The Strive Diaries: Enduro-Racing besteht aus vielen Parametern: Den Trails, dann natürlich dem Fahrer mit seiner Fitness und mentalen Stärke, dem Bike inklusive Set-Up, dem Rennformat und last but not least dem Wetter. Letzteres ist manchmal so mächtig, dass es alle vorher genannten Faktoren maßgeblich beeinflussen kann – und das sollte es. Das kleine italienische Bergdorf La Thuile im Aostatal im Schatten des Mont Blanc hatte wettertechnisch alles zu bieten: Frühling, Sommer, Herbst und Winter.
Für La Thuile war es die erste Ausrichtung eines Mountainbike Rennens überhaupt. Und dann gleich einen Lauf der Enduro World Series – Respekt! Drei Stages pro Tag, zwei Renntage aufgeteilt in eine Mischung aus Liftunterstützung und Pedalieren. Die gleiche Vielfalt sollte es bei den Trails geben: Hochalpine, ausgesetzte Steinpassagen und flowige Wanderwege, angelegt von Minenarbeitern der letzten Jahrhunderte.
Bereits im Training für Stage 1 am Donnerstagmorgen war bei minus 10 Grad und peitschendem Schneeregen von vorne erstmal frieren auf 2600 Meter Meereshöhe angesagt. Insbesondere diese Stage, die mit fast zehn Kilometern eine der längste der ganzen Saison ist, musste am Wochenende zweimal zurückgelegt werden.
Joe brannte in dieser ersten Stage – eigentlich eine, die ihm vom Profil her überhaupt nicht liegt – die viertschnellste Zeit ins Gestein. Auf Stage 2 wiederholte er seine Performance und unterstrich mit Platz 5 nach Ende des ersten Tages erneut seinen Anspruch aufs Podium. Für Ines lief es am ersten Tag trotz der widrigen Bedingungen super gut und sie schaffte es mit einem guten Gefühl auf dem Bike auf Platz vier.
Ines nach Tag 1: „Heute war das Wetter für uns Frauen eigentlich recht fair. Im Transfer beim Hochfahren hat man fast schon geschwitzt. Aber brutal schlechte Sicht. Die Wolke ist da oben auf 2600 Meter richtig drin gehangen. Nach zwei Minuten Renndauer im Blindflug war die Welt dann aber wieder in Ordnung. Auf der Stage war ich dann Vierte. So kann ́s definitiv weitergehen.”
Der zweite Tag startete nicht wesentlich entspannter. Die Wettervorhersage war durchwachsen und sollte sich insbesondere in der Höhe mit heftigem Regen bestätigen. Der italienische Herbst kehrte ein und sorgte für ein ziemliches Regenchaos auf Stage 4. Stage 5 und 6 lagen zum Glück etwas tiefer und blieben davon verschont. Ohne eine lange Tret-Liaison gab es am zweiten Tag nochmal drei Stages mit Liftunterstützung. Joe unterstrich seine Ambitionen auf die Weltspitze und knallte auf Stage 4 einen nahezu perfekten Run in den Hang und holte sich seinen zweiten Stage-Sieg in diesem Jahr mit mehr als zehn Sekunden Vorsprung vor dem Zweiten. Das Podium der Herren lag nach 1:20h Racing innerhalb von 4,5 Sekunden. Das sind drei Wimpernschläge…
Powerfrau Ines verteidigte ihren fünften Gesamtrang mit einem beherzten Zielsprint auf der letzten Rille bis in Ziel. Ludo konnte seine herausragende Performance mit dem Sieg in Flims bei der European Enduro Series leider nicht komplett fortsetzen, landete aber dennoch auf einem guten 21. Rang zum Abschluss des Wochenendes.
Joe nach dem Rennen: “Von Anfang an habe ich am Sonntag alles gegeben, gleich in Stage 4 richtig gepusht und meinen zweiten Stage-Sieg für dieses Jahr eingefahren. Als ich dann vor der letzten Stage auf Platz zwei lag, hatte ich leider meine für dieses Wochenende schlechteste Stage, die ich aber glücklicherweise doch noch auf dem sechsten Platz beenden konnte. Ich bin richtig glücklich mit der Konstanz über das gesamte Wochenende und freue mich, dass ich wieder auf dem Podium stehe.“
Pünktlich zur Siegerehrung riss der Himmel komplett auf und ein zufriedenes Canyon Factory Enduro Team strahlte mit dem italienischen Sommer endlich um die Wette.
Fazit des Tages: Enduro Quattro Stagioni schmeckt hervorragend – gerne mehr davon!
Für das Team heißt es jetzt erstmal zurück nach Deutschland, alles in Koblenz im Headquarter verstauen und Taschen packen für die beiden Übersee-Rennen in Colorado und Whistler. Eine große logistische Herausforderung, die es zu meistern gilt. Schon in sechs Tagen geht für uns der Flieger. Seid gespannt auf die nächsten Strive Diaries aus dem wilden Westen in Winter Park, USA!
Bilder: Jérémie Reuiller