Radsport: Das britische Team Sky hat eine extrem erfolgreiche Saison 2015 hinter sich und schickt sich an, dies 2016 noch zu toppen. Prominente Neuzugänge und sehr gute technische Voraussetzungen könnten den Rennstall von Dave Brailsford in diesem Jahr ganz an die Spitze führen.
Team Sky – Überblick
Nach dem Seuchenjahr 2014 fand das britische Team Sky 2015 wieder zurück in gewohnte Erfolgsbahnen. Natürlich wurde die Saison überstrahlt vom Toursieg von Chris Froome, doch es war auch sonst eine fast ausnahmslos gelungene Saison mit insgesamt 41 Siegen und am Ende WorldTour-Platz drei im Teamranking. Für 2016 hat man außerdem ordentlich aufgerüstet und schickt sich an, am Thron von Movistar zu sägen.
Der ab dieser Saison für BMC fahrende Richie Porte sorgte bereits früh in der Saison 2015 für Jubel bei Sky: Zuerst holte er Gold im Zeitfahren bei den Australischen Meisterschaften und ließ acht Wochen später den Gesamtsieg bei Paris-Nizza folgen. Bei den Klassikern präsentierte sich die Sky-Mannschaft schon fast traditionell zurückhaltend, auch wenn Geraint Thomas beim E3 Harelbeke triumphierte und Ian Stannard beim Omloop-Het Nieuwsblad die Konkurrenz von Etixx – Quick-Step im Finale ganz schön alt aussehen ließ.
Das erste große Highlight der Saison – der Giro d’Italia – geriet für Sky, insbesondere für Kapitän Richie Porte, zum Desaster. Der Australier ging ohnehin schon angeschlagen an den Start, hatte immer wieder mit Blessuren zu kämpfen, bekam eine umstrittene Zeitstrafe aufgebrummt und schmiss noch vor der dritten Woche entnervt und entkräftet das Handtuch. Seit jeher heftet dem 30-jährigen der Ruf an, kein Fahrer für die dreiwöchigen Rundfahrten zu sein – ob der Giro 2015 ein weiterer Beweis dafür ist? Seine Kritiker dürften es sicherlich so sehen. Zwei Tagessiege in Person von Elia Viviani und Vasil Kiryienka waren nur ein kleines Trostpflaster für das erfolgsverwöhnte britische Team.
So enttäuschend der Giro für Sky also auch lief – das große Saisonziel, die Tour de France, dominierte man mit Dauphiné-Sieger Chris Froome, Richie Porte und Geraint Thomas. Der Gesamtsieg von Froome war trotz der bestechenden Form des Briten auch ein Mannschaftserfolg, denn vor allem die angesprochenen Thomas und Porte arbeiteten unaufhörlich und unermüdlich für ihren Kapitän und waren die heimlichen Stars der diesjährigen Grand Boucle. Dopinganschuldigungen – inklusive Urinbecher-Würfen – Diskussionen um die Person Froome und Vorwürfe mangelhafter Informationspolitik seitens des Teams konnten die Freude über den zweiten Toursieg des 30-jährigen nur wenig trüben.
Bei der Vuelta waren dem Team die Strapazen der Tour anzumerken und der Tagessieg von Nicolas Roche in Riaza blieb der einzige Erfolg bei der Spanienrundfahrt. Das große Highlight des letzten Saisondrittels kam durchaus überraschend in Richmond, wo der Weißrusse Vasil Kiryienka im Einzelzeitfahren allen Favoriten davonfuhr und sich die Goldmedaille sicherte. Zwar hatte der 34-jährige schon in der Vergangenheit mit sehr guten Leistungen im Zeitfahren geglänzt, doch hatten ihn in Richmond wohl nur wenige Experten auf der Liste. Umso größer fiel verständlicherweise die Freude aus.
Was erwartet uns bzw. das Team Sky 2016? Mit Richie Porte verliert man einen enorm wichtigen Fahrer, der trotz eines enttäuschenden Giro ein elementarer Baustein für Froomes Toursieg gewesen war – 2015 wie auch bereits 2012. Die beiden waren ein perfekt eingespieltes Team und schienen sich während des Rennens blind zu verstehen. Der zu BMC abgewanderte Australier dürfte nur schwer zu ersetzen sein. Jedoch dürfte der eine oder andere beim Blick auf die Neuzugänge für 2016 verwundert die Augen reiben: Mit Michal Kwiatkowski, Mikel Landa und auch Benat Intxausti konnte man gleich drei weitere absolute Topfahrer verpflichten.
Die enorm hohe Leistungsdichte unter den Fahrern könnte für Sky jedoch auch zum Problem werden. Mit Froome, Thomas, Kwiatkowski, Landa und auch Leopold König hat man mehrere sehr starke Fahrer in seinen Reihen, die alle ihre Ansprüche bezüglich ihrer Stellung innerhalb des Teams haben werden – es wäre nicht allzu überraschend, sollte es hier im Laufe der Saison zu Enttäuschungen und eventuell auch Spannungen kommen.
Team Sky – Transfers
Abgänge: Nathan Earle (Drapac Professional Cycling), Danny Pate (Optum Pro Cycling), Kanstantsin Siutsou (Dimension Data), Richie Porte (BMC), Chris Sutton (unbekannt), Bernhard Eisel (Dimension Data), Bradley Wiggins (Team Wiggins)
Zugänge: Danny van Poppel (Trek Factory Racing), Mikel Landa (Astana), Michal Golas (Etixx-QuickStep), Michal Kwiatkowski (Etixx-QuickStep), Benat Intxausti (Movistar), Gianni Moscon (unbekannt)
Team Sky – Teamräder und Ausstattung
Teamrad: Seit seiner Gründung im Jahre 2010 ist das britische Sky-Team mit Rädern des italienischen Herstellers Pinarello unterwegs und auch 2016 wird sich daran nichts ändern. Das Dogma F8 trug das Team 2015 zu dem überwiegenden Teil seiner Siege – wenig Grund also, hier etwas zu ändern und so gibt es für die kommende Saison lediglich Upgrades kosmetischer Natur. Wirklich spannend war in der vergangenen Saison die Präsentation des Dogma K8-S, einem Endurance-Modell mit Elastomerfederung, das vom Team bei der Flandern-Rundfahrt eingesetzt wurde und sicherlich auch 2016 wieder erste Wahl auf den Pavees Belgiens und Frankreichs. Auch das Zeitfahrrad Pinarello Bolide bleibt technisch unverändert – immerhin fuhr Vasil Kiryienka auf dem futuristischen Rad in Richmond zum Weltmeistertitel im Zeitfahren.
Komponenten: Alles beim Alten bleibt es auch bei den Komponenten und dem Antrieb der Sky-Teamräder. Nach wie vor setzt das britische Team hier auf japanisches Know-How von Shimano, die sowohl Antrieb als auch Laufräder zu Verfügung stellen. Die Anbauteile kommen von der Shimano-Tochterfirma PRO.
Scheibenbremsen: Wohl kaum ein anderes Team dürfte der Thematik Scheibenbremsen so entspannt entgegenblicken können wie Team Sky. Radausrüster Pinarello präsentierte erst kürzlich mit dem Dogma F8 Disk eine Scheibenbremsversion seines Top-Straßenrads und auch beim Endurance-Modell K8-S dürfte dies nur noch eine Frage der Zeit sein. Mit Shimano als Komponentenlieferant haben Froome und Co. ohnehin Zugriff auf das aktuellste Material im Bereich Road-Discbrakes.