Test: Mit dem Open U.P.P.E.R. hatten wir ein extrem leichtes und sehr edles Gravelbike im Test – ausgestattet mit Komponenten von Easton, denen das Rad als Showbike dient. Das U.P.P.E.R. zeigt, dass Kompromisse zwischen Rennrad und Gravel möglich sind und eine Menge Spaß bereiten können.
Open U.P.P.E.R.: Die Fakten
Rahmenmaterial: Carbon
Laufradgröße(n): 700c (650b kompatibel)
Maximale Reifenfreiheit: 40mm (700c) / 2,1″ (650b)
Achsmaß (v/h): 12×100 / 142×12
Schutzblechösen: Nein
Gepäckträgerösen (v/h): Nein
Flaschenhalter: Unterrohr oben, Unterrohr unten, Sitzrohr
Sonstiges: Ösen Oberrohr
Gewicht Laufräder v/h/gesamt (mit Reifen und Bremsscheiben): 1.380g / 1.506g / 2.886g
Gewicht Komplettrad ohne Pedale (Größe M): 7,7kg
Preis: ca. 8.000 Euro
Es ist noch nicht einmal ein Jahrzehnt her, dass der Hersteller Open Cycle das Licht der Welt erblickte – quasi ein Wimpernschlag in der langen und traditionsreichen Fahrradwelt. So ein echter Newcomer ist Open aber dann doch nicht; Name, Marke und Modelle natürlich schon, doch die beiden Gründer, Andy Kessler und Gerard Vroomen bringen langjährige Branchenerfahrung mit. Andy Kessler war unter anderem sieben Jahre CEO bei BMC, Gerard Vroomen einer der beiden Gründer von Cérvelo – an Know How mangelt es also definitiv nicht. Der Antrieb, um Open aus den Angeln zu heben war, wieder zu den Wurzeln zurückzukehren, weg vom Big Business. Wie sie selbst so schön sagen, ist ihre oberste Maxime, Räder zu bauen, die sie so auch selbst fahren würden. Dabei zielen sie mit ihrem Portfolio und ihrem Ansatz klar auf Liebhaber und Custom-Bike Fans – kein Open wird als Komplettrad angeboten, es gibt ausschließlich Rahmensets. Ebenso wird auf auffällige Designs verzichtet, stattdessen sind die Rahmen auch als RTP (ready-to-paint) erhältlich – also in nacktem Carbon, so dass die Käufer selbst über das Design entscheiden können.
Schon seit den Anfangszeiten von Open ist bei sämtlichen Modellen Carbon als Rahmenmaterial gesetzt und geringes Gewicht steht doch recht weit oben auf der Agenda. So ist es zweifelsfrei auch beim Open U.P.P.E.R., das mit ca. 880g (Rahmen in M ohne Gabel) wohl zu den leichtesten Gravelbike-Rahmen auf dem Markt derzeit gehört. Es handelt sich dabei quasi um die Superleich-Variante des Open U.P., das ca. 180g mehr auf die Waage bringt, sich ansonsten aber nicht vom U.P.P.E.R. unterscheidet. Na gut, ein nicht ganz unbedeutender Unterschied wäre da noch: Der Preis. Mit 2.900 Euro (Rahmenset inkl. Gabel) ist das U.P. bereits kostspielig, aber doch noch eine ganze Ecke günstiger als das 4.500 Euro teure U.P.P.E.R.
Neben dem U.P.(P.E.R.) hat Open mit dem WI.DE noch ein weiteres Gravelbike im ohnehin überschaubaren Portfolio von nur drei Modellen. Da braucht es natürlich eine Differenzierung zwischen den beiden Modellen – die könnte jedoch klarer nicht sein. Während das WI.DE eher die Offroad-Bikepacking-Fraktion bedienen dürfte, ist das von uns getestete U.P.P.E.R. ein Fall für Speed-Junkies, die sich aber auch von unbedeutenden Widrigkeiten wie Schotter oder unbefestigten Wegen nicht aufhalten lassen möchten.
Open begeht mit dem U.P. nicht den Fehler und opfert Vielseitigkeit für Geschwindigkeit – oder eben anders herum. Das zeigt sich auch an der großzügigen Reifenfreiheit: Wer mit kleinen 650b Laufrädern zurecht kommt, kann satte 2,1“ breite Mountain Bike Reifen verbauen, klassische 28“ Pneus passen bis 40mm durch Rahmen und Gabel. Wer möchte, kann aber dank des etwas höheren Tretlagers auch problemlos einen 28mm Straßenreifen fahren und hat ein schlankes, leichtes Rennrad für Asphaltausfahrten. Nicht gar so universell zeigt sich das U.P. beim Thema Montageoptionen. Zwar finden drei Flaschenhalter am Hauptrahmen Platz und das Oberrohr bringt auf der Oberseite zwei weitere Ösen für Taschen mit, doch wer Schutzbleche oder Gepäckträger montieren möchte schaut in die Röhre.
