Radsport: Nach packenden und schweren 236km sicherte sich Fabio Aru (Astana) seinen ersten Tagessieg beim diesjährigen Giro. Der 24-jährige zeigte im finalen Anstieg hinauf zum Ziel in Cervinia eine bärenstarke Leistung. Durch den Sieg klettert Aru auf den zweiten Platz in der Gesamtwertung, liegt aber noch immer über vier Minuten hinter Contador.
Bereits Sekunden nach dem Start in Gravellona Toce hatte sich die heute fünfköpfige Spitzengruppe mit Marek Rutkiewicz (CCC), Giovanni Visconti (Movistar), Pavel Kochetkov (Katusha), Vasil Kiryienka (Sky) und Johan Chaves (Orica-GreenEdge) gefunden. Dahinter formierte sich sogleich ein Verfolgertrio mit Nick van der Lijke, Steven Kruijswijk (beide LottoNL-Jumbo) und Benat Intxausti (Movistar). Für die beiden letztgenannten ging es ja auch noch um das Maglia Azzura bzw. die Bergwertung – der in der Spitzengruppe fahrende Visconti stellte hier durchaus eine Gefahr dar.
Eben jener Giovanni Visconti sammelte auch fleißig Punkte in der Bergwertung, als er die ersten beiden Anstiege als erster erklomm und sich am dritten gar von seiner Gruppe absetzte und solo auch diesen als erster bezwang – das machte schließlich 35 Punkte in der Bergwertung und das Blaue Trikot, auch wenn Intxausti und Kruijswijk dahinter jeweils noch um die verbleibenden Punkte kämpften. Die drei wirklich unerbittlichen Anstiege forderten nach der auch gestern äußerst schweren Etappe dann doch ihren Tribut. Das Feld dünnte sich mit jedem Höhenmeter mehr aus, bis sich schließlich eine kleine Gruppe rund um die abermals starken Landa, Aru (beide Astana) und Contador (Tinkoff-Saxo) herauskristallisierte. Teil dieser Gruppe war auch Ryder Hesjedal (Cannondale-Garmin), der 8km vor dem Ziel attackierte und schnell eine recht beachtliche Lücke herausfahren konnte. Visconti hatte inzwischen rausgenommen und sich wieder ins Feld eingereiht.
In der verbleibenden Verfolgergruppe war es zuerst Mikel Landa, der mehrmals zur Flucht ansetzte, dabei jedoch erfolglos blieb. Unerwartet für viele zog dann aber urplötzlich Fabio Aru das Tempo an und zog innerhalb weniger Sekunden unwiderstehlich davon. Dies kam deshalb überraschend, weil der junge Italiener in den vergangenen Tagen vermehrt Probleme hatte, mit der Spitze mitzuhalten. Doch heute schien es, als könnte ihn absolut nichts aufhalten. Im Handumdrehen hatte er Hesjedal eingeholt und statt sich an dessen Hinterrad zu hängen und auf seine Chance zu lauern zog er auch an dem Kanadier vorbei, als gäbe es nichts einfacheres auf dieser Welt.
Dahinter war es durchaus interessant zu beobachten, wie sich Landa und Contador verhalten würden. Für den einen – Mikel Landa – stand zwar einerseits der zweite Platz in der Gesamtwertung auf dem Spiel, doch ebenso würde er mit einer Attacke seinem Teamkollegen in den Rücken fallen. Der andere – Alberto Contador – hatte zwar zum Etappenstart ein beruhigendes Polster von über sechs Minuten auf Fabio Aru, doch liegt es eigentlich nicht im Naturell des ehrgeizigen Spaniers, sich von einem Konkurrenten kampflos abschütteln zu lassen. Doch am Ende passierte – nichts. Die Verfolgergruppe hielt das Tempo und ließ Aru an der Spitze davonziehen. Rigoberto Uran schob sich sogar noch auf den dritten Rang nach vorn.
Am Ende hatte Fabio Aru 28 Sekunden Vorsprung auf Hesjedal, 1:10 Minuten auf Uran und 1:18 auf die Gruppe und Contador und Landa. Als sein Sieg feststand schrie der 24-jährige bei der Zieleinfahrt seine Freude heraus und man konnte ihm Ansehen was für eine riesige Last von ihm abfiel und unter welchem Druck er während dieser Italien-Rundfahrt steht. Mit dem Sieg klettert er wieder auf Rang Zwei in der Gesamtwertung, liegt aber noch immer 4:37 Minuten hinter Alberto Contador.
[tab:Ergebnis]
Endresultat Etappe 19, Giro d’Italia
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1.,Fabio Aru,ITA,Astana,06:24:13
2.,Ryder Hesjedal,CAN,Cannondale-Garmin,00:00:28
3.,Rigoberto Uran,COL,Etixx-QuickStep,00:01:10
4.,Mikel Landa,SPA,Astana,00:01:18
5.,Steven Kruijswijk,NED,LottoNL-Jumbo,
6.,Alberto Contador,SPA,Tinkoff-Saxo,
7.,Tanel Kangert,EST,Astana,
8.,Leopold Konig,CZE,Sky,00:01:24
9.,Mikel Nieve,SPA,Sky,00:00:24
10.,Alexandre Geniez,FRA,FDJ,
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[tab:Vorschau]
Tag der (Vor-)Entscheidung?
Jetzt geht´s um Ganze! Die erste von zwei schweren Bergetappen zum Giro-Finale führt die Fahrer über 236 Kilometer durch das Piemont – die zweitlängste Etappe der diesjährigen Italienrundfahrt. Doch nicht nur die Länge macht die Etappe so hart, sondern insbesondere die drei schweren Berge der ersten Kategorie ab Kilometer 150. Die ersten beiden Berge – Saint-Barthélemy und Saint-Pantaleón – weisen sehr ähnliche Zahlen auf: Beide führen über 16 Kilometer jeweils über 1.100 Höhenmeter bergauf. Doch während der Barthélemy seine steilsten Passagen im unteren Teil hat und dann leichter wird, verhält es sich beim Pantaleón umgekehrt. Gerade die letzten beiden Kilometer sind empfindlich steil. Wer hier den Anschluss verliert, muss in der Abfahrt viel riskieren, um die erste Gruppe wieder einzuholen. Der 19 Kilometer lange Schlussanstieg nach Cervinia ist unrhythmisch. Flachere Passagen wechseln sich mit Steilstücken bis zu 12 Prozent Steigung ab. Es ist die vierte Etappenankunft in Cervinia. 1960 siegte Addo Kazianka, 1997 entriss Ivan Gotti hier Pawel Tonkov den Giro-Sieg und 2012 gewann Andrey Amador die Etappe und Ryder Hesjedal übernahm das Rosa Trikot, um es bis Mailand nicht mehr abzugeben. Auch 2015 gilt: Nach über 40 Kilometern Anstieg auf den letzten 80 Rennkilometern wird in Cervinia ein würdiger Sieger gekürt. Eventuell schon der Gesamtsieger?
TV und Stream
Dieses Jahr überträgt Eurosport live von jeder Etappe des Giro. Auch im Internet gibt es den einen oder anderen Stream.
TV-Übertragung
Freitag, 29. Mai, 14:30 – 17.30 Uhr
Internetstream
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