Test: Ein E-Bike von Rocky Mountain? Erst einmal schwer vorstellbar. Ein behäbiges und irgendwie auch unsportliches Bike will in meinen Augen nicht so recht zur Marke passen. Dass E-Bikes aber ganz anders sein können, als das was auf dem Markt bisher verfügbar war, davon konnte ich mich selbst überzeugen. Das Rocky Mountain Altitude Powerplay ist ein besonderes E-Mountainbike. Eins, das zur Marke passt. Ich will nicht zu viel vorwegnehmen, aber es hat mich wirklich begeistert und es wird anderen Motorenherstellern und Bike-Fabrikanten ordentlich zu denken geben.
Das Rocky Mountain Altitude ist bekannt, bewährt und frisch upgedatet. Dass es auch in seiner neuesten Version ein grandioses Mountainbike ist, konnten wir erst kürzlich in Riva selbst erfahren.
Mountainbikes: Test: Rocky Mountain Altitude Carbon 70 – Wider dem Schubladendenken
Test: Vor wenigen Wochen präsentierte der kanadische Kulthersteller Rocky Mountain die neue Evolutionsstufe seines Allroundbikes Altitude. Auch wenn sich das Trailbike im Kern treu bleibt, bekommt man mit dem komplett neuen Rahmen eine modernere Geometrie, mehr Abfahrtsreserven und eine etwas konsequentere Ausrichtung. Wir sind das neue Schmuckstück beim Bike Festival in Riva testgefahren. Das Rocky […]
Das Altitude Powerplay ist dasselbe Bike mit zusätzlichem E-Antrieb. Der Name passt, ein Blick in den US-Duden verrät: gain control, brute strengh, offensive play…… Dafür steht Powerplay und nach zwei Tagen auf dem Bike würde ich sagen, das passt. Das Bike macht sagenhaft viel Spaß, das empfanden definitiv auch andere Pressevertreter so, die das Bike gefahren sind. Und einen Eindruck konnte man sich machen, es war einiges geboten: Extreme Anstiege, flowige Sektionen und auch Stages der EWS Enduro Serie und überall hat das Bike sehr gut performt. Man kann auch Wade Simmons nach seiner Meinung zum Bike fragen, und der nimmt kein Blatt vor den Mund: „Light, strong, efficient, cool like a motherfucker, it’s the future“
Rocky Mountain Altitude Powerplay: Das Bike im Detail
Aktuell ist Rocky Mountain die einzige Firma, die das E-MTB 1:1 wie das normale, nicht-motorisierte Bike gebaut hat und das Rad auch in der Serie so anbietet. Will heißen, die Geometrie entspricht exakt dem Altitude ohne Motor. Die Verantwortlichen bei Rocky Mountain glauben ein E-MTB braucht keine andere Geometrie als ein unmotorisiertes Rad. Offen gesagt machte mich das nachdenklich: Wer zum Beispiel mit einem Bosch CX schon mal im steilen Gelände angefahren ist, der freut sich ja eigentlich über eine lange Kettenstrebe… auf der anderen Seite wird von ambitionierten Bikern mit guter Fahrtechnik gerne über mangelnde Handlichkeit geklagt… aber dazu später mehr.
Was mir gut gefallen hat, ist die Ausstattung unserer Testräder, die dem Modell Altitude Powerplay C70 entspricht. Die 27×2,5 Maxxis Minion in „Breitversion“ (Exo Protection TR) passen dem Rad wie ein Maßanzug. Richtig guter Grip, kein schwammiges Gefühl oder Flummi-Effekt, wie bei manchem Plus Reifen. Die stabile Karkasse ist in meinen Augen deutlich besser ist als ein breiterer Reifen mit dem gleichen Gewicht, zumindest an diesem Rad, welches sich klar an aktive bzw. aggressive Fahrer richtet. Damit die lange rund laufen sind sie auf Sun-Ringle Düroc Felgen montiert und drehen um DT Naben.
Die Fox 36 Gabel in der „E-Bike optimized“ Variante kommt mit dickeren Standrohren, auch Krone und Schaft sind stabiler. Der Grip Dämpfer ist ein der 34er entnommener, der ebenfalls auf das Einsatzgebiet optimiert wurde. Als Schaltung wurde die zweifelsohne beste Wahl getroffen: Srams EX1. Auch aus dem Hause kommt die Bremse, die Sram für das E-MTB empfiehlt: die Guide RE. Kurbel, Cockpit, Teleskopstütze usw. kommen aus dem Race Face Sortiment, was neben Funktion auch Qualität und Haltbarkeit verspricht.
