Große Laufräder, kleiner Rahmen: Beim Eightshot treffen Dinge aufeinander, denen man eine harmonische Koexistenz nicht zugetraut hätte. Doch das 27,5er Kinder-MTB funktioniert im Alltag, auf Touren und im Sport – vor allem mit einigen Umbaumaßnahmen.
Es wurde unauffällig abgeholt und heimlich umgebaut, sehnlich erwartet und begeistert im Empfang genommen, gestohlen und tränenreich vermisst, von der Polizei sichergestellt, erkennungsdienstlich behandelt und freudestrahlend auf der Wache abgeholt – kein Zweifel, dieses Kinderrad hat schon für viele Emotionen gesorgt. Und nachdem es sogar beim Radrennen zum Einsatz kam, ist wohl endgültig eine Bindung entstanden, wie man sie sich nur wünschen kann.
Aber der Reihe nach: Was hat es auf sich mit dem schwarzroten Mountainbike, und was für eine Marke ist Eightshot überhaupt? Braucht es einen weiteren Hersteller auf einem Markt, der nicht gerade mit Riesenumsätzen lockt? Nicht unbedingt, zumal Eightshot auch kein neuer Player ist. Vielmehr handelt es sich um die Zweitmarke des Branchenprimus Puky, der sein Portfolio über diesen Weg deutlich modernisieren konnte, ohne den Markenkern komplett umzukrempeln. Stand Puky bisher doch für Kinderräder bis zum 24-Zoll-Modell, die den Fokus vor allem auf Sicherheit und Alltagstauglichkeit setzten und nicht auf Sportlichkeit.
Bei Eightshot dagegen gibt es keinen Rücktritt, keine Schutzbleche und auch keinen Dynamo – dafür jedoch etwas anderes, was fest in den Genen des Wülfrather Kinderrad-Spezialisten verankert ist: vernünftige, kindgerechte Geometrien, die sicheres Radfahren erst möglich machen. Und die gar nicht mal selbstverständlich sind: Zu hohe Tretlager und zu lange Rahmengeometrien finden sich bei den „sportlichen“ Kinderrädern mancher Anbieter nicht selten. Klar, die Kleinen gewöhnen sich an alles – aber sinnvoll ist es dennoch nicht.
Nachdem schon das 20-Zoll-Bike von Eightshot im Velomotion-Praxistest überzeugt hatte, wuchs die Neugier auf die größeren Modelle, die sich an große Grundschulkinder und Jugendliche wenden – Eightshot gibt für das 27,5-Zoll-Bike, um das es hier geht, eine Körpergröße von 143 bis 172 cm an. Das reicht für den einen oder anderen Wachstumsschub und erklärt sich mit der Geometrie des X-Coady 275: Dessen Sitzrohr ist mit 36 cm ausgesprochen kurz; der Rahmen ist dabei für ein Kinderrad ziemlich lang. Ein 60 mm langer bzw. kurzer Vorbau rückt den Lenker näher an den Fahrer, sodass die Sitzhaltung, wie bei unserem 1,50 m großen Testfahrer zu sehen, insgesamt eher kompakt ausfällt. Bei größeren Kindern kann ein längerer Vorbau montiert werden, um eine ausreichend große Sitzlänge zu gewährleisten, außerdem wandert der Sattel ein Stück nach hinten, wenn die Stütze weiter herausgezogen wird.
Erwachsene, die ein Stück mit dem kompakten Starrbike fahren, stellen fest, dass die Lenkgeometrie auf große Handlichkeit abgestimmt ist; wer junge Fahrer beobachtet, kann angesichts flüssig-flotter Fahrweise bergab auf sicheren Geradeauslauf schließen. Die Geometrie funktioniert also – und was kann das X-Coady noch?
Zunächst einmal ist es mit knapp 400 Euro nicht sonderlich teuer, gerade angesichts der langen Nutzungsdauer. Für diese Summe gibt es einen sauber verarbeiteten Alu-Rahmen; auch die oben wuchtige, nach unten hin schlank zulaufende Gabel besteht aus dem Leichtmetall. Der Übergang vom Unter- zum Steuerrohr wird durch ein Verstärkungsblech stabilisiert; Schalt- und Bremszug laufen am Oberrohr nach hinten. Am Testrad fiel die recht spröde Klarlackschicht auf, die den Rahmen bedeckt und empfindlich auf Schläge reagiert, die sich im Nutzungsalltag nicht vermeiden lassen.
