Produktnews: Beim Bike Festival in Riva hatten wir vor einiger Zeit die Gelegenheit, das neue Whyte S-120c Works genauer unter die Lupe zu nehmen. Das Carbon-Bike macht vor allem durch seine äußerst progressive Geometrie in Verbindung mit „nur“ 120mm Federweg und einer insgesamt recht leichten Ausstattung auf sich aufmerksam.
Eigentlich war alles angerichtet: Am vorletzten Tag des diesjährigen Riva Bike Festivals sicherten wir uns am Abend das nagelneue Whyte S-120C Works als Testbike für den nächsten Vormittag. Der Plan: Den neuen 120mm Marathon/XC/Trail-Zwitter auf den steinigen Trails des Gardasees so richtig auf die Probe zu stellen. Leider begrüßten uns an besagtem Vormittag peitschende Sturmböen, einstellige Temperaturen, ergiebiger Dauerregen und weiße Berggipfel. Schnell war klar: Für eine Testfahrt die denkbar schlechtesten Bedingungen. So wurde aus unserem First Ride ein First Look, wir haben uns das neue Carbon Fully aus UK genauer angesehen und eine Testfahrt in die hoffentlich nahe Zukunft verschoben.
Das neue S-120c basiert auf dem bekannt-bewährten T129 und ist demnach ausschließlich mit 29″ Laufrädern ausgestattet. Das Grundkonzept bleibt gleich und auch nach einigen Jahren fast einzigartig – auch wenn andere Hersteller mittlerweile ähnliche Räder im Programm haben. Wenig Federweg (im Falle des S-120c sind es 120mm), ein leichter Rahmen und leichte Anbauteile treffen auf eine progressive und auf dem Papier abfahrtsorientierte Geometrie, die auch einem Enduro gut zu Gesicht stehen würde. Der eine oder andere mag angesichts dieses Ansatzes die Stirn runzeln – doch schon der Vorgänger hat gezeigt, dass die Mischung verdammt viel Spaß machen kann.
Wenn wir schon beim Thema Geometrie sind: Wie gesagt, im „Blindtest“ würden wir beim ersten Blick auf die Zahlen dahinter eher ein Enduro mit 160mm Federweg oder mehr vermuten und kein 12kg leichtes 120mm Fully. Beispiel gefällig? Da wäre der superflache 65.6° Lenkwinkel, ein langer Hauptrahmen (480mm Reach und 640mm Oberrohr in Größe L) und der 75° Sitzwinkel. In die Praxis übersetzt heißt das: Vor allem auf dem Trail bekommt man eine große Laufruhe, der Radstand selbst bleibt dank schön kurzen Kettenstreben (430mm) aber im Rahmen und die Agilität geht nicht komplett flöten. Dank des langen Rahmens kann in allen Größen ein kurzer 40mm Vorbau mit breitem 800er Lenker verbaut werden. Auch hier: Viel Laufruhe und Kontrolle im Gelände.
Geometrie Whyte S-120C Works
S | M | L | XL | |
Sitzrohr (in mm) | 406 | 431 | 457 | 482 |
Oberrohr horizontal (in mm) | 592 | 612 | 640 | 669 |
Steuerrohr (in mm) | 112 | 125 | 140 | 150 |
Kettenstrebe (in mm) | 430 | 430 | 430 | 430 |
Radstand (in mm) | 1168 | 1198 | 1227 | 1256 |
Lenkwinkel (in °) | 65.6 | 65.6 | 65.6 | 65.6 |
Sitzwinkel (in °) | 75 | 75 | 75 | 75 |
Tretlagerhöhe (in mm) | 340 | 340 | 340 | 340 |
Reach (in mm) | 432 | 456 | 480 | 504 |
Stack (in mm) | 604 | 616 | 627 | 639 |
Die große Frage jedoch: Leidet darunter nicht die Uphill-Performance, die man sich ja durchaus von einem 120mm Carbonfully erwartet? Abschließend können wir diese Frage ohne eine aussagekräftige Testfahrt zwar nicht beantworten, aber der steile Sitzwinkel, das geringe Gewicht und die auf Vortrieb ausgelegte Ausstattung versprechen auch hier eine entsprechend überzeugende Performance.
Whyte S-120c Works: Ausstattung
Unser Testrad entsprach bis auf die Sattelstütze (Am Testrad: RS Reverb, in Serie: BikeYoke Revive) dem Topmodell Whyte S-120c Works. Mit 6.299 Euro ist es preislich in der oberen Mittelklasse für ein Carbon-Fully angesiedelt, die Ausstattung gehört jedoch zweifelsfrei zur Creme de la Creme und lässt eigentlich keinerlei Wünsche offen. Ein kompletter Shimano XTR 12-fach Antrieb inklusive der dazu passenden 4-Kolben Bremsanlage, das Fox Factory Fahrwerk mit DPS Dämpfer im Heck und 34er Stepcast Gabel in der Front, hauseigene Carbonfelgen mit spendablen 26mm Innenweite, Race Face Next Kurbel und Lenker und die angesprochene BikeYoke Revive Variostütze.
Ausstattung Whyte S-120C Works
Rahmen | Carbon Hauptrahmen / Alu Hinterbau |
Gabel | Fox Float Factory 34 SC 120mm |
Dämpfer | Fox Float DPS Factory |
Naben | Shimano MT900 |
Felgen | Whyte 26mm Carbon |
Reifen VR | Maxxis Forekaster TR 2.3" |
Reifen HR | Maxxis Crossmark II TR 2,25" |
Schaltwerk | Shimano XTR M9100 |
Schalthebel | Shimano XTR M9100 |
Kassette | Shimano XTR M9100 10-51 |
Kette | Shimano XTR CN M9100 |
Kurbel | Race Face Next R Carbon 34t |
Sattelstütze | BikeYoke Revive 125 / 150mm |
Bremsen | Shimano XTR BR-9120 |
Vorbau | Whyte Gravity 40mm |
Lenker | Race Face Next R Carbon 800mm |
Sattel | Whyte Custom Team |
Griffe | Whyte Lock on |
Ganz ehrlich: Da ist nicht mehr viel Luft nach oben. Einzig und allein die Reifenkombination erscheint auf den ersten Blick etwas zu zahm für ein Bike, das durchaus auch für schnelle Trailabfahrten gebaut ist. Die Maxxis Kombination aus Forekaster an der Front und dem Crossmark II im Heck dürfte zwar für viel Vortrieb und gute Beschleunigung sorgen, aber in tiefen Böden und vor allem bei Nässe recht schnell an ihre Grenzen stoßen.
Übrigens – wem die über 6.000 Euro zu teuer sind, findet mit den S-120c R und dem S-120c RS auch zwei günstigere Ausstattungsvarianten. Beide haben den gleichen Carbonrahmen wie das Topmodell, das 3.749 Euro teure S-120c R kommt mit einem Sram NX Eagle Antrieb und Rock Shox Fahrwerk, während man beim S-120c RS für 4.299 Euro schon eine GX Eagle Gruppe und ein Fox Performance Fahrwerk bekommt.
Insgesamt ist das Whyte S-120c Works ein hochinteressantes Mountainbike für ein breites Einsatzspektrum, das zu einem attraktiven Preis eine absolute Edel-Ausstattung an Bord hat. Wem 120mm ausreichen, dabei jedoch immer lieber die Abzweigung auf den nächsten Trail als endlose Forstautobahnen im Blick hat, sollte sich das Carbonfully aus Großbritannien definitiv genauer ansehen.