Ein so extremes und gleichzeitig vielseitiges Konzept geht natürlich nur dann auf, wenn die Geometrie stimmt. Hier wird’s dann jedoch kompliziert: Sollte man sich eher am klassischen Renner oder am modernen Gravelbike orientieren? Oder gar eine Mischung aus beidem wagen? An letzterem sind durchaus schon einige Hersteller gescheitert.
Geometrie Open U.P.P.E.R.
S | M | L | XL | |
Sitzrohr (in mm) | 520 | 540 | 560 | 580 |
Oberrohr horizontal (in mm) | 514 | 540 | 560 | 581 |
Steuerrohr (in mm) | 105 | 130 | 155 | 180 |
Kettenstrebe (in mm) | 420 | 420 | 420 | 420 |
Radstand (in mm) | 1002 | 1008 | 1014 | 1032 |
Lenkwinkel (in °) | 69.5 | 71 | 72.5 | 72.5 |
Sitzwinkel (in °) | 74 | 73.5 | 73.5 | 73.5 |
Reach (in mm) | 365 | 376 | 387 | 401 |
Stack (in mm) | 522 | 551 | 580 | 604 |
Auf dem Papier ist die Geometrie des Open U.P.P.E.R. sehr nahe an der eines modernen Rennrads bzw. Endurance Bikes. Der Lenkwinkel ist recht steil, die Kettenstreben kurz, die Sattelüberhöhung deutlich. Ein unterschied ist die Tretlagerabsenkung von 70mm, die eher der eines normalen Gravelbikes entspricht, um für ausreichend Bodenfreiheit im Gelände zu sorgen.
Bezüglich seiner Ausstattung nimmt das Open U.P.P.E.R. in unserem Test in zweierlei Hinsicht eine Sonderstellung ein: Da Open nun einmal keine Kompletträder anbietet, „mussten“ wir auf einem Custom Aufbau Platz nehmen – die folgenden Ausführungen beziehen sich also exklusiv nur auf unser Testrad. Noch spezieller wird unser U.P.P.E.R. außerdem, weil es sich hierbei um ein „Showbike“ von Easton handelt, das uns deren deutscher Vertrieb Bike Action (danke an dieser Stelle dafür!) für den Test bereit gestellt hat. Entsprechend häufig sind also Komponenten und Anbauteile des Herstellers aus Kalifornien verbaut. Bevor wir nun jedoch zu den Anbauteilen und den Komponenten kommen, lohnt es sich noch ein paar Worte zur U-Turn Gabel zu verlieren. Sie ist nicht nur extrem leicht (ca. 370g), sondern auch konsequent und elegant für Flatmount-Bremssättel konstruiert. Während an den meisten anderen Gabeln Adapter für die Befestigung nötig sind, werden die Bremsen an der U-Turn mit den passenden Schrauben schlicht direkt in die Gabel geschraubt – fertig.
All das macht es auch kompliziert, den Preis unseres Testrads zu beziffern. Wir haben dafür grob die derzeitigen „Straßenpreise“ der Komponenten addiert, den Rahmen dazu und eine kleine Pauschale für Kleinteile und Zubehör. So kommen wir in dieser Ausstattung auf ungefähr 8.000 Euro – sportlich! Selbiges gilt jedoch auch für das Gewicht: Mit fast schon sensationellen 7,7kg ist das Open in unserem Testfeld das mit großem Abstand leichteste Rad. Selbst wenn man den „schwereren“ U.P. Rahmen nutzen würde, wäre der Abstand zur Konkurrenz hier noch beachtlich.
Rahmen | Open U.P.P.E.R. |
Federgabel | Open U-Turn Carbon |
Laufräder | Easton EA70ax |
Reifen | Schwalbe G-One 35mm |
Schaltwerk | Shimano XT Di2 |
Schalthebel | Shimano Ultegra Di2 |
Kurbel | Easton EC90 SL |
Umwerfer | Ohne |
Bremse | Shimano Ultegra Disc |
Sattelstütze | Easton EC70 Carbon |
Sattel | Fizik Antares R1 Carbon |
Vorbau | Easton EA90 SL |
Lenker | Easton EC70 AX Carbon |
Bei der Schaltgruppe gibt’s das für den Gravelbereich Beste aus dem Hause Shimano – VOR der Einführung der aktuellen GRX Di2 Gruppe. Die an unserem Testrad verbauten Ultegra Di2 Hebel steuern nämlich ein XT Di2 Schaltwerk im Heck, das die Gänge auf einer 11-42er Kassette wechselt. So bekommt man hochwertige, ergonomische STIs, ein Schaltwerk mit Dämpfung für’s Gelände und eine breit abgestufte Kassette, um auch mit einem Kettenblatt für unterschiedliches Gelände gewappnet zu sein. Die 380% Bandbreite sind zwar nicht riesig, dürften für die allermeisten Fahrer jedoch ausreichen. Die erste Komponente mit Easton Schriftzug begegnet uns bei der Kurbel: Die hier verbaute EC90 SL ist nicht nur schön anzuschauen, sondern mit 350g (ohne Kettenblatt) auch eine der leichtesten Kurbeln auf dem Markt überhaupt.
