Ein weiterer Monat voller Erlebnisse und neuer Erfahrungen gehört nun schon wieder der Vergangenheit an. Mittlerweile habe ich auch die Halbzeit meiner diesjährigen Japan-Tournee erreicht. Voller Vorfreude blicke ich nun auf den 2. Teil meiner Reise, doch zuvor will ich euch noch von meinen letzten Wochen berichten.
Das 3. Rennen in Chiba sollte eine Probe meiner Form und meines taktischen Könnens werden. Es war das bisher stärkste Fahrerfeld auf meiner Tournee. Zudem konnte ich mich als Einziger der internationalen Fahrer für das Finalrennen qualifizieren.
Im Finale hieß es für mich, allein gegen 8 andere japanische Fahrer zu bestehen. Doch vorher erfolgt immer mit jedem Fahrer ein TV-Interview, bei dem man Fragen über seine Taktik und die Form gestellt bekommt. Als kleines Dankeschön bekommt man einen Einkaufsgutschein. Natürlich im Keirin-Design.
Dann war der Moment des Rennens gekommen. Wie es ablief, habe ich mal mit meinen eigenen Worten zusammengefasst:
„Zu Beginn des Rennens wurde ich etwas überrumpelt, da das Rennen früher als gedacht eröffnet wurde. Normalerweise verlässt der Schrittmacher 650 Meter vor dem Ziel die Bahn. Doch diesmal überholte der erste Japaner schon ca. 800 Meter vor dem Ziel den Pace-Maker. Bei einem internationalen Rennen undenkbar! Das würde sofort Rennabbruch und Disqualifikation für den Fahrer bedeuten. Doch nicht in Japan! Lediglich 10.000 Yen (ca. 70 Euro) Strafe gibt es für dieses taktische Manöver. Dadurch war das Tempo von Beginn an sehr hoch und ich wurde nach hinten durchgereicht. Die Ausgangssituation war also nicht gerade ideal, um das Rennen noch zu gewinnen. Dann ertönten auch schon die ersten Laute der Glocke für die letzte Runde und von der 7. Position war der Weg nach vorne sehr weit. Doch auf einer 500 Meter Bahn kann noch viel passieren. Mit diesem Gedanken mobilisierte ich meine letzten Kräfte und konnte mich in 2. Reihe noch an allen vorbeischieben und siegen.“
Nach dem Rennen bleibt nicht viel Verschnaufpause! Als Sieger reicht man nach dem Rennen jedem Mitstreiter als Zeichen der Anerkennung ein Getränk. Danach folgt gleich die Siegerehrung und anschließend einige Interviews.
Doch damit ist man noch nicht am Ende. Das Fahrrad muss wieder verpackt und zum nächsten Rennen verschickt werden, bevor es unter die wohlverdiente Dusche geht. Auch dafür bleibt nicht viel Zeit, denn der Zeitplan nach dem Rennen ist immer eng und die Züge warten leider nicht. Wenn man Pech hat, bekommt man nicht einmal einen Sitzplatz.
Das nächste Rennen sollte nicht lange auf sich warten. Nur vier Tage mit etwas Erholung und Training lagen dazwischen. Außerdem hat in Japan die Regenzeit begonnen. Das heißt, es regnet den ganzen Tag und dann oft tagelang.
Zu meinem Glück sollte das nächste Rennen zu 100 Prozent ohne Regen ablaufen, denn die Radrennbahn in Maebashi steht in einer riesigen Halle. Die Bahn in Maebashi ist neben der in Kokura die einzige der beiden überdachten Keirinbahnen in Japan. Alles lief nach Plan, nicht nur, dass meine bestellten Rennhosen noch rechtzeitig kamen, nein, sondern auch die Rennen liefen optimal auf der WM Bahn von 1990.
Im Finale konnte ich dank einer super Teamarbeit mit Shane Perkins, dem australischen Keirin-Weltmeister von 2011, meinen 3. Final-Sieg und mein 1. perfektes Rennen (3 Siege in Vorlauf, Halbfinale und Finale) feiern. Shane Perkins überquerte zudem als Zweiter das Ziel.
Nach dem tollem Ergebnis haben wir in einem der zahlreichen Sushi Restaurants den Abend ausklingen lassen.
Wie es mir im fernen Osten weiter ergeht, erfahrt ihr im nächsten Teil.
Bis dahin,
Euer Stefan
P.S.: Hier unter diesem Link findet ihr mein Profil auf der Internetseite der japanischen Keirin-Organisation. Dort könnt ihr euch auch noch Tage und Wochen nach den Wettkämpfen die Videos meiner Rennen anschauen.