Radsport: Endlich hat es geklappt – Philippe Gilbert (BMC) sicherte sich heute im Radsport-Kultort Vicenza den ersten Sieg der Saison. In unnachahmlicher Manier deklassierte der belgische Klassikerspezialist die Konkurrenz auf dem anspruchsvollen Schlussanstieg hinauf ins Ziel. Simon Geschke (Giant-Alpecin) wird starker Vierter und Fabio Aru (Astana) verliert Zeit auf Contador.
Auf dem Papier sahen die heutigen 190km von Imola bis nach Vicenza recht unspektakulär aus – ein weitestgehend flaches Profil mit insgesamt drei Bergwertungen (zwei Mal vierte, ein Mal dritte Kategorie) auf den letzten 75km erwarteten die Fahrer. Doch wie so oft zeigte sich heute wieder, dass der Radsport keine Mathematik ist, die sich im Voraus berechnen lässt. Am Ende steht eine packende Etappe mit einem spannenden Finish, teils deutliche Abstände zwischen den Favoriten und ein überglücklicher Sieger aus Belgien.
Bei richtig schlechten Bedingungen – starker Regen und teils heftiger Seitenwind – dauerte es heute ungewohnt lange, bis sich eine erste Gruppe vom Feld absetzen konnte. Zwar starteten zahlreiche Fahrer vom Start weg ihre Attacken, doch Erfolg hatte damit erst nach 75km ein Quintett aus Nick van der Lijke (LottoNL-Jumbo), Davide Appollonio (Androni), Kenny Elissonde (FDJ), Enrico Barbin (Bardiani) und Patrick Gretsch (ag2r-La Mondiale). Im Feld waren es vor allem Tinkoff-Saxo und Etixx-QuickStep die richtig Tempo machen und die Ausreißer nie mehr als 2:30 Minuten davonkommen lassen.
Somit dauerte es auch nicht allzu lange, bis die Spitzengruppe wieder gestellt war: Als letzter musste Patrick Gretsch am Fuße des ersten Anstiegs die Segel streichen. Der Berliner Simon Geschke vom Team Giant-Alpecin sichert sich an der Spitze des kurzen Anstiegs den Bergpreis, doch sollte es am Ende des Tages für ihn nicht reichen, um sich das Blaue Trikot von Benat Intxausti (Movistar) zurückzuholen, denn der Spanier holt sich in der Folge bei der zweiten Bergwertung die volle Punktzahl. Die schmierigen Straßen und der heftige Seitenwind machten die Abfahrten indes zu einem Tanz auf der Rasierklinge. Immer wieder gab es Stürze, immer wieder sah man Fahrer neben der Straße.
Tinkoff-Saxo und Contador machten mit Beginn des zweiten Anstiegs enorm Druck auf die Konkurrenz von Astana, deren Kapitän Fabio Aru heute enorm Probleme hatte und das eine oder andere Mal drohte den Anschluss zu verlieren. Auf dem Weg zum Schlussanstieg versuchten dann zuerst Franco Pellizotti (Androni) und wenig später Tanel Kangert (Astana) nochmals ihr Glück und fuhren eine Lücke zum Feld heraus. Mit einem Vorsprung von knapp 20 Sekunden ging das Italienisch-lettische Duo in den steilen, einen Kilometer langen Schlussanstieg. Doch es sollte nicht reichen: Zuerst kassierten die 30-köpfige Verfolgergruppe Pellizotti und auf den letzten 100 Metern war es auch um Kangert geschehen. Philippe Gilbert trat 200m vor der Linie in die Pedale und niemand konnte dem Belgier auch nur ansatzweise folgen – erster Saisonsieg für ihn.
Alberto Contador nahm seinen Konkurrenten Aru, Porte und Uran als Zweitplatzierter einige vielleicht schlussendlich äußerst wertvolle Sekunden ab. Simon Geschke zeigte wieder eine unglaublich starke Leistung und arbeitete sich auf den steilen Finalmetern noch einmal auf einen sehr guten vierten Platz nach vorn.
Endergebnis Etappe 12 Giro d’Italia 2015
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1.,Philippe Gilbert,BEL,BMC,04:22:50
2.,Alberto Contador,SPA,Tinkoff-Saxo,00:00:03
3.,Diego Ulissi,ITA,Lampre-Merida,
4.,Simon Geschke,GER,Giant-Alpecin,
5.,Enrico Battaglin,ITA,Bardiani-CSF,
6.,Paolo Tiralongo,ITA,Astana,
7.,Ion Izagirre,SPA,Movistar,00:00:06
8.,Carlos Betancour,COL,ag2r-La Mondiale,
9.,Jurgen van den Broeck,NED,Lotto-Soudal,
10.,Mikel Landa Meane,SPA,Astana,
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Heimspiel oder Klassiker-Kampf?
Mit den knapp 200km weiter in Richtung Norden in die Radsportmetropole Vicenza nähert sich das Peloton unaufhaltsam den Dolomiten. Die Partnerstadt des badischen Pforzheims war 2013 zum letzten Mal Zielort beim Giro, damals gewann Lokalmatador Giovanni Visconti. Die Strecke durch die grüne Po-Ebene verspricht einige wunderschöne Landschaften, für die die Fahrer während den ersten 100 Kilometern vielleicht sogar einen Blick übrig haben, denn die großen Herausforderungen warten auf den finalen 50km.
Die Etappe führt das Peloton von Imola über 130 flache Kilometer durch den östlichen Teil Oberitaliens, bevor dann vor dem Ziel in Vicenza auf 50km gleich drei Kategorisierte Anstiege warten. Es wird spannend zu beobachten sein, wer sich hier an die Front fahren wird, denn für die Klassementfahrer wird die Etappe wohl ebenso wenig interessant sein wie für die Sprinter im Feld. Das Etappenfinale erinnert ein wenig an das Profil der Ardennenklassiker – das Amstel Gold oder der Flèche Wallonne warten mit ähnlich zähen, aber kurzen Anstiegen auf. Vielleicht ist es wieder eine Angelegenheit für den Spezialisten Tom Boonen, der die Klassiker verletzungsbedingt verpasst hat. Ebenso könnte es eine Angelegenheit für die Lokalmatadore aus den ProContinetal-Teams wie Bardiani-CSF werden.
TV und Stream
Dieses Jahr überträgt Eurosport live von jeder Etappe des Giro. Auch im Internet gibt es den einen oder anderen Stream.
TV-Übertragung
Donnerstag, 21. Mai, 14:30 – 17.30 Uhr
Internetstream
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