Radsport: Jared Graves fuhr am vergangenen Wochenende seinen ersten Saisonsieg ein. Das Rennen in Valloire war ein wahrer Krimi. Durch viele Defekte und Platten gab es vor allem bei den Männern viele Platzwechsel. Graves fuhr trotz einiger Schwierigkeiten ein solides und sicheres Rennen. Hier gibt es das Rennen aus der Sicht des neuen Führenden:
Was für ein brutales Wochenende. Wo soll ich anfangen? Valloire ließ bereits im Vornherein die Erwartungen steigen. Man kann einfach kein schlechtes Rennen veranstalten, wenn man in den französischen Alpen ist und ich kann euch sagen, das Rennen hat zu keinem Zeitpunkt enttäuscht.
Wie bereits erwähnt wurde, hatten wir an den zwei Renntagen mehr Negativhöhenmeter, als eine ganze Downhill Weltcupsaison. Unnötig zu sagen, dass sich meine Arme immernoch ein wenig wackelig anfühlen. Wie es für das französische Enduro so typisch ist, fuhren wir die Stages, bis auf einen Trainingslauf, so gut wie blind. An diesem Wochenende wurden eine Menge neuer Trails gefahren, so dass diese nach 300 Trainingsabfahrten nur noch wenig mit dem Trail zu tun hatten, den man bei seinem Trainingsrun gefahren ist.
Es gab drei Stages pro Renntag, wobei Stage eins einmal gefahren wurde und Stage 2/3 zweimal. Am zweiten Tag ging es auf einen anderen Teil des Bergs, wo wir das gleiche Pensum absolvierten. Ich muss sagen, dass ich dieses Format wirklich sehr mag. Bei der ersten Abfahrt eine schnelle Zeit zu fahren ist wirklich schwer, doch bei der zweiten Abfahrt noch mehr zu attackieren ist eine ganze andere Herausforderung. Somit bringt man einen ganz neuen Aspekt in den Enduro-Sport.
Wir kamen bereits Anfang der Woche in Valloire an und haben es uns gemütlich gemacht. Die meiste Zeit regnete es und Richie und Rosara haben es sich nicht nehmen lassen im Matsch heizen zu gehen. Richie holte sich dabei eine Erkältung aber um den Jungen zu stoppen brauch es etwas mehr als nur ein bisschen Kopfschmerzen und Schnupfen. Auch ich bin für ein paar kurze Einheiten raus in den Regen und hatte auf den Trails eine Menge Spaß. Freitag kam glücklicherweise die Sonne raus und so gab es perfekte Bedingungen für das Rennwochenende.
Samstag
Die Trails vom Samstag waren einigen Fahrern bereits von der französischen Enduro Serie bekannt. Für einige der Fahrer war das bestimmt ein kleiner Vorteil, doch nichts worüber man sich hätte Gedanken machen müssen. Die Trails waren ziemlich weit oben in den Bergen und änderten sich mit jedem Fahrer. Sie waren ziemlich grob aber haben tierisch Spaß gemacht.
Stage eins – Die wohl spaßigste Stage des ganzen Wochenendes, mit einer guten Mischung aus High Speed, einigen technischen Passagen und gute flowige Waldsektionen. Für mich war es ein wirklich guter Mix aus allem.
Mein gezeiteter Run lief wirklich gut aber hat mich auch daran erinnert, dass Rennen fahren hier etwas anders abläuft. Bei 15 minütigen Stages ist es wichtig langsam zu starten und die Pace im Laufe des Runs aufzubauen. Ich hatte meinen Vordermann, Florian Nicolai, auf einem langen flachen Tretstück eingeholt und wollte ihn unbedingt noch vor dem nächsten Waldstück überholen. Ich habe dabei aber so viel Energie verschwendet, dass ich die restlichen fünf Minuten völlig platt über dem Lenker hing und hatte das Gefühl, dass ich es damit versaut habe. Im Ziel war ich aber hinter Francois Bailly-Maitre Zweiter, was eine gute Bestätigung für meine derzeitige Form war und mich für den restlichen Tag motiviert hatte.
