First Ride: Die Allroad Laufradsätze von Mavic sind an und für sich nichts komplett neues – sie gibt es bereits als Ksyrium Allroad seit dieser Saison. Für die Zukunft baut man beim französischen Traditionshersteller das Gravelsegment weiter aus. Im sonnigen Südfrankreich durften wir die neuen Laufräder und Reifen bereits erfahren.
2:45 Uhr mein Wecker klingelt. Ehrlich gesagt habe ich gerade andere Dinge im Sinn als aufzustehen und in Richtung Barcelona zu fliegen. Aber es hilft nichts die Reise erscheint mir viel versprechend und so rappel ich mich auf und mache mich für den allerersten Flug meines Lebens fertig.
Nach einem Zwischenstopp in Frankfurt lande ich 12:00 Uhr in Barcelona und werde wie geplant von Eric empfangen. Er ist für den Traditionslaufrad Hersteller Mavic im Dienst, diese Firma ist der Grund warum ich mich in luftige Höhen begab und den Weg Richtung Spanien auf mich genommen habe. Von Barcelona aus geht es weiter in Richtung Südfrankreich, genauer gesagt nach Perpignan. Die kleine Stadt, nahe dem Mittelmeer, soll unsere Heimat für die kommenden vier Tage werden. Uns, das bin ich und 21 weitere Journalisten aus aller Welt.
Das Thema für die kommenden Tage wird auf das Wort Allroad hören. Allroad ist für die meisten von uns ziemlich neu und frisch, denn anders als in den USA sind Gravel- oder Allroadbikes so richtig erst seit ungefähr zwei Jahren in Europa angekommen. Ein Gravelbike ist eine Fusion aus einem Rennrad, einem Cyclocrossbike und einem kleinen bisschen Cross-Country Bike. Also ein Dropbarbike mit breiten Reifen und einer sehr komfortablen Sitzposition.
Auch für mich ist diese Disziplin ziemlich neu und ich war gespannt was mich erwartet. Nach dem uns der Global Marketing Manager Michel begrüßt hat und wir im Hotel eingecheckt sind, können wir bereits beim Einstellen der Testbikes einen Blick auf die neuen Reifen und Laufräder von Mavic werfen. Das Besondere an unseren Testbikes ist, dass es keine großen Marken sind, sondern allesamt von kleineren Manufakturen. Ich bekomme ein Caminate Bike. Ein waschechtes französisches und handgefertigtes Titanbike.
Mavic Alloroad – Der eine für alles?
Wie am Anfang jeder Produktentwicklung stellte man sich bei Mavic beim Thema Allroad die grundlegenden Fragen: Was ist eigentlich Allroad? Welche Kundengruppe möchte man damit bedienen? Dabei ist man zu dem Ergebnis gekommen, dass Graveln der erweiterte Spielplatz eines Rennrades ist. Dementsprechend sollten auch Laufräder um ein Vielfaches widerstandsfähiger sein.
Mit diesem Wissen sind vier optisch sehr ansprechende Laufradsätze in zwei Laufradgrößen, zwei WTS (Wheel Tire Syteme) Kombinationen in drei Preisklassen entstanden.
Die Modelle in der Übersicht
Mavic Allroad UST
Mit 250€ (ohne Reifen) ist er Preis/Leistungstechnisch am für viele wahrscheinlich am interessantesten. Zwar muss man bei ihm auf die schon bewährte ISM4D Felge verzichten. Diese bietet einen Ticken weniger Gewicht und ein klein wenig mehr Aerodynamik – in dieser Preisklasse jedoch zu verschmerzen. Zumal bei der ISM4D spezielle Nippel zum Einsatz kommen, was gerade im Falle eines Defekts ‚on the Road‘ problematisch werden kann. Dank des traditionellen Aufbaus der Mavic Allorad UST bekommt man vor allem auf Reisen stets Ersatz.
Der Rest des hochwertigen Radsatzes unterscheidet sich aber kaum von seinen etwas teureren und leichteren Geschwistern. So besitzt er eine leichte Tubeless-fähige Aluminium Felge mit einer Innenweite von 22 Millimetern und der daraus folgenden Möglichkeit Reifen zwischen 28 und 45 Millimeter Breite zu montieren. Den stabilen und haltbaren Stahlfreilauf gibt es sowohl für Sram als auch Shimano Systeme. Geplant ist, dass der günstige Radsatz aus Frankreich ab Juli verfügbar ist.
