Test Scicon Aeroscope: Die Brille, mit der Tadej Pogačar die Flandern-Rundfahrt gewann, ist nun auch für Normalsterbliche erhältlich. Der hochpreisige Augenschutz lockt mit großflächiger Gesichtsabdeckung und vielen Verstellmöglichkeiten – lohnt sich die Investition?
Bei Scicon denkt so mancher erst einmal an Radtaschen bzw. -koffer, und der Transport der Rennmaschine im Flugzeug und anderswo ist in der Tat das Kerngeschäft der 1980 gegründeten Marke aus Norditalien. Doch das Sortiment hat sich längst diversifiziert, und seit 2018 beschäftigt sich Scicon auch mit dem Thema Sportbrillen. Und das ziemlich erfolgreich, sieht man sich die Fahrer und Teams an, die den Augenschutz der Marke nutzen. So gewann Tadej Pogačar die Tour de France mit Scicon-Brillen, und als er in diesem Frühjahr zum Sieg bei der Flandern-Rundfahrt stürmte, trug er ein zu jenem Zeitpunkt ganz neues Modell: die Scicon Aeroscope.
Scicon Aeroscope: Radbrille mit großer Scheibe
Im Radsport geht der Trend zu großen Brillen, und die Aeroscope macht keine Ausnahme: Nach oben hin reicht ihre rund 6,5 cm hohe Scheibe bis an den Helm, zur Mitte hin bis zu den Nasenflügeln. Fremdkörper haben es da schwer, und auch der Fahrtwind wird wirksam abgehalten, was bei vielen schmaleren Radbrillen nicht so gut funktioniert. Frischluft dringt einzig durch eine Öffnung oberhalb der Nase, wo die Scheibe im Rahmen befestigt wird. Dieser fasst die Scheibe fast komplett ein, was nicht unbedingt allen gefällt – beim Blick zur Seite oder nach unten kann er nämlich im Sichtfeld liegen. Hier bewährt sich der transparente Rahmen der Test-Brille („glänzend Kristall“), der beim Schulterblick usw. kaum auffällt.
Transparente Scheibe im Lieferumfang
Mit 17 % Lichtdurchlässigkeit ist die in Bronze verspiegelte Scheibe des Testmusters auf sehr sonniges Wetter abgestimmt, wobei die Brille bei leichter Bewölkung nicht allzu dunkel wirkt. Andere Glasvarianten lassen mehr (Pink: 50 %) oder weniger Licht durch (Blau verspiegelt: 11 %), und auch eine photochrome Version hat Scicon im Angebot. Wenn die Schutzwirkung der Brille witterungsbedingt eher Fremdkörpern oder Regen gilt, ist die beigelegte transparente Scheibe in ihrem Element. Um das Glas auszutauschen, ist zwar ein gewisser Kraftaufwand nötig, doch insgesamt klappt es recht gut.
Ein auffälliges Merkmal der Aeroscope ist die starke Neigung der Scheibe, die um 12° nach vorne gekippt ist. Das soll gewährleisten, dass die Brille gut mit dem Radhelm harmoniert, und hat dazu einen anderen Vorteil: Da die Scheibe nicht die Stirn berührt, kommt es praktisch nicht vor, dass Schweißtropfen von der Stirn auf die Scheibe rinnen und die Sicht verschlechtern. Je nach Form und Position des Helms können Helm und Brille aneinanderstoßen, was dazu führen kann, dass man die Aeroscope etwas weiter vorne/unten auf der Nase trägt. Für diesen Fall bewähren sich die um gut einen Zentimeter in der Länge verstellbaren, biegsamen Bügelenden, die mit ihrer Gummierung für guten Halt am Kopf sorgen. Die Höhenverstellung des Nasenpolsters um ca. 5 mm erscheint angesichts der großen Gesamthöhe der Brille nicht sehr sinnvoll, funktionierte beim Testexemplar aber ohnehin nicht so recht.
Hoher Tragekomfort trotz großer Bauform
Die Scicon Aeroscope mag groß sein, auf den Tragekomfort wirkt sich dies jedoch nicht nachteilig aus: Im Gesicht ist die Brille kaum zu spüren und hinter der Scheibe ist es fast komplett windstill. Letzteres ist natürlich sehr angenehm, hat bei starker Hitze jedoch auch den Nachteil, dass Schweiß, der sich um die Augen im Gewicht bildet, nicht so gut verdunsten kann. Dieses Problem trat beim Tragetest allerdings erst nach längerer Fahrt und oberhalb von 30° C auf.
Scicon bietet die neue Aeroscope neben der hier vorgestellten Variante auch mit schwarzem, grauem und weißem Gestell an, dazu ins insgesamt sechs Glasvarianten. Mit 220 Euro bzw. 250 Euro führ die photochrome Version ist die Aeroscope kein Schnäppchen, allerdings gehört eine interessante Garantieleistung zum Lieferumfang: Zerkratzte Scheiben werden von Scicon kostenlos ausgetauscht, und zwar lebenslang und bis zu zwei Mal pro Jahr. Sonderlich sorgsam muss man mit dieser Radbrille also nicht umgehen, zumal der Hersteller zahlreiche Ersatzteile anbietet. Wobei jedenfalls für den Transport ein stabiles Etui mitgeliefert wird – und damit schlägt Scicon gekonnt den Bogen zu seinem Kernsortiment, den Radtaschen.