Test: Titanrahmen, Lauf Blattfedergabel, edle Ausstattung, exklusive Optik – das Falkenjagd Aristos CX ist ein in jeder Hinsicht besonderes Gravelbike, das in der Praxis mit hohem Komfort überzeugt und dem die Herzen von Fahrradliebhabern zufliegen dürften.
Falkenjagd Aristos CX: Die Fakten
Rahmenmaterial: Titan
Laufradgröße(n): 650b (700c kompatibel)
Maximale Reifenfreiheit: 50mm (650b) / 38mm (700c)
Achsmaß (v/h): 12×100 / 142×12
Schutzblechösen: Nur hinten
Gepäckträgerösen (v/h): Nein / Ja
Flaschenhalter: Unterrohr oben, Sitzrohr
Sonstiges: Seitenständeraufnahme
Gewicht Laufräder v/h/gesamt (mit Reifen und Bremsscheiben): 1.490g / 1.616g / 3.106g
Gewicht Komplettrad ohne Pedale (Größe M): 9,93kg
Preis: 7.638 Euro
Titan-Traum für Liebhaber
Tradition, Emotion, Langlebigkeit, Nachhaltigkeit. All das sind Werte, die in der schnelllebigen Fahrradwelt mehr und mehr verloren gehen. Falkenjagd Bikes aus Bayern möchte hier ganz bewusst einen Gegenpol bilden – ohne dabei jedoch den aktuellen Stand der Technik aus den Augen zu verlieren. Beim Rahmenmaterial setzt man ausschließlich auf Titan (bzw. Stahl mit der Schwestermarke Rennstahl), aus gutem Grund: Es verbindet die guten Dämpfungseigenschaften von Stahl mit dem Gewicht leichter Alu-Bikes, ist jedoch bei Herstellung und Verwertung um ein Vielfaches Nachhaltiger als Carbon. Seit inzwischen 15 Jahren produziert Falkenjagd hochwertige Titanräder; das Know-How dafür brachten die Entwickler aus ihrer vorigen Tätigkeit als Ingenieure in der Großindustrie mit. Zunächst bauten sie Räder für ihre engen Freunde, recht schnell wurde jedoch klar, dass darin ein riesiges Potenzial steckte und nur kurze Zeit später war Falkenjagd geboren.
Das Aristos CX ist das aktuellste Gravelbike im mittlerweile erstaunlich umfangreichen Portfolio des kleinen deutschen Herstellers. Natürlich auch mit einem Titanrahmen und dem eigenen Vorsatz, mit den besten Gravelbikes auf dem Markt mithalten zu können. Optik und Verarbeitung dürften die Herzen von Fahrradliebhabern höher schlagen lassen: Farblich im klassisch matten Titanlook mit unscheinbaren Decals und einerseits zwar klassischer Linienführung aber andererseits modernen Rohrformen, wie den quaderförmigen Kettenstreben. Ohnehin darf man bei dem Aristos Rahmen nicht den Fehler machen, von der im ersten Moment sehr klassischen Optik auf rückständige Technik oder fehlende Features zu schließen. Hier muss sich das Bike nämlich keineswegs vor hochmodernen Carbon-Pendants verstecken, im Gegenteil.
In den minimalistischen Ausfallenden findet eine Syntace Steckachse Platz, das Steuerrohr nimmt moderne 44mm Steuersätze auf und das prägnante Schmiedeteil am Übergang vom Tretlager zu den Kettenstreben ermöglicht das Verbauen von Umwerfern und breiten Reifen gleichzeitig. Einzig die frei außen verlaufenden Züge gefielen uns nicht ganz so gut – gerade am Gravelbike, mit dem man auch viel in Schlamm und Dreck unterwegs ist, hätten wir uns entweder die Verwendung einer durchgängigen Außenhülle oder interner Zugführung gewünscht.
