Radsport: Wout van Aert geht nach seiner Performance bei der Tour de France als Favorit in die Straßen-WM der Herren. Kann sich der Belgier in Imola tatsächlich das Regenbogentrikot überstreifen?
Straßen-WM: Ein Kurs für die Puncheur?
Mit Start und Ziel auf der Rennstrecke in Imola ist der Rundkurs der Weltmeisterschaft 28,8 Kilometer lang. Insgesamt neunmal gilt es ihn zu befahren, so dass die Profis letztendlich satte 258,0 Kilometer und in etwa 5.000 Höhenmeter zu meistern haben. Der Mazzolano-Anstieg (2,8 km á 5,9 %) und die Cima Gallisterna (2,7 km á 6,4 %) werden die (Vor-)Entscheidung bringen. Nach der letzten Überquerung geht es noch einmal bergab, ehe der Sieger zur Triumph-Fahrt auf der Imola-Rennstrecke ansetzen kann – sollte er als Solist ankommen.
Deutsche Starter
Ohne Emanuel Buchmann und ohne Lennard Kämna bestreitet der BDR die WM in Imola. Auf Grund der fordernden Tour de France haben sich beide Profis gegen einen Start entschieden. Dennoch haben die Deutschen einen Trumpf in der Hand. Maximilian Schachmann dürfte dazu in der Lage sein, in den Anstiegen mit den Besten mitzugehen. Simon Geschke ist ein Mann für die Ausreißergruppe. John Degenkolb könnte überraschen, sollte das Rennen wenig hart ausgefahren werden.
57) Nikias Arndt
58) John Degenkolb
59) Nico Denz
60) Simon Geschke
61) Jonas Koch
62) Paul Martens
63) Maximilian Schachmann
64) Georg Zimmermann
Starter aus der Schweiz
Und auch die Schweiz darf sich berechtigte Hoffnungen auf eine Medaille in Imola machen. Mit Marc Hirschi haben die Eidgenossen wohl DIE Entdeckung der Tour de France in ihren Reihen. Hat er sich von den dreiwöchigen Strapazen in Frankreich gut erholt, müssen wir ihn auf der Rechnung haben.
112) Michael Albasini
113) Silvan Dillier
114) Enrico Gasparotto
115) Marc Hirschi
116) Simon Pellaud
117) Michael Schär
Österreichs Starter
Nicht in den Kampf um die Medaillen eingreifen werden bei der Straßen-WM wohl die Österreicher. Mit Gergor Mühlberger, Patrick Konrad und Michael Gogl fehlen die drei wohl stärksten Profis aus der Alpenrepublik. Daher wird man sich in Gruppen präsentieren müssen und auf ein Wunder hoffen, damit sich die Favoriten mächtig verzocken.
134) Tobias Bayer
135) Marco Friedrich
136) Felix Gall
137) Sebastian Schönberger
138) Markus Wildauer
139) Riccardo Zoidl
Velomotion-Prognose: Ein starker Puncheur wird durchkommen
Die Wettervorhersage für morgen dürfte nur wenigen gefallen: Regen und maximal 15 °C. Dadurch sinken die Siegchancen der schmal gebauten Bergfahrer aus wärmeren Gefilden. Und sie steigen für die leidgeprüften Klassiker-Spezialisten. Ein solcher ist zweifelsohne Wout van Aert. Der Belgier hat zudem bei der Tour de France gezeigt, dass er bergauf immer stärker wird. Sprinten kann er sowieso. Und gestern wurde er im Zeitfahren Vize-Weltmeister. Also eigentlich können wir die Goldmedaille schon an ihn vergeben – eigentlich! Denn auch wenn sein Team mit Jasper Stuyven, Tim Wellens, Oliver Naesen, Greg Van Avermaet und Tiesj Benoot wie gemacht ist für einen solchen Tag, dürfte auf sie alle eine Menge Arbeit warten. Denn: Nicht nur wir wissen, dass Wout van Aert in dieses WM-Rennen als klarer Favorit geht. Die Konkurrenz weiß das auch!
Und so werden wir mit unserem Velomotion-Tipp nicht auf Wout van Aert setzen. Ein logischer Rennverlauf wäre, dass sich direkt nach dem Start eine Spitzengruppe bildet. Diese wird vor allem durch das Belgische Nationalteam unter Kontrolle gehalten. Spätestens wenn es in die vorletzte Runde geht, wird es bergauf Attacken von starken Fahrern hageln. Jemand wie Michael Woods, Vincenzo Nibali oder Rui Costa könnte einen frühen Vorstoß wagen. Das Ziel: Die Helfer von Wout van Aert müssen weg! Und dieses Vorhaben wird auch gelingen. Denn so stark das belgische Team auch sein mag … die Top-Puncheur werden sie nicht in Schach halten können.
Wenn es zum letzten Mal den Mazzolano-Anstieg und die Cima Gallisterna hinauf geht, müssen die Angriffe sitzen. Wout van Aert wird keine Helfer mehr an seiner Seite haben und nicht jede Attacke selbst mitgehen können. Setzen sich dann ein, zwei oder drei Profis ab, muss der Belgier in der Verfolgergruppe alleine ackern. Denn mit ihm gemeinsam möchte niemand auf der Zielgeraden in Imola landen. Stellt sich nur die Frage: Wer kann ein solches Ding durchziehen? Wir tippen auf den Schweizer Marc Hirschi! Er hat bewiesen, dass er bergauf nur schwer zu distanzieren ist, wenn die Anstiege nicht zu lange sind. Außerdem kann er im Sprint ziemlich viele Fahrer hinter sich lassen. Und bergab rast er wie kaum ein Zweiter. Setzt er sich im Schlussanstieg gemeinsam mit Julian Alaphilippe ab, ist das Duo sowieso nicht mehr einzufangen.
☆☆☆ Marc Hirschi
* * Julian Alaphilippe, Tadej Pogacar
* Wout van Aert, Michal Kwiatkowski, Maximilian Schachmann