Stage 2/3 waren brutal. Ohne Frage der härteste Trail, den ich je gefahren bin, vor allem für die Arme. Steil, Massen an Steinen und viele G-Outs haben einem echt zu schaffen gemacht und nach fünf Minuten hatte man bereits Armpump. Danach war man nur noch damit beschäftigt den Lenker festzuhalten und den Armen hin und wieder eine Pause zu gönnen. Ich wusste, dass mir die Stage lag und ich wollte mit einer guten Zeit die Führung übernehmen. Der Plan ging jedoch nicht wirklich auf.
Gleich nach dem Start galt es ein steiles und sehr weiches Schneefeld zu durchqueren. Da heil durchzukommen war reine Glückssache. Wenn man sauber durchkam war man super happy, wenn nicht hat man bereits, bevor die Stage richtig begonnen hat, 20 Sekunden verloren. Außerdem brauchte man den Schwung, denn nach dem Schnee gab es einen kleinen Anstieg. Kommt man nicht gut durch, durfte man hochschieben.
Mein Plan war simpel: Nach hinten lehnen und mit Vollgas durch. Alles lief perfekt bis ich ein super weiches Loch erwischte und über den Lenker ging. Schlechter hätte die Stage nicht starten können. Den Rest bin ich solide gefahren aber so richtig habe ich mich von dem Sturz nicht erholt. Eine enttäuschende Etappe, doch sie musste noch einmal gefahren werden.
Diesmal lief es viel besser. Ich habe eine andere Linie gewählt und bin ohne Probleme durch den Schnee gekommen. Danach lief alles perfekt. ich habe mir meine Kraft gut eingeteilt, traf alle meine Linien perfekt und fühlte mich super. Nach knapp fünf Minuten bemerkte ich, dass mein Hinterrad Luft verliert. Und das obwohl ich keine großen Steine oder ähnliches getroffen hatte – so frustrierend. Von da änderte sich meine Rennstrategie. Ich musste versuchen das Hinterrad bis ins Ziel zu retten, ohne dass es dabei kaputt geht. Bei der Enduro World Series darf man keine Komponenten tauschen und so würde ich eine fünf minütige Zeitstrafe kassieren, wenn ich es kaputt mache und austauschen muss.
Jetzt hieß es sicher zu fahren. Nico Lau und Martin Maes hatten währenddessen auch einen Platten, und auch Francois verlor durch einen Defekt wichtige Zeit.
Als ich über die Ziellinie fuhr hoffte ich mit meiner Zeit zumindest halbwegs den Anschluss halten zu können. Überraschenderweise war ich Dritter, mit nur zwölf Sekunden Rückstand auf Justin Leov und das auf einer 16 Minuten Etappe. Es hätte also schlimmer sein können und ich lag nach Tag eins auf dem dritten Platz. Justin führte das Feld mit einem großen Vorsprung an. Er war der Einzige, der keine Probleme hatte, doch bei diesem schwierigen Terrain kann der Vorsprung nicht groß genug sein. Sonntag sollte der Untergrund nämlich noch steiniger werden.
Richie hatte einen durchwachsenen Tag und war, nachdem er sich auf Stage eins einen Platten am Vorderrad holte, Letzter. Auf Stage zwei und drei fuhr er aber brillant und meldete sich mit einem dritten und fünften Platz zurück. Es ist nur eine Frage der Zeit bis er fehlerfrei durch ein Wochenende kommt und auf’s Podium fährt.
Sonntag
Stage vier hatte messerscharfe Steine, Schräghänge, Grassektionen und war extrem steil. Justin war weit vorne und so hätte es sich nicht gelohnt zu attackieren und zu hoffen, dass man aufschließt. Ich fuhr auf Sicherheit und wusste damit würde ich in den Top3 bleiben, um wichtige Punkte für die Gesamtwertung mitzunehmen. Während andere Fahrer attackierten, fuhr ich sehr konservativ und versuchte ohne große Fehler ins Ziel zu kommen. Nichtsdestotrotz holte ich mir einen Schleicher, den ich aber ohne viel Zeit verlieren, ins Ziel retten konnte. Zwar platzierte ich mich außerhalb der Top10 aber Rene Wildhaber hatte auch Probleme und so rutsche ich auf Platz zwei vor.
