Test Bulls Six50 E2 Street: Sportlicher Offroader oder alltagstaugliches Pedelec? Dieses E-Bike liegt genau dazwischen, ist dabei jedoch ein Rad, dass eher Mehrwert bietet, als dass es Kompromisse eingeht.
Beim Thema Mountainbike denken viele Radfahrerinnen in erster Linie an eine rein sportliche Nutzung – Offroad-Touren durch schwieriges Gelände mit Bike-Rucksack, Radshorts und allem drum und dran. Doch dabei wird schnell vergessen, dass sich Mountainbikes längst einen guten Namen als Allrounder gemacht haben. Ihre breiten, griffigen Reifen nehmen es auch mit den Frostaufbrüchen und Wurzelschäden des täglich genutzten Radwegs auf; eine Federgabel verdaut die Wurzeln auf dem Trail ebenso wie Schlaglöcher und Bordsteinkanten. Und neben dem Weg zur Arbeit oder zur Uni lässt sich ein MTB für den Workout und zum Auspowern nutzen.
Das Bulls Six50 E2 Street füllt die Lücke zwischen Sport und Alltag
Beim E-Bike sieht es genauso aus. Touren-Modelle mit schmalen Reifen und Nabenschaltung mögen bei ruhiger Gangwart auf glattem Asphalt gute Dienste leisten, wird es jedoch ruppiger und flotter, stoßen sie schnell an ihre Grenzen. Aber deswegen ein reinrassiger Mountainbike anschaffen?
Bulls begegnet dieser Problematik mit einem Modell, auf das viele Radfahrerinnen gewartet haben dürften: Das Bulls Six50 E2 Street füllt die Lücke zwischen Sport und Alltag – allerdings nicht dergestalt, dass auf beiden Seiten Kompromisse gemacht werden müssen. Eher ist das dezent gestylte Kraftpaket eine Erweiterung des Spektrums nach beiden Seiten. Statt extrem grobstolliger Gelände-Bereifung gaben die Produktentwickler dem Rad Schwalbes „Smart Sam“ auf den Weg, der durch die engen Profilblöcke auf der Lauffläche auf Asphalt leicht rollt, mit ausgeprägten Schulterstollen jedoch viel Grip bietet, sei es in Kurven oder auf rutschigem, lockeren Untergrund. Das große Volumen sorgt dabei für gute Stoß- und Vibrationsdämpfung; anstatt 28 Zoll Laufräder zu montieren, setzt das Bulls Six50 E2 Street auf das aktuelle MTB-Maß 27,5 Zoll, was optimales Handling sicherstellt.
Das bedeutet auch, dass eine sensibel ansprechende, langhubige Federgabel verbaut werden kann – an 28-Zoll-Bikes ist der Federweg dagegen meist auf gut 60 mm begrenzt. Mit ihren 100 mm kann die Gabel weich abgestimmt werden, ohne dass sie bei größeren Stößen durchschlägt. In Sachen Komfort ist das Bulls Six50 E2 Street damit herkömmlichen Touren-Pedelecs deutlich überlegen.
Das Bulls Six50 E2 Street schlägt bei der Alltagstauglichkeit jedes MTB
Auf der anderen Seite Schlägt das Bulls so ziemlich jedes MTB in Sachen Alltagstauglichkeit. Die Schutzbleche liegen dicht an und fallen damit optisch nicht aus dem Rahmen; unverzichtbar sind sie ohnehin für alle, die keine reinen Schönwetterfahrerinnen sind. Ein Seitenständer ist ebenfalls am Rad – ohne ihn geht es im Alltag einfach nicht. Die Lichtanlage ist gut integriert; das Rücklicht sitzt im Schutzblech, der Scheinwerfer unauffällig und schön hoch unterm Display des Bosch-Antriebs. Auch an diesem zeigen sich die MTB-Gene des Allrounders: Mit dem Bosch Performance Line CX ist der potenteste Treibsatz des Anbieters spezifiziert, was nicht nur auf dem Trail für Schub sorgt, sondern etwa auch beim Ziehen eines Kinderanhängers. Die standfeste Bremslage mit Vierkolben-Sattel vorne ist für den Alltag eigentlich schon überdimensioniert, auf schnellen Abfahrten jedoch verlässlich und sicher – und auch bei der Fahrt mit dem besagten Anhänger hilfreich.
In einer Sache weicht das Bulls Six50 E2 Street jedoch deutlich vom MTB ab: bei der Rahmenform. Diese erscheint auf den ersten Blick gerade angesichts des tiefen Durchstieges wenig sportlich, ist aber durchaus sinnvoll. Einerseits erleichtert sie das im Alltag häufigere Absteigen, andererseits folgt der große Höhenunterschied zwischen Sattel und Lenker der Erkenntnis, dass die meisten Radfahrerinnen eine etwas aufrechtere Haltung bevorzugen, wie sie im Übrigen auch bei sportlich genutzten Trail-MTBs Usus ist. Auf einen großen Stapel von Distanzhülsen kann hier verzichtet werden – die sehen nämlich ziemlich unsportlich aus.