Radsport: Das große Finale der Straßen-WM in Yorkshire geht an Mads Pedersen. Der Däne hat sich im Straßenrennen überraschend vor dem Italiener Matteo Trentin und dem Schweizer Stefan Küng durchgesetzt. Damit krönt sich Mads Pedersen zum ersten dänischen Weltmeister in einem Straßenrennen. Im strömenden Regen ging die deutsche Mannschaft zwar leer aus, präsentierte sich jedoch aktiv und stark.
Streckenänderung wegen starken Regens
Auch am letzten Tag der Straßen-WM meinte es das Wetter nicht gut mit den Profis. Da durch den starken Regen über Nacht sogar einige Abschnitte überflutet waren, konnten rund 50 Kilometer der geplanten Strecke nicht in Angriff genommen werden. Die Veranstalter haben sich daher kurzerhand dazu entschieden, in Harrogate neun statt sieben Zielrunden zu fahren. Einfacher wurde das Rennen dadurch aber nicht. Um 10 Uhr deutscher Zeit machten sich die Teilnehmer in Leeds – natürlich erneut bei starkem Regen – auf den 261,8 Kilometer langen Weg. Im britischen Hochmoor war durch die dichten Wolken auch die Sicht stark eingeschränkt, so dass die Fernsehzuschauer heute kaum Bilder vom Helikopter geliefert bekamen. Als das Flugzeug für das TV-Signal nachtanken musste, gab es für rund eine Stunde gar keine Livebilder. Durch die schwarzen Regenjacken der Fahrer war es außerdem sehr schwierig, die jeweiligen Profis auseinanderzuhalten. Dennoch konnten wir eine äußerst stark besetzte elfköpfige Spitzengruppe mit Giro-Sieger Richard Carapaz (Ecuador) und Vuelta-Sieger Primoz Roglic (Slowenien) erkennen.
Eine starke Spitzengruppe mit Jonas Koch & Silvan Dillier
Komplettiert wurde die Fluchtgruppe durch Jonas Koch (Deutschland), Silvan Dillier (Schweiz), Nairo Quintana (Kolumbien), Jan Polanc (Slowenien), Alex Howes (USA), Maciej Bodnar (Polen), Peter Vakoc (Tschechien), Hugo Houle (Kanada) und Magnus Cort Nielsen (Dänemark). Obwohl die Ausreißer allesamt enorm klangvolle Namen vorzuweisen haben, konnte die Gruppe direkt zu Beginn des Rundkurses wieder eingeholt werden. Kurz zuvor kamen mit Philippe Gilbert und Remco Evenepoel zwei Mitfavoriten aus Belgien zu Fall. Trotz größter Bemühungen gelang es nicht, den Anschluss an das Peloton wiederherzustellen. Viel zu hoch war das Tempo nach der Einholung der ehemaligen Spitzengruppe. So änderte man im belgischen Nationalteam prompt die Taktik. Nun war Greg van Avermaet der Kapitän. Zeitfahr-Weltmeister Rohan Dennis (Australien) stieg derweil aus dem Rennen aus, ebenso wie unter anderem Richard Carapaz (Ecuador), Primoz Roglic (Slowenien), Alejandro Valverde (Spanien) und Dan Martin (Irland).
Stefan Küng geht in die Offensive
Rund 65 Kilometer vor dem Ziel bildete sich eine neue Spitzengruppe. Während im Peloton nur noch um die 60 Fahrer vertreten waren – darunter fast alle deutschen Starter – konnten sich der Schweizer Stefan Küng und der US-Amerikaner Lawson Craddock absetzen. Als der zuletzt genannte mit seinem Begleiter nicht mehr mithalten konnte, schafften Gianni Moscon (Italien), Mads Pedersen (Dänemark) und Mike Teunissen (Niederlande) den Anschluss. Das Quartett war sich jedoch nicht einige. Dahinter sorgten vor allem die Franzosen und die Belgier für die Nachführarbeit. Endgültig gesprengt wurde das Hauptfeld 32 Kilometer vor dem Ziel durch eine Attacke von Mathieu van der Poel. Der Niederländer regierte darauf, dass Mike Teunissen (Niederlande) seinen Begleitern nicht mehr folgen konnte und fuhr mit Matteo Trentin (Italien) am Hinterrad zum Führungstrio nach vorn. Zuvor hat auch Nils Politt (Deutschland) ähnliches versucht, doch seine Attacke war nicht von Erfolg gekrönt.
Mathieu van der Poel geht die Luft aus
Als die fünf Spitzenreiter ihren Vorsprung auf knapp eine Minute ausbauen konnten, rechnete wohl die komplette Radsport-Welt mit dem Weltmeistertitel für Mathieu van der Poel. Doch beim Niederländer wurde 13 Kilometer vor dem Ziel einfach der Stecker gezogen. Am Hinterrad seiner Begleiter fahrend, konnte er selbst im Windschatten nicht mehr folgen. Daraufhin wurde der 24-jährige Ausnahmeathlet komplett durchgereicht. Weil die Franzosen, die Belgier und später auch die Deutschen den Abstand auf das Führungsquartett nicht reduzieren konnten, sollten die vier Führenden am Ende den Weltmeistertitel unter sich ausmachen. Die Italiener befanden sich mit Matteo Trentin und Gianni Moscon natürlich in einer hervorragenden Position. Als bester Sprinter der Gruppe wusste Trentin, dass er mit der Hilfe von Moscon einfach nur dafür sorgen muss, dass die vier gemeinsam auf die Zielgerade kommen. Stefan Küng und Mads Pedersen wiederum waren sich darüber im Klaren, dass sie vor dem finalen Zielsprint eine Entscheidung gegen Matteo Trentin herbeiführen sollten.
Mads Pedersen krönt sich zum Sensations-Weltmeister
Im letzten richtig harten Anstieg zum Hollow Moor verlor Gianni Moscon den Anschluss, nachdem Stefan Küng das Tempo verschärft hat. Auch Mads Pedersen hatte Probleme, konnte sich jedoch wieder herankämpfen. Damit war klar: Die drei nun noch vorn befindlichen Profis werden die Medaillen unter sich ausmachen. Als klarer Favorit begann Matteo Trentin auf der Zielgeraden zu sprinten. Stefan Küng verlor bei dieser Beschleunigung sofort einige Zentimeter. Diese Chance nutzte Mads Pedersen, um sich an das Hinterrad des Italieners zu klemmen – und kurz vor der Ziellinie vorbei zu sprinten. Damit gelingt Mads Pedersen die wohl größte Überraschung seit vielen Jahren. Der Däne ist gerade einmal 23 Jahre jung und hat noch nie in seiner Karriere ein Rennen der WorldTour gewonnen. Doch jetzt darf er ein Jahr lang als Weltmeister das Regenbogentrikot spazieren fahren. Stefan Küng darf sich über Bronze freuen. John Degenkolb wurde als bester Deutscher 15.