Stage fünf war ein Klassiker und hatte alles was eine gute Stage braucht. Viele steile Schräghänge, Highspeed-Sektionen, langsame Technikpassagen und einen kurzen Anstieg. Es war eine schöne Stage aber sie verlangte den Fahrern alles ab.
Und wieder einmal wurde das Rennen auf den Kopf gestellt. Justin führte mit 38 Sekunden und fuhr ohne große Risiken einzugehen. Trotzdem holte er sich einen Platten. Ich kenn ihn schon eine ganze Weile und wir sind echt gute Freunde. Es war so schade, das mit anzusehen. Er war definitiv der Schnellste an diesem Wochenende, auch wenn die Ergebnisse was anderes sagen. Es ist leider Teil des Sports und mir ist es auch schon häufig passiert, dass ich durch einen Defekt ausgebremst wurde. Er nahm es aber glücklicherweise wie ein Champ.
Mein Run lief ganz gut. Nach der fünften Stage war Damien Oton nun auf Rang zwei und Wildhaber Dritter, wobei er auf mich jedoch einige Sekunden aufholte. Somit waren die Top3 lediglich vier Sekunden voneinander entfernt.
Wir hatten auf Cedric Gracia, der zu dem Zeitpunkt Vierter war, einen großen Vorsprung und ich bin alle möglichen Szenerien durchgegangen. Ich führte, jedoch nur knapp, und wollte unbedingt gewinnen. Alle anderen Favoriten auf den EWS Titel hatten schwerwiegenden Defekte und so musste ich möglichst viele Punkte für die Gesamtwertung mitnehmen und mich an die Spitze setzen. Ich entscheid mich dafür keine großen Risiken einzugehen und es so zu nehmen wie es kommt. Im oberen steinigen Teilstück fuhr ich sicher und gab in den letzten vier Minuten, die sehr tretlastig waren, alles was ich hatte.
Ich wusste, dass ich nicht mein Optimum gefahren bin aber ich bin in einem Stück ins Ziel gekommen und das war wichtig. Ich kam durch’s Ziel und hatte die gleiche Zeit wie Rene, womit ich zumindest Zweiter war. Damien kam ins Ziel und fuhr eine ähnliche Zeit, was bedeutete, dass ich gewonnen hatte! 1:20 Stunden Rennzeit und ich gewann mit 3,5 Sekunden Vorsprung…mein erster Sieg diese Saison. Was für eine Erleichterung!
Das Wochenende war sehr stressig, vor allem als ich realisierte, dass ich einige wichtige Punkte für die Gesamtwertung holen könnte. Der Sieg war ein tolles Gefühl. Dass Chris Conroy und Steve Hoogendoorn, die beiden Inhaber von Yeti, mit Vorort waren hat dem Wochenende die Krone aufgesetzt. Yeti ist wie meine zweite Familie und es war der Hammer sie dabei zu haben.
Ein großes Dankeschön geht an alle bei Yeti, vor allem an Conroy und Hoog. Abends gingen wir mit dem ganzen Team essen und feierten den Sieg mit ein paar Flaschen Wein und gutem Whiskey.
Bike Setup
Rahmen: Yeti SB66c Medium
Gabel: 2015er Fox Float 36, 78 psi
Dämpfer: Fox Float X, 175 psi
Laufräder: DT Swiss, 240s Naben, EX 471 Felge
Reifen: Vorn – Maxxis Shorty 2.3 EXO 3C Prototyp 28psi
Hinten – Maxxis Minion DHR2 3C EXO 33psi
Bremsen: Shimano XTR, 180mm Scheiben
Kurbel: Shimano XTR 170mm
Powermeter: Stages XTR mit Garmin Edge 500
Schaltung: Shimano XTR Shadow Plus
Pedale: Shimano XTR Trail
Kettenblatt: Shimano Saint 36t
Kettenführung: E13 TRS
Vorbau/Lenker: Renthal FatBar Lite Carbon 740mm, Renthal Prototyp Vorbau 60mm
Sattel/Sattelstütze: WTB Devo Yeti Team Edition, Thomson Elite Dropper
Griffe: ODI Troy Lee Designs
Steuersatz: Chris King
Fotos: Sebastian Schieck