Gerade hatten wir die Reifenfreiheit angesprochen und hier gibt’s am Aristos CX die Wahl zwischen 650b Laufrädern wie an unserem Testrad oder klassischen 28″ Reifen. Bei ersteren finden Reifen mit bis zu 2 Zoll Platz, bei 28″ ist bei 38mm Schluss – in beiden Fällen jedoch inklusive Schutzblechen. Ohne Radschützer ist eventuell noch der eine oder andere Millimeter mehr drin. Ausgesprochen vielseitig also – das gilt auch für die vorhandenen Ösen und Befestigungsmöglichkeiten. Am Rahmen lassen sich Gepäckträger, Schutzbleche und sogar ein Seitenständer montieren, an der Standardgabel aus Titan befinden sich ebenfalls Montagepunkte für Schutzbleche. Wer sich für die Lauf Grit Gabel entscheidet wie sie an unserem Testrad verbaut ist, muss darauf jedoch verzichten.
Die Geometrie des Falkenjagd Aristos CX ist ausgesprochen sportlich und dürfte insbesondere jenen gefallen, die ansonsten viel auf dem Renner zuhause sind. Dafür spricht der steile Lenkwinkel, die für ein Gravelbike eher kurzen Kettenstreben und das nicht allzu lange Steuerrohr, mit dem man eine spürbare Sattelüberhöhung erzielt. Bemerkenswert: Jede der fünf Rahmengrößen bekommt ihren ‚eigenen‘ Rahmen. Während bei anderen Herstellern oft nur Oberrohr, Sitzrohr und Steuerrohr mit jeder Größe wachsen, ändert sich beim Aristos CX auch die Kettenstrebenlänge und die Tretlagerhöhe. So dürfte man in allen Größen ein vergleichbares Fahrverhalten erzielen.
Geometrie Falkenjagd Aristos CX Gravel
S | M | L | XL | XXL | |
Sitzrohr (in mm) | 470 | 530 | 550 | 580 | 610 |
Oberrohr horizontal (in mm) | 530 | 555 | 565 | 585 | 605 |
Steuerrohr (in mm) | 130 | 150 | 165 | 185 | 210 |
Kettenstrebe (in mm) | 425 | 425 | 425 | 425 | 425 |
Lenkwinkel (in °) | 72.5 | 72 | 72.5 | 73 | 74 |
Sitzwinkel (in °) | 74 | 73.5 | 73.25 | 73 | 72.5 |
Viele Ausstattungsoptionen dank Baukastensystem
Verschiedene Ausstattungsvarianten gibt es in ihrer traditionellen Form bei Falkenjagd nicht, auch nicht beim Aristos CX. Stattdessen gibt es eine Basisvariante, die sich nach den eigenen Vorlieben und dem eigenen Geldbeutel anpassen lässt. So kommt die Konfiguration unseres Testbikes auf etwas über 7.600 Euro, wohingegen die Basisversion mit 6.299 Euro zu Buche schlägt. Über das große Highlight, den Rahmen, haben wir bereits gesprochen – unser Testbike kommt zusätzlich an der Front mit der Lauf Grit Carbon-Blattfedergabel. Optisch sicherlich gewöhnungsbedürftig, doch der Parallellgram-Aufbau generiert wartungs- (und dämpfungs-)freie 30mm Federweg, die schon im Stand deutlich spürbar sind.
Mit der Gabel wird das Rad schon klar auf den Offroad-Einsatz getrimmt und passend dazu ist unser Testrad mit 650b Laufrädern und 2 Zoll breiter Schwalbe G-One Bereifung ausgestattet. Die Laufräder sind sehr leicht und kommen aus dem Hause Tune – trotz der breiten Reifen kommt das gesamte Laufradsystem gerade einmal auf 3,1kg (inklusive der angesprochenen Reifen und Bremsscheiben).
Rahmen | Aristos CX Gravel Titan |
Federgabel | Lauf Grit |
Laufräder | Rennstahl Carbonfelgen / Tune King Kong Naben |
Reifen | Schwalbe G-One Bite 27,5" 2,0" |
Schaltwerk | Shimano Ultegra |
Schalthebel | Shimano Ultegra |
Kurbel | Shimano Ultegra Compact 34/50 |
Umwerfer | Shimano Ultegra |
Bremse | Shimano Ultegra Disc |
Sattelstütze | Falkenjagd Titan 400mm |
Sattel | Selle Italia SLR TT Titanium Flow |
Vorbau | Falkenjagd Titan |
Lenker | Acros Gravel Bar |
Klassischer als bei Gabel und Laufrädern sieht es in puncto Schaltung aus. Das Aristos CX kommt mit der aktuellen Shimano Ultegra Gruppe inklusive entsprechender hydraulischer Scheibenbremsen. Mit der 11-34er Kassette und Kompakt-Kurbel (34-50) erhält man eine schön große Bandbreite, doch wir hätten uns angesichts der ansonsten klar auf den Offroad-Gebrauch ausgelegten Ausrichtung einen etwas leichteren Berggang und ein Schaltwerk mit Dämpfung gewünscht.