Preis: 250 €
Gewicht (Herstellerangabe): 1890 g
Mavic Allroad Pro UST
Der teuerste im Bunde ist der Mavic Allroad Pro. Auch er hat eine stabile und widerstandsfähige Aluminium Felge. Anders als beim Einsteigermodell wurde bei ihr das von Mavic eigens entwickelte und patentierte ISM4D System angewandt. Sie soll die Felge leichter und aerodynamischer machen, ohne dabei die Stabilität negativ zu beeinflussen. Außerdem wurde beim Flaggschiff, wie auch bei dem Mittelklassemodell, die sogenannte Fore Technologie angewandt. Fore bezeichnet die Art der Nippelbohrung. Anders als bei Standard Laufrädern, bei denen einfach eine Bohrung vorgenommen wird, wird bei Mavic in einem speziellen Verfahren der Felgenboden nach innen gedrückt und mit einem Gewinde versehen. In diesen wird anschließend der hauseigene Nippel gedreht und mit ihm die Speiche gespannt. Dies soll laut Mavic eine erhöhte Stabilität und Haltbarkeit mit sich bringen.
Wie auch schon beim günstigen Modell hat die Felge ebenfalls eine 22 Millimeter Innenbreite, welche selbstverständlich bestens geeignet ist für Tubeless Reifen. Beim Reifen gibt man den Kunden die Wahl und lässt sie aus insgesamt drei Reifen Optionen wählen. Die Basis bildet stets Ykision Allroad. Ein neuer Reifen welcher optimal auf die Bedürfnisse von Gravelbiker angepasst wurde und stets optimalen Grip bieten soll. Die Wahl lässt man dem Käufer also bei der breite des Reifen, welche es in 30 mm, 35 mm oder in 40 mm, der XL Variante, zu bestellen gibt. Um mit allen Systemen kompatibel zu sein, wird auch der Allroad Pro Aluminium Freilauf für sämtliche Systeme verfügbar sein.
Preis: 1000 €
Gewicht (Herstellerangabe): 1610 g
Mavic Allroad Elite UST
Die gute Mittelklasse hört auf den Namen Mavic Allroad Elite. Mit seinen 749€ für das komplette Reifen Felge System ist er immerhin noch etwa 250 Euro günstiger als das teure Topmodell und ist dabei lediglich ein wenig schwerer. Das liegt vor allem an den etwas schwereren Speichen. Der Rest des Lafradsatzes unterscheidet sich kaum vom Topmodell so ist auch hier eine ISM4D Felge mit 22 Millimeter Innenweite verbaut. Und ebenfalls gibt man dem Kunden die Wahl, was die Reifenbreite anbelangt. Außerdem wird es den Mavic Allroad Elite UST mit Bremsflanke für Felgenbremsen geben.
Preis: 749 € ohne Bremsflanke
Gewicht (Herstellerangabe): 1720 g
Mavic Allroad Elite Plus
Der vierte und letzte der Reihe ist der Allroad Elite Plus. Er unterscheidet sich in einem enorm großen Punkt von seinem Bruder, dem Allroad Elite: Nämlich in der Laufradgröße. Aufgrund der kleineren 27,5“ Laufradgröße wurde auch die Felgeninnenbreite von 22 Millimeter auf 25 Millimeter angehoben und so die Möglichkeit geschaffen reifen bis 47 Millimeter fahren zu können und den Komfort zu erhöhen. Nabe und Freilauf Optionen unterscheiden sich nicht vom Allroad Elite. Lediglich die Fore Nippel kommen nicht zum Einsatz. Leider wird dieser Laufradsatz genau wie das günstige Modell erst ab Mitte Juli und nur ohne Reifen verfügbar sein.
Preis: 700 €
Gewicht (Herstellerangabe): 1610 g
Bei allen Radsätzen hat man sich dazu entschieden von der klassischen sechs Loch Scheiben Aufnahme Abstand zu nehmen und stattdessen eine Centerlock Aufnahme zu verbauen. Sie hat den Vorteil , dass man sämtliche Shimano Scheiben fahren kann und mittels Adapter auch die Option einer klassischen Scheibe bestehen bleibt.
Ebenfalls unterscheiden sich die vier Systemlaufräder nicht im Achsstandart. Hier geht man mit der Zeit und vertraut auf wesentlich stabilere Steckachssysteme mit 15 mm an Front und 12 mm am Heck.