Auch der Blick auf die Laufräder offenbart direkt mehrere Easton Schriftzüge. Der EA70 AX Laufradsatz bildet den Einstieg in die Gravel-Laufräder aus dem Hause Easton und gefällt trotz auch hier geringem Gewicht mit einer üppigen Maulweite von 24mm. Ein schönes Beispiel dafür, dass es auch bei einem sehr leichten Laufradsatz nicht immer zwangsläufig Felgen aus Carbon sein müssen. Darauf montiert waren in unserem Fall 35mm breite Schwalbe G-One Reifen. Dank der breiten Felge sind hier nach oben jedoch keine Grenzen gesetzt – und klar: Tubeless-kompatibel sind die EA70 AX ebenfalls.
Weiter geht’s in der munteren Easton-Parade beim Cockpit: Die Kombination aus EA90 SL Vorbau und EC70 AX Lenker wird auch an anderen hochwertigen Gravelbikes verbaut und ist ergonomisch und gewichts-technisch gleichermaßen eine gute Wahl. Der Lenker bietet mit 16° zwar durchaus spürbar ausgestellte Lenkerenden, ist jedoch nicht so extrem, dass sich Neulinge direkt unwohl fühlen dürften. Vom Cockpit einmal entlang des Oberrohrs zum Sitzbereich. Hier verrichtet eine Easton EC70 AX Carbon Stütze ihren Dienst, darauf montiert ist der gewohnt gute Fizik Antares in der edlen R1 Carbon Variante.
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Let’s Gravel – Open U.P.P.E.R.
Das Open U.P.P.E.R. Testbike offenbart sich uns in schlichtem, wie hochwertigem Design und kann durch eine erstklassige Verarbeitung überzeugen. Durch die Anbauteile von Easton und den sportlichen Rahmen kommt das Bike auf ein wahnsinniges Gesamtgewicht von 7,7 Kilogramm, was selbst für ein Highend-Gravelbike eine richtige Ansage ist. Das gute Gewicht macht sich selbstverständlich in den Kletterpassagen deutlich bemerkbar und erleichtert es uns Anstiege in Angriff zu nehmen und zu bewältigen. Allerdings dürfte uns hier die Schaltungsbandbreite mit maximal 42 Zähnen hinten und nur einem Kettenblatt an der Front etwas in die Quere kommen und besonders steile oder längere Anstieg doch nicht ganz so entspannt machen wie erhofft.
Aber gehen wir nochmal einen Schritt zurück. Das Open U.P.P.E.R. wendet sich mit seiner sportlichen aber dennoch ausgewogenen Geometrie vor allem an Fahrer die es gerne mal flotter mögen. Hier werden besonders Rennradfahrer, die auch mal den Asphalt verlassen wollen angesprochen. Dennoch wird trotz Geschwindigkeit ein gewisser Komfort nicht vernachlässigt. Genauso sportlich ausgewogen wie die Geometrie ist nämlich auch die Performance des Bikes. Denn neben einem angenehmen Fahrkomfort ist auch die Beschleunigung des Open Gravlers nicht zu verachten und sorgt für die nötige Sportlichkeit. Hier profitiert man nämlich nicht nur vom geringen Gewicht des Bikes, sondern kann auch die gute Kraftübrtragung deutlich spüren und die eingesetzte Kraft in Vortrieb umwandeln.
Vor lauter Sportlichkeit wird aber dennoch eine gewisse Ruhe nicht ganz außer Acht gelassen und das Open U.P.P.E.R lässt sich dank direktem Handling präzise und sicher steuern ohne bei höheren Geschwindigkeiten nervös zu werden und seine Laufruhe zu verlieren.
Über die Ausstattung müssen wir eigentlich gar nicht mehr viel sagen. Die Kombination aus Ultegra Di2 Hebeln und XT Di2 Schaltwerk funktioniert gut und macht für den rennradaffinen Gravelfahrer sicherlich Sinn. Die Ergonomie der hochwertigen Anbauteile ist sehr angenehm und lässt kaum Luft nach oben.
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