Schlicht, aber durchdacht fällt die Ausstattung des Eightshot aus. Vorbau und Lenker machen einen wertigen Eindruck; die Sattelstütze erlaubt mit ihrer Zwei-Schrauben-Klemmung eine exakte Einstellung der Sattelneigung. V-Brakes sind an einem Kinder-MTB eine gute Wahl, da preiswert, gut zu warten und angesichts des geringen Fahrergewichts kräftig genug. Praxisgerecht ist der Kurbelsatz mit 152 mm langen Kurbelarmen und einem Kettenblatt mit gerade mal 28 Zähnen. Das ergibt ausreichend leichte Berggänge, zumal die Entfaltung aufgrund des großen Abrollumfangs der 27,5-Zoll-Laufräder ziemlich groß ausfällt. Löblich ist auch die Verwendung eines sogenannten „Narrow-wide“-Kettenblattes, dessen Zahnform dafür sorgt, dass der Gliederstrang nicht so einfach abspringen kann.
Der Achtfach-Zahnkranz ist mit 11 bis 34 Zähnen üppig abgestuft, brachte uns aber auch zum Nachdenken: Ob sich das Rad nicht bei vertretbarem Kostenaufwand mit einer richtigen Mountainbike-Übersetzung ausstatten ließe? Knapp 140 Euro gehen für die Nachrüstung eines 1×11-Getriebes drauf, bestehend aus SRAM-NX-Schaltwerk, dem passenden Triggerschalter und einer Elffach-Kette; außerdem braucht man natürlich eine geeignete Kassette, wie man sie von SunRace für knapp 45 Euro bekommt. Mit 11-36 bietet dieser Kranz einen etwas größeren Umfang bei engeren Schaltschritten – besonders der Acht-Zähne-Sprung vom 26er aufs 34er der Achtfach-Kassette wird durch Vierer-Schritte entschärft. Dazu montierten wir rote Griffe, zumal hier durch den Abbau des Drehschalters ohnehin etwas Neues her musste.
In Sachen Gewicht bringt der Umbau keinerlei Verbesserungen – das Rad wiegt immer noch 11,5 Kilo mit Pedalen, woran nicht zuletzt der Laufradsatz mit seinen Breitreifen schuld ist: Mit üppigen 4,9 Kilo hängt er an der Waage, woran jeder Reifen mit 800 Gramm beteiligt ist. Hier zu optimieren, geht ins Geld, wie wir feststellen müssen, denn Reifen mit 27,5 Zoll gehören meist zum hochpreisigeren Segment. Der Laufradsatz selbst ist „gesetzt“ – 27,5-Zoll-Laufräder für Felgenbremsen gibt es praktisch nicht, hier kann man also nicht auf leichtere Alternativen hoffen.
Dass sich der Umbau der Schaltung gelohnt hat bzw. dass dieses Rad durchaus für den Radsport geeignet ist, zeigte sich beim Fun-Race für Kinder im Rahmen des Raiba Radcross im rheinischen Hürth-Kendenich. Die steile Bergwertung, die so manche Fahrer in allen Klassen zum Absteigen und Schieben zwang, konnte der Testfahrer im kleinsten Gang überwinden; beim Durchfahren der Sandgrube bewährte sich das direkte, sichere Handling des Starrbikes, das sich vorne leichter hochziehen lässt als ein Bike mit Federgabel. Und im Karussell auf der nassen Wiese, das man vorsichtig durchzirkeln muss, um nicht wegzurutschen, zeigt sich, dass eine eher aufrechte Körperhaltung auch bei sportlichem Einsatz durchaus positiv ist.
Wobei man das Eightshot natürlich jederzeit alltags- und tourentauglich aufrüsten könnte – Bohrungen für Schutzbleche und Gepäckträger sind vorhanden, und sogar ein Seitenständer lag bei. Somit bekommt das schwarzrote Mountainbike mit den 27,5-Zoll-Reifen durchweg gute Noten – schade ist nur, dass es keinen Nachschub gibt, sollte der Besitzer diesem Rad irgendwann entwachsen. Auch wenn Puky mit Eightshot sein Portfolio erweitert hat, müssen Räder für ganz Große immer noch anderswo gekauft werden…