Rocky Mountain Altitude Powerplay: Modelle und Preise
Rahmenmaterial: Carbon
Antrieb: SRAM EX1
Federgabel: FOX 36 Float Fit4 Factory 160mm
Dämpfer: FOX Float DPS Evol Factory
Laufräder: DT Swiss 350 / Rocky Mountain 30AM Carbon
Gewicht: 21,6kg
Preis: 9.700€
Rahmenmaterial: Carbon
Antrieb: SRAM EX1
Federgabel: FOX 36 Float Grip Performance 160mm
Dämpfer: FOX Float DPS Evol Performance
Laufräder: DT Swiss 350 / Sun Düroc 40
Gewicht: 22,3kg
Preis: 6.000€
Rocky Mountain Altitude Powerplay: Geometrie
Ein echtes Novum auf dem E-MTB Markt: Das Altitude Powerplay hat exakt dieselbe Geometrie wie das unmotorisierte Altitude.
Geometrie Rocky Mountain Altitude (Flach)
XS | S | M | L | XL | |
Sitzrohr (in mm) | 368 | 394 | 432 | 470.5 | 508.5 |
Oberrohr horizontal (in mm) | 548 | 578 | 603 | 628 | 658 |
Steuerrohr (in mm) | 100 | 110 | 120 | 130 | 145 |
Kettenstrebe (in mm) | 426 | 426 | 426 | 426 | 426 |
Radstand (in mm) | 1122 | 1153 | 1180 | 1206 | 1239 |
Lenkwinkel (in °) | 65 | 65 | 65 | 65 | 65 |
Sitzwinkel (in °) | 74 | 74 | 74 | 74 | 74 |
Reach (in mm) | 380 | 407 | 430 | 452 | 479 |
Stack (in mm) | 589 | 595 | 604 | 613 | 628 |
Geometrie Rocky Mountain Altitude (Steil)
XS | S | M | L | XL | |
Sitzrohr (in mm) | 368 | 394 | 432 | 470.5 | 508.5 |
Oberrohr horizontal (in mm) | 545 | 575 | 600 | 625 | 655 |
Steuerrohr (in mm) | 100 | 110 | 120 | 130 | 145 |
Kettenstrebe (in mm) | 426 | 426 | 426 | 426 | 426 |
Radstand (in mm) | 1119 | 1150 | 1177 | 1204 | 1236 |
Lenkwinkel (in °) | 66.1 | 66.1 | 66.1 | 66.1 | 66.1 |
Sitzwinkel (in °) | 75.1 | 75.1 | 75.1 | 75.1 | 75.1 |
Reach (in mm) | 391 | 419 | 441 | 464 | 490 |
Stack (in mm) | 578 | 587 | 596 | 604 | 619 |
Rocky Mountain Altitude Powerplay: Der Motor und der Antrieb
Nicht nur das erste E-Bike, sondern ein eigener Antrieb. Dazu muss man wissen, dass die Schwesterfirma von Rocky Mountain schon seit einigen Jahren E-Bikes und einen eigenen Antrieb baut, „Made in Canada“. Der Motor treibt die Kette über ein extra Antriebsrad an, ähnliches gab es schon bei Panasonic. Das Tretlager sitzt im Rahmen, nicht im Motor. Man vertraut auf ein bewährtes BB92 Tretlager. So kann eine Race Face Chinch Kurbel mit Dh Spindle gefahren werden. Auf die Kurbel kommt ein Spider mit Freilauf, darauf ein konventionelles Kettenblatt. Die Pedalkraft spannt Kette zwischen Antriebsrad und Kettenblatt, das bewegt einen „Sensor-Arm“, der über einen magnetischen Abnehmer die Daten nutzt, um den nötigen Unterstützungsgrad festzulegen.
Das funktioniert sehr gut, wie wir in der Praxis erleben, feinfühliger und präziser als bei anderen Systemen. Man wollte uns keine Angabe zum Drehmoment machen aber er zieht sehr kraftvoll durch, wenn man eine passende Kadenz einhält. 77 ist die optimale Trittfrequenz, sie soll auch der natürlichen Trittfrequenz eines Radsportlers entsprechen. Hören tut man den Motor überhaupt nicht, nur seine Umlenkrollen nimmt man deutlicher wahr, als es für unseren Geschmack sein müsste.
Der Made in Canada Antrieb läuft mit 48 Volt, das soll die mögliche Wärmeentwicklung reduzieren und zusätzlich auch die Batterieladezeit verkürzen. Da kommen wir zu einem Highlight des Antriebs: Batterie gibt es mit fetten 632WH oder 500 WH. Die Ladezeit für 80% soll 2 Stunden bzw. 1:40 Stunden betragen. In 4 Stunden ist jeder Akku voll. Die Batterieintegration im Unterrohr soll 38 Prozent mehr Kapazität und 250 Gramm weniger Gewicht als eine externe ermöglicht haben. Der Bedienhebel zeigt Akkuladung und Unterstützungsstufe an, man kann über ihn auch die optionale App bedienen. Die App kommt für Google Play und Apple und soll neben Fahrdetails auch z.B. das Wetter anzeigen.
