Radsport: Was für eine bockstarke Leistung von Chris Froome und seinem Team Sky heute auf der ersten Pyrenäenetappe der Tour de France. Der Mann in Gelb gewinnt überlegen, knapp eine Minute vor Teamkollege Richie Porte. Quintana verliert über eine Minute, Contador über zwei und Nibali verabschiedet sich endgültig aus dem Titelrennen. André Greipel holt sich das Grüne Trikot zurück.
Nach dem gestrigen Ruhetag ging das Peloton heute zumindest teilweise erholt in die erste schwere Bergetappe, die wie gewohnt in die Pyrenäen führte. Vom Start weg spürte man, dass sich alle Fahrer, aber natürlich vor allem die Klassementfahrer und die Kletterer auf die Bergankunft am Col de la Pierre-Saint-Martin vorbereiteten. So kam es auch, dass sich recht schnell ein Ausreißerduo an der Spitze fand: Zuerst fuhr Pierrick Fedrigo (Bretagne-Séché Environnement) nach wenigen Kilometern allein an der Spitze davon, Kenneth Vanbilsen (Cofidis) klemmte sich dahinter. Nach einigen Kilometern fanden sich die beiden an der Spitze und fuhren innerhalb kurzer Zeit mehr als 10 Minuten Vorsprung auf das Peloton heraus, das seine Kräfte sorgsam einteilte.
Spannend wurde es nochmals beim Zwischensprint in Trois-Villes nach 124km. Nach dem Spitzenduo sicherte sich André Greipel 15 Punkte vor Mark Cavendish (Etixx-QuickStep) und John Degenkolb (Giant-Alpecin). Somit konnte der Rostocker von Lotto-Soudal in der Punktewertung wieder an Peter Sagan (Tinkoff-Saxo) vorbeiziehen und wird morgen erneut im Grünen Trikot an den Start gehen.
Am Fuße des unrythmischen, teils enorm steilen Schlussanstieg zum Ziel in Pierre-Saint-Martin begann dann der große Schlagabtausch der Favoriten. Die beiden Ausreißer waren inzwischen vom Feld gestellt, zwar fuhr mit Robert Gesink (LottoNL-Jumbo) ein neuer Ausreißer an der Spitze davon, doch richtete sich die Aufmerksamkeit auf die Klassementfahrer, allen voran natürlich Chris Froome. Der Mann in Gelb hatte mit Richie Porte und Geraint Thomas zwei sehr starke Helfer bei sich, doch auch Contador, Quintana und Nibali waren bereit und fuhren im Schlepptau ihrer Helfer.
Das erste Opfer der steilen Rampen wurde überraschenderweise Vincenzo Nibali (Astana). Der Vorjahressieger hatte schon in der vergangenen Woche in Huy und an der Mur de Bretagne Probleme und auch heute konnte er das Tempo der Konkurrenz in keinster Weise mitgehen. Noch bevor es zu den ganz großen Tempoverschärfungen an der Spitze kam, ließ der Italiener abreißen und viel weit zurück. Danach kam es zu einem packenden Schlagabtausch zwischen Sky und Movistar. Die beiden Edelhelfer von Froome und Quintana, Porte und Valverde verschärften immer wieder das Tempo und schenkten sich keinen Milimeter.
Das nächste Opfer des enorm hohen Tempos an der Spitze war Alberto Contador (Tinkoff-Saxo), der inzwischen auch auf sich allein gestellt war. Er musste 10km vor dem Ziel bereits abreißen lassen – kurz danach folgte ihm der heute wieder richtig starke Tejay van Garderen (BMC), der wie Contador auch keine Unterstützung von Seiten des Teams mehr hatte. Somit war die Ausgangslage klar: Es lief auf einen Zweikampf zwischen Quintana und Froome, zwischen Movistar und Sky um den Tagessieg hinaus.
Doch Chris Froome hatte andere Pläne: 6km (!) vor dem Ziel attackierte der 30-jährige mit einer Frische und Spritzigkeit, als hätte er nicht mehr als eine Fahrt zur Eisdiele in den Beinen. Als gäbe es nichts Leichteres zog er Quintana davon und distanzierte ihn innerhalb von 2km bereits um eine halbe Minute. Der Kolumbianer wirkte zwar noch frischer als Nibali, Contador und van Garderen, konnte das Tempo des Sky-Kapitäns aber nicht mitgehen.
Während Alejandro Valverde nach dem anstrengenden Schlagabtausch mit Sky zurückfiel, wirkte auch Richie Porte noch sehr frisch. Der Australier konnte gegen Ende der Etappe sogar das Tempo nochmals anziehen und Quintana auf den letzten Metern um den zweiten Platz bringen. Doppelsieg für Sky und ein herber Dämpfer für die Ambitionen von Quintana, Contador, van Garderen und vor allem von Nibali, der sich mit über 4 Minuten Rückstand heute und über 6 Minuten im Gesamtklassement nun endgültig aus dem Titelrennen verabschiedete.
Endresultat Etappe 10 Tour de France 2015
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1.,Chris Froome,Sky,04:22:07
2.,Richie Porte,Sky,00:00:59
3.,Nairo Quintana,Movistar,00:01:04
4.,Robert Gesink,LottoNL-Jumbo,00:01:33
5.,Alejandro Valverde,Movistar,00:02:01
6.,Geraint Thomas,Sky,
7.,Adam Yates,Orica-GreenEdge,00:02:04
8.,Pierre Rolland,Europcar,
9.,Tony Gallopin,Lotto-Soudal,00:02:22
10.,Tejay van Garderen,BMC,00:02:30
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[tab:Vorschau]
Endlich ist es soweit: Die Tour de France erreicht die Berge – und wie! Die 167km von Tarbes nach La Pierre Saint-Martin wird ein erster Gradmesser in der Gesamtwertung werden und könnte auch schon für einige Zeitabstände sorgen. Das Profil der Tagesetappe ist dabei durchaus ungewöhnlich für eine Bergetappe: Es geht über 140km durch eher gemäßigt bergige Gefilde, bevor dann am Ende der 24km lange Col de Soudet hinauf zum Etappenziel in La Pierre Saint-Martin wartet.
Die durchschnittliche Steigung des Anstiegs hinauf auf das auf 1.610m gelegene La Pierre Saint-Martin beträgt lediglich 5,5%, doch immer wieder gibt es steilere Rampen mit über 10%, die die Fahrer zum ersten Mal in diesem Jahr so richtig leiden lassen werden. Es wird interessant zu beobachten sein, wie sich die Favoriten und ihre Teams bis zum Schlussanstieg verhalten werden – es wird wohl ein angespanntes Belauern werden, vielleicht mit einigem Säbelrasseln und der einen oder anderen kleinen Attacke um die Konkurrenten aus der Reserve zu locken.
Ganz entscheidend wird heute sein, wie die Favoriten am Fuße des Col de Soudet positioniert sein werden. Sky und Movistar haben hier sicherlich die besten Karten, ihre Fahrer Froome und Quintana aussichtsreich zu positionieren. Doch auch Contador oder Nibali werden ein Wörtchen um den Tagessieg mitreden wollen und zumindest alles daran setzen, keine Zeit auf die Konkurrenten zu verlieren, bevor dann in den kommenden beiden Tagen die bisher schwersten Etappen der Tour warten.
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Etappenprofil
La Pierre-Saint-Martin
[tab:TV und Stream]
TV
Dienstag, 14. Juli, 14:15 – 17:00 Uhr
Dienstag, 14. Juli, 15:10 – 17:10 Uhr
Livestreams