Von Lennert Lifka
Dieses Jahr waren wir wieder in Vrsar und ich bin stolz meine Berichte jetzt Trilogie nennen zu dürfen. Denn ich, auch nur ein ambitionierter Radsportler, schreibe diesen Bericht jetzt zum bereits dritten Mal in Folge. Auch wenn in einer Trilogie der dritte Teil eigentlich das Finale ist, hoffe ich das ich noch einige Fortsetzungen über unsere zukünftigen Erfahrungen mit euch teilen kann. Zu einer guten Geschichte gehören natürlich auch immer Hauptcharaktere, spannende Personen und Nebenpersonen. Doch ich muss sagen in unserer Trilogie gibt es lediglich Hauptrollen. Wir sind in Kroatien alle Teil eines großen Ganzen. Und man spürt gerne den Zusammenhalt der vereins- und altersklassenübergreifend herrscht.
Sie wuchsen nicht nur in ihrer Zahl und auch diesmal lohnten sich die Strapazen für die Gefährten, denn sie wurden mit erlebnisreichen Tagen sowie neuen Erfahrungen belohnt. Dieses Jahr gehörten zu ihrem Rudel aus ungezähmter Beinkraft drei Erwachsene, sechs Thüringer und zwei Bulgaren. Auf ein Neues stürzten sie sich auf die kroatischen Straßen auf denen sie schon sehnlichst von hupenden und im Gegenverkehr rollenden Autofahrern, der Polizei sowie lauten Bikern belauert wurden. Vermischt mit gutem Wetter, teils schlechten Straßen, Bergen und wunderschönen Landschaften ergab dies ein typisches Kroatien Feeling. Als das Rudel am Montag dann endlich und mit einem Tag Verspätung komplett war, rollte es gekonnt vom Pinetahügel. Es begann die Reise mit 105 Kilometern bei gutem Wetter. Doch schon in den nächsten Tagen wurde die anfängliche Harmonie gestört.
Es regnete und trotzdem wurde an einem der beiden Regentage gefahren. Da alle Mitstreiter kein wärmendes Fell besaßen (wie für Radfahrer üblich) drehte die bunte Gruppe mit klappernden Zähnen um und hatte so am zweiten gemeinsamen Tag nur 76 Kilometer auf der Uhr. Am dritten verkroch sich die Rotte ganz hinter den Wänden des Hotels und in den gemütlichen Zweierhöhlen. Doch am späten Vormittag zog das Auge des Sturmes weiter. So genossen alle das gute Wetter und den Geruch der steifen Brise welche über das Land fegte.
Spätestens einen Tag später bemerkte jeder von ihnen was die bulgarischen Wegbegleiter auf dem Kasten hatten. Ab Kilometer 60 wurde so ziemlich jedes Ortseingangsschild als eigene kleine Sprintwertung genutzt. Auch Berge wurden hierbei nicht ausgelassen. Nach 127 Kilometern und einem finalem Pinetabergsprint kam der Haufen zerstreut aber dennoch gutgelaunt an. Diese Sprint-Tradition bestand nun schon seit letztem Jahr. So wurde also einstimmig entschieden auch in den Folgejahren diese weiter fortzuführen. Am Freitag dem dreißigsten März und nach sechs windigen Tagen standen weitere 147 Kilometer auf dem Plan. Nach dieser Strecke wurden die Radpilgerer auf ihrer schrittweise erfolgenden Reise zum allbekannten Berg von Vrh mit einem Ruhetag belohnt.
Nach dieser viel zu langen Verschnaufpause saßen am nächsten Morgen alle putzmunter auf ihren Velos und begannen den dritten Block mit entspannten 137 Kilometern. Am Abend nach dem auch diese Fahrt geschafft war wurden die letzten Vorbereitungen für die bevorstehende Königsetappe erledigt. Letzte Besorgungen wurden gemacht, Riegel eingepackt und alles am Rad noch ein letztes Mal überprüft. Als dann endlich Freitag war sattelte jeder aus der Schar seinen Drahtesel und so machten sich die Gefährten auf den Weg zu ihrem Ziel: Vrh. Nach langer Zeit mit dem Wind im Rücken und zahlreichen Höhenmetern erreichten sie den Gipfel des Berges und genossen kurz den imposanten Ausblick in alle Himmelsrichtungen. Nach dieser langen Uphillfahrt freuten sich alle auf die folgenden abschüssigen Kilometer und traten so den Rückweg über die idyllischen Straßen auf dem Kamm der Bergkette an.
Nach sechseinhalb Stunden kam die Rotte an ihrem gut ausgestatteten Bau mit Meerblick an. Alle waren von Schweiß getränkt und man konnte in einigen verzogenen Gesichtern die Anstrengung erkennen. Diese Symptome waren aber wahrscheinlich nur auf den Ortseingangssprint vor Vrsar zurückzuführen, wie sich alle einig waren. Am Ende hieß es: „Also ich hätte noch ein paar Stunden fahren können!“. Manche stimmten dieser Aussage strahlend zu, andere schüttelten nur den Kopf und begaben sich mit langsamen Schritt in ihre Kammern. Auch wenn die Meinungen hierbei ein wenig auseinander gingen war jeder froh darüber diese Fahrt hinter sich zu haben und so endete der Tag mit einem langen, ausgedehnten Abendessen. Am darauf folgenden Tag waren die ersten vier der Truppe schon zeitig wach. Man hörte die Schritte der trabenden Sportler und Schnaufen über den Platz vor der Unterkunft hallen. Warum diese vier so zeitig wach waren blieb jedoch ungeklärt. Anwesendes Personal berichtete später einen dezenten Geruch von Frühsport vernommen zu haben.
Die einen mehr, die anderen weniger gut erholt beendeten den Block und ihre letzte Fahrt nach fast fünf Stunden im Sattel. Langsam schlich eine gewisse Trauer in den Alltag und alle wussten, dass die viel zu kurze Zeit in Istrien nicht von Dauer war. Trotz des nahenden Endes versuchte jeder von ihnen den letzten Ruhetag vor der Abreise zu nutzen um das Trainingslager optimal ausklingen zu lassen. Hierbei gab es verschiedene Möglichkeiten zur Entspannung.
Einige wählten ausgedehnte Stadt- und Strandgänge mit leckerem Mittagessen und einem Eis zum krönenden Abschluss. Diese Art der Entspannung diente auch zum Ausgeben des restlichen kroatischen Kleingeldes. Andere jedoch gingen noch einen Schritt weiter und begannen den Abend frei nach der Devise: „Schlafen kann man doch im Bus!“. Nach zwölf Tagen im malerischen Kroatien wurden die Taschen in die motorisierte Kutsche gepackt, dass Proviant wurde auf den Schoß genommen und dann ging es auch schon zurück nach Hause.