Man kann mit je einer Taste die Unterstützung erhöhen oder reduzieren, Dauerdruck auf die Minus Taste aktiviert die Schiebehilfe. Der Bedienhebel funktioniert sehr gut, ist aber nicht so perfekt wie der Rest des Antriebs. Die Tasten geben wenig Feedback und die Optik ist nicht so überragend, wie es der Antrieb selbst ist.
Rocky Mountain Altitude Powerplay: Auf dem Trail
Die Trails waren fordernd, teilweise eine Grenzerfahrung. Aber was erwartet man, wenn Kanadier ein Camp organisieren und französiche Enduropiloten die Guides sind?! Aber es war gut, dass es richtig zur Sache ging, denn so konnte das Bike zeigen, was es kann ..- und zwar verdammt viel! Das Rad ist definitiv sehr agil und wendig, kein vergleich zu anderen E-Mountainbikes mit ihren langen Kettenstreben. Wie bereits erwähnt ist das Bike verspielter als seine Mitbewerber, trotzdem ist es bei Highspeed nicht zu nervös. Wenn auch eine erfahrenere Hand den Lenker greifen sollte, als bei Mitbewerberbikes die oft durchs Gelände walzen wie Panzer. Satt liegt es durch das hohe Gewicht trotzdem auf dem Trail und die Federung sorgt zusätzlich für Laufruhe. Die Fox 36 fiel sehr positiv auf, schluckfreudig und sensibel geht sie zu Werke. Mit der richtigen Anzahl an Volumenspacern in der Luftkammer taucht sie dabei auch in steilem Gelände nicht zu weit ab. Der Hinterbau, ebenfalls von Fox gedämpft, kann gut mithalten, ganz wie beim regulären Altitude. Extrem positiv macht sich auch die „normale“ Tretlagerhöhe auf: Während bei anderen E-MTBs der nach unten stehende Antrieb an Stufen gerne aufsetzt, haben wir am Altitude Powerplay viel Platz.
Sehr schwere Fahrer, und die gibt es erfahrungsgemäß beim E-Bike öfter, können aber auch mal mehr als den maximal zulässigen Druck im Dämpfer benötigen. Das Ride-9 System erlaubt aber eine effektive Verstellung der Federungscharakteristik und zusätzlich kommt bei Rocky ja bei jeder Rahmengröße ein passend abgestimmter Dämpfer ins Rad, genannt „Size Specific Tune“. Das Altitude Powerplay klettert trotz kurzem Hinterbau erstaunlich gut. Das liegt zum einen an einer harmonischen Gewichtsverteilung und der bewährten Geometrie, zum anderen am beeindruckenden Motor. Einflüsse zwischen Fahrwerk und Antrieb waren für mich übrigens nicht feststellbar. Ich hätte wirklich nicht damit gerechnet, dass der erste Wurf so ein Volltreffer werden kann.
Der Antrieb muss sich weder vor Bosch noch Shimano verstecken. Er ist nicht nur kraftvoll, er schiebt null nach und hat null Verzögerung beim Anfahren. Außerdem „glättet“ er extrem gut z. B. Unrunden Tritt. Nur ist er sehr wählerisch was die Trittfrequenz angeht. Er möchte lieber nicht mit weniger als 60 Kurbelumdrehungen pro Minute gefahren werden. Das ist aber völlig in Ordnung, das Rad richtet sich an echte Mountainbiker, die ein Plus an Möglichkeiten wollen und ist kein SUV, also keine Alltagsrad im Geländelook. Aktive und ambitionierte Biker werden zu schätzen wissen, wie sich das Rocky anfühlt und wie es sich verhält. Nicht nur wegen dem Antrieb, auch bezogen auf die Geometrie und die Komponenten.
Rocky Mountain Altitude Powerplay: Verfügbarkeit
In der ersten Juniwoche werden die ersten Räder verschifft und sollen Ende Juni lieferbar sein. Da es zunächst eine begrenzte Stückzahl gibt, sollte man bei seinem örtlichen Rocky Mountain Dealer Interesse anmelden. Der kümmert sich ja auch um den Service. Dazu wird es ein Service Center in Quebec und eins in Deutschland geben. Kleinteile und Ersatzteile gibt es ab Lager auch innerhalb der EU. Alles am Antrieb ist so einfach wie möglich gehalten und der Händler soll alle Arbeiten selbst durchführen können.