich mehrfach durch eine sogenannte „sticky bottle“ einen Vorteil verschafft hat. Möglich, dass die Tour-Organisation hier noch eine Strafe aussprechen wird. In der Abfahrt konnte der Franzose ohnehin nicht mehr das Tempo seiner Begleiter mitgehen, so dass er zunächst ins Peloton zurückfiel, später sogar weit abgehängt wurde.
Roglic und Gall gehen in die Offensive
Ebenfalls in der Ausreißergruppe vertreten waren mit dem Österreicher Felix Gall (Decathlon AG2R La Mondiale) und dem Slowenen Primoz Roglic (RB – Bora – hansgrohe) zwei sehr gefährliche Männer für die Gesamtwertung. Durch einen hervorragenden Helferjob von Bruno Armirail (Decathlon AG2R La Mondiale) stieg der Vorsprung auf die Gruppe um das Gelbe Trikot auf über drei Minuten an. Da das Team Visma – Lease a Bike am Col de la Madeleine (19,3 km a 7,8 %) das Tempo im Peloton aber stark forcierte, sank der Vorsprung in sich zusammen. Nach der Vorarbeit von Simon Yates (Visma – Lease a Bike) und Sepp Kuss (Visma – Lease a Bike) konnten nur noch Jonas Vingegaard (Visma – Lease a Bike), Tadej Pogacar (UAE – XRG) und Florian Lipowitz (RB – Bora – hansgrohe) am Hinterrad bleiben.
Vingegaard attackiert am Col de la Madeleine
Fünf Kilometer vor dem Gipfel des Col de la Madeleine (19,3 km a 7,8 %) setzte Jonas Vingegaard (Visma – Lease a Bike) seine Attacke. Den Mann im Gelben Trikot, Tadej Pogacar (UAE – XRG) wurde er aber erneut nicht los. Florian Lipowitz (RB – Bora – hansgrohe) hingegen konnte nicht mehr folgen. Im Nu schlossen die beiden besten Kletterer der Welt auf die Ausreißergruppe auf, in der Matteo Jorgenson (Visma – Lease a Bike) nun für die Tempoarbeit zuständig war. Als die Punkte für die Bergwertung vergeben wurden, schoben sich Vingegaard und Pogacar nach vorn. Damit dürfte nun klar sein, dass das Bergtrikot in Paris an den Weltmeister aus Slowenien gehen wird. Derweil musste Lipowitz die Abfahrt allein in Angriff nehmen, ca. 50 Sekunden hinter der Favoriten-Gruppe und mit einem Vorsprung von über einer Minute auf die Gruppe um Kontrahent Oscar Onley (Picnic PostNL).
?゚メᄄ Sepp Kuss zerstört die Gruppe der Favoriten. Lipowitz hat Schwierigkeiten zu folgen. #TDF2025 pic.twitter.com/dKyNNDjYcd
— Tour de France – DE (@letour_de) July 24, 2025
Taktischer Poker vor dem Schlussanstieg
Als sich Matteo Jorgenson (Visma – Lease a Bike) in der Ebene aus der Tempoarbeit zurückzog, schlief das Tempo in der Favoritengruppe ein. Daraufhin gingen Ben O’Conner (Decathlon AG2R La Mondiale) und Einer Rubio (Movistar) in die Offensive – sie wollten den Etappensieg. Jorgenson ging mit. Das Trio fuhr einen Vorsprung von über einer Minute heraus – und in der Favoritengruppe war das Tempo komplett raus. Dadurch konnte auch Florian Lipowitz (RB – Bora – hansgrohe) wieder aufschließen. Wenig später attackierte der Deutsche im Weißen Trikot sogar – noch bevor der Schlussanstieg begann. Der 24-Jährige spekulierte auf die Uneinigkeit in der Gruppe des Gelben Trikots – und der Plan ging auf. Dort schauten sich die namhaften Profis nur an – und Lipowitz konnte sich einen ordentlichen Vorsprung herausfahren.
? Dieser Typ! Jetzt attackiert er auch noch!#TDF2025 pic.twitter.com/fwGEUYlOZK
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O’Conner versucht es als Solist
Während Ben O’Conner (Decathlon AG2R La Mondiale) seine Begleiter Einer Rubio (Movistar) und Matteo Jorgenson (Visma – Lease a Bike) abschütteln konnte, gelang es Florian Lipowitz (RB – Bora – hansgrohe) nicht, den Rückstand auf die Führenden zu reduzieren. Dahinter konnte die Gruppe um Oscar Onley (Picnic PostNL) trotz eines Rückstands von zwischenzeitlich fast drei Minuten wieder auf die Gruppe um das Gelbe Trikot aufschließen. Mit dabei waren auch zahlreiche Helfer von Tadej Pogacar (UAE – XRG) und Jonas Vingegaard (Visma – Lease a Bike). Das kam Lipowitz natürlich nicht entgegen, denn die schwarz-gelbe Lokomotive knabberte Sekunde um Sekunde des Zwei-Minuten-Abstands ab und holte Lipowitz schließlich ein. Durch eine weitere Tempoverschärfung wurde der Deutsche abgehängt – und büßte viel Zeit ein. Der Etappensieg aber geht an einen starken Ben O’Connor.
Ben O’Connor conquers the Col de la Loze
What a win for the Australian on a historic mountain at the Tour de France ⛰ pic.twitter.com/GU54KMkqeI
— Cycling on TNT Sports (@cyclingontnt) July 24, 2025