So weit, so exklusiv: Ähnlich geht es auch bei den Anbauteilen weiter. Stütze und Vorbau kommen aus eigenem Hause und bestehen – wie sollte es auch anders sein – aus Titan. So wirkt das Aristos CX einerseits optisch wie aus einem Guss, zusätzlich soll vor allem die Stütze viel Komfort bieten. Am Cockpit fällt außerdem der Acros Gravel Bar Lenker auf, den wir auch schon gesondert im Test hatten und der sehr gut zur Ausrichtung des Bikes passt.
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Let’s Gravel: Das Falkenjagd Aristos CX
Schon beinahe ehrfürchtig betrachten wir das Falkenjagd Aristos CX vor der ersten Ausfahrt. Der hochwertige Titanrahmen, die exklusive Lauf Gabel und die hochwertige Ausstattung versprechen eine Menge Fahrspaß und geben dem Bike eine wirklich exklusive Aura. Auf den ersten Metern macht sich insbesondere die Gabel direkt bemerkbar. Zugegeben, optisch ist sie sicherlich nicht jedermanns Sache, doch die 30mm Federweg sind spürbar und machen sich vor allem auf grobem Schotter und leichteren Trails ausgesprochen positiv bemerkbar. Zusammen mit den dicken Schwalbe Reifen entfaltet das Titanrad eine Menge Offroad-Potenzial, auch wenn der Rahmen selbst per se nicht unkomfortabel, insgesamt jedoch eher auf der steifen Seite ist. Wagt man sich mit dem Aristos CX auch mal auf einen echten Trail, muss man sich auf dieses Ungleichgewicht etwas einstellen.
Da die Gabel über keinerlei Dämpfung verfügt, federt sie bei harten Schlägen schnell aus. Sitzt man in diesem Moment im Sattel, drückt es den Fahrerschwerpunkt kurz in Richtung Hinterbau, der sich beim gleichen Hindernis entsprechend unnachgiebig zeigt. Hier empfiehlt es sich, direkt aus dem Sattel zu gehen – dann kann auch die Gabel ihr Potenzial voll ausschöpfen. Leider schlägt die Kette hörbar stark auf etwas rumpeligen Strecken, was auf die fehlende Dämpfung am Ultegra-Schaltwerk zurückzuführen sein dürfte. Hier wäre beispielsweise ein aktuelles GRX Schaltwerk eventuell die bessere Wahl.
Die hohe Steifigkeit des Rahmens und die leichten Laufräder führen dazu, dass sich das Aristos CX trotz der dicken Reifen ziemlich gut beschleunigen lässt, auch wenn es hier nicht ganz mit den Top-Bikes im Test mithalten kann. Sicherlich ist das auch auf das insgesamt doch recht hohe Gesamtgewicht von 9,9kg zurückzuführen. Die Stärken des exklusiven Titan-Gravelers liegen aber ohnehin an anderer Stelle: Für uns ist es der perfekte Begleiter für Erkundungstouren abseits des Asphalts. Die sehr guten Rolleigenschaften und der tolle Gesamt-Komfort machen auch längere Touren problemlos möglich – wenn man mit der insgesamt doch recht sportlichen Sitzposition zurecht kommt. Allzu steil dürfen die Schotter-Rampen jedoch nicht werden, oder man benötigt angesichts des leichtesten 34-34 Berggangs entsprechend fitte Beine.
Die Möglichkeit, am Heck einen vollwertigen Gepäckträger zu montieren, erweitert das Einsatzgebiet zusätzlich, auch wenn das Aristos CX in der von uns getesteten Variante sicherlich nicht das Bike der Wahl für Pendler oder Tourenfahrer sein dürfte. Dank des wandelbaren Rahmens und des Baukastensystems ist eine entsprechende Konfiguration jedoch kein Problem und ein weiteres, gutes Argument für das Titan-Rad aus Bayern.
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