Auf meine Frage, warum es keine Carbon Variante gäbe, bekam ich eine mir einleuchtende Antwort. Bei allen Allroad Laufradsätzen wollte man einen hohen Komfort erreichen. Eine Carbonfelge ist dafür aktuell noch ungeeignet, denn neben den etwas direkteren Fahrverhalten bringt sie auch wesentlich weniger Komfort mit. Daher hat man sich bewusst vorerst gegen Carbon entschieden.
Am nächsten Tag ging es bei strahlendem Sonnenschein auf die Räder, um die am vorherigen Tag vorgestellten Laufräder auf Herz und Nieren zu testen. Auf Herz und Nieren trifft es dabei genau auf den Punkt, denn die Region rund um Perpignan ist perfekt für’s Gravelbike. Bevor es aber los ging wurde bei allen Bikes nochmals der Luftdruck überprüft, dies funktioniert neuerdings via App. Richtig gehört, seit kurzer Zeit lässt sich über die Mavic App eine Setup Empfehlung berechnen. Hierzu müssen lediglich einige Parameter wie Riding Style, Fahrergewicht, Reifenart (Tubeless oder Schlauch) und das Radgewicht eingegeben werden und die App zeigt sofort den empfohlenen Luftdruck an. In meinem Fallen waren es 2.0 bar an der Front und 2.1 bar am Heck. Als alle den passenden Luftdruck im Reifen hatten, begab sich die gesamte Gruppe Richtung Ille-Sur-Tet.
Auf den schier endlos erscheinenden Schotterstraßen bekam ich einen ersten Eindruck der neuen Laufräder und Reifen. Gefühlt rollen diese etwas schlechter auf Asphalt als auf Schotter. Dort aber sind sie eine Wucht und, anders als vermutet, bietet das puristisch gehaltene Profil einen unbändigen Grip in allen Lebenslagen. Auch die Laufräder haben sich in mein Herz geschlichen. Sie sind weder zu straff noch zu weich eingespeicht, somit hatte ich stets ein perfektes Fahrgefühl und mir haben niemals die Hände wehgetan. Auch wenn ich es anfangs nicht geglaubt hatte, wir nahmen zwischendurch sogar einige waschechte Singletrails unter die Räder. Gemeinsam mit CycloCross Profi Tim Johnson startete ich in den ersten echten Trail und in mir schlich sich die sanfte Frage ob das, was wir hier tun wirklich noch Graveln ist oder ob wir eher mit dem Gravelbike Enduro fahren. Wie dem auch sei. Der Mavic Allroad Pro hat auch diesen Härtetest mit Bravour bestanden.
Zum Mittag waren wir dann bei der Firma Caminate Bikes zum Grillen. Neben dem super geshapeden Pumptrack war es spannend zu sehen, wie alle Rahmen individuell auf Kundenwunsch konstruiert und per Hand geschweißt werden. Nach einem reichhaltigen Barbeque fuhren wir weiter in Richtung unserem heutigen Schlafplatz: einer kleinen Hütte in den anliegen Bergen von Villerach.
Wie bestellt öffneten sich über Nacht die Pforten der Wolken und es regnete ordentlich – perfekte Bedingungen um die Reifen jetzt auf eine Probe zu stellen. Auf den nun völlig aufgeweichten Gravelroads von Frankreich wurde ich wieder einmal überrascht wie viel Grip der Ykision XL aufbringen kann. Denn auch in schnellen Kurven auf den teilweise tiefen, sandigen Böden fing nichts an zu rutschen und der Reifen säuberte sich stets schnell wieder von allein.
Mavic Allroad Gravelbike-Laufräder – Fazit
In den zwei Tagen habe ich insgesamt ca. 150 Kilometer auf dem neuen Allroad Pro Laufradsatz verbringen dürfen. Dieser hat mich in vielerlei Hinsicht überrascht. Zum einen liefert der mitgelieferte Mavic Yksion Allroad XL enorm viel Grip bei trockenen und nassen Bedingungen. Aber auch der Mavic Allroad Pro bekommt von mir eine definitive Kaufempfehlung. Mit Sicherheit ist er mit angebenden 1610 Gramm nicht der leichteste seiner Klasse. Aber dafür ist er vor allem eins: Hart im Nehmen. Mit Ihm kann man getrost mehrere Tage auf Reisen gehen oder einfach mal die Hometrails mit dem Gravelbike unsicher machen. Ein richtiger Allrounder eben.
An allen zwei Tagen hatte ich, trotz der anspruchsvollen Trails, keinerlei Defekte oder gar Ausfälle und der Rundlauf war augenscheinlich immer noch wie am ersten Tag.