Test Giant Revolt X Advanced Pro 1: Mit Federgabel, Dropper Post und breiten Reifen wirkt das Revolt X wie ein typisches Trail-Gravelbike. Dabei verfügt es über eine ausgesprochen rennorientierte Geometrie und ist auch für den Bikepacking-Einsatz zu haben.
Mit dem Giant Revolt X Advanced Pro stellt der weltgrößte Radhersteller seinem Gravelbike Revolt ein neues Modell zur Seite, dessen Besonderheit nicht zu übersehen ist: Alle Revolt X sind mit einer Federgabel ausgestattet. Die teureren Bikes verfügen über die RockShox XPLR Ultimate mit Blockierfunktion; die einfacheren Ausführungen sind mit der eigens für Radhersteller produzierten XPLR ohne Lockout ausgestattet.
Ein wichtiger Aspekt ist, dass das Revolt X auf einem eigenen Rahmen basiert. Dieser verfügt über ein kürzeres Steuerrohr, um Raum für die längere Gabel zu schaffen. Es ist also nicht so einfach möglich, ein Revolt X auf Starrgabel umzurüsten; an einem Vorjahres-Revolt eine Federgabel nachzurüsten, wäre auch keine gute Idee, denn es hätte deutliche Geometrie-Veränderungen zur Folge.
Federgabel und rennmäßige Geometrie
Überhaupt, die Geometrie: Mit 72° Lenkwinkel und 575 mm Oberrohrlänge ist das Giant eher wie ein Gravel-Racebike geschnitten. Trail-Gravelbikes verfügen normalerweise über einen Lenkwinkel zwischen 69-70° und ein längeres Oberrohr, d. h. mehr „Reach“. Dies wird dann durch einen kurzen Vorbau ausgeglichen, der für ein handliches Lenkverhalten sorgt. Beim Revolt X kommt ebenfalls ein kurzer (80 mm) Vorbau zum Einsatz, was gerade in der Oberlenkerhaltung zu einer sehr kompakten Sitzhaltung führt. Wer die SRAM-Griffe umfasst, findet dann zu einer sehr angenehmen Position. Der Unterlenker wiederum ist ziemlich weit weg, da der Lenker stark nach oben gedreht ist. Besser wäre es, die Lenkerenden annähernd waagerecht zu positionieren und dafür die Schaltbremsgriffe weiter oben anzubringen.
Trotz der Kombination aus kurzem Vorbau und steilem Lenkwinkel führt sich das Revolt X nicht nervös an. Der Geradeauslauf ist gut; im direkten Vergleich zu Gravelbikes ohne Federgabel meint man, das Rad mit etwas mehr Nachdruck zum Einlenken bringen zu müssen. Nach ein paar Kurven fühlt man sich mit dem Charakter der Lenkung freilich sehr wohl. Die Fahrsicherheit bei hohem Tempo ist tadellos, ebenso der Vortrieb. An extremen Steilstücken fällt allerdings auf, dass das Vorderrad schneller als bei anderen Gravelbikes dazu tendiert, den Bodenkontakt zu verlieren. Das mag mit dem nicht übermäßig langen Radstand zusammenhängen, wobei die FlipChip-Ausfallenden hinten bereits in der Position „Long“ waren, die im übrigen bis zu 53 mm breite Reifen zulässt. In Sachen Vortrieb lässt einen das rund zehn Kilo schwere Bike nicht im Stich; gerade mit blockierter Gabel kommt „Gravel Race“-Feeling auf – eigentlich die Domäne des klassischen Revolt.
SRAM Rival AXS und Carbon-Radsatz
Giant spendiert dem Revolt X Advanced Pro 1 eine hochwertige Ausstattung, die gut zum Einsatzzweck passt. Die SRAM Rival AXS kommt in der Eagle-Version mit 10-52er Kassette, mit der man so ziemlich alles hochfahren kann – genug Grip vorausgesetzt, denn die 45er Maxxis Rambler, die ab Werk schlauchlos montiert werden, sind nicht allzu stark profiliert. Montiert sind die Reifen auf einen sehr leichten Carbon-Radsatz mit extrem lautem Zahnscheibenfreilauf; wer rollen lässt, wird auf dem Giant Revolt X bestimmt nicht überhört.
Offensichtliches Highlight des Giant ist natürlich die feinfühlig ansprechende Federgabel, die trotz des kurzen Weges von 40 mm nicht zum Durchschlagen neigt – auch nicht, wenn sie weich abgestimmt ist. Im Wiegetritt wird sie merklich eingedrückt, was aber nicht weiter störend ist; falls doch, kann sie natürlich blockiert werden. Mit einer Federgabel gravelt es sich ganz anders: Steine, Wurzeln und Querrinnen können einfach überrollt werden, wo man auf einem Standard-Graveller schon das Vorderrad hochziehen muss. Auf verblockten Abschnitten ist man dadurch definitiv schneller unterwegs.
Absenkbare Federstütze
Besonders interessant ist die RockShox-Forke in Kombination mit einem anderen Ausstattungsdetail: Giant spezifiziert eine Dropper Post (absenkbare Sattelstütze) mit etwa 30 mm Federweg – und die macht das Giant so komfortabel wie kaum ein anderes Gravelbike. Ein Fully ist das Revolt X natürlich immer noch nicht; Stöße, die vorne von der Gabel absorbiert werden, werden aber hinten von der Stütze geschluckt oder mindestens geglättet– super, denn so kann man einfach sitzen bleiben, statt immer wieder aus dem Sattel gehen zu müssen. Beim Draufsetzen sinkt die Stütze um etwa einen Zentimeter ein; dieser Negativ-Federweg sorgt dafür, dass man auf holperigem Untergrund nicht auf und ab hüpft. Wer’s beim Graveln bequem haben will, ist mit der Kombination aus Federgabel und -stütze extrem gut bedient.
Aktiviert wird die Dropper Post mit einem am Lenkerbogen angebrachten Hebel, der beim Greifen nie stört und immer gut erreichbar ist. Die Stütze bietet insgesamt 100 mm Verstellweg; senkt man sie komplett ab, kann man nur noch mit Mühe treten, bringt dafür aber den Körperschwerpunkt weiter nach unten, was an steilen Abfahrten hilfreich sein kann. Ob man diese Funktion am Gravelbike wirklich braucht, ist Ansichtssache; die Sattelfederung ist jedenfalls ein echtes Komfort-Plus.
Vielseitig bis hin zum Bikepacking
Damit ist das Giant Revolt Advanced X nicht zuletzt sehr vielseitig. Mit seiner sportlichen Geometrie und der Option, die Federgabel zu blockieren, weist es durchaus Renn-Gene auf; mit dem von Giant angebotenen Taschen-Set steht Bikepacking-Touren nichts entgegen. Und für den Trail-Einsatz mit zwei Zoll breiten Reifen ist das Rad ohnehin wie geschaffen. Neben dem Testbike gibt es übrigens noch eine teurere Version (Revolt X Advanced Pro 0 mit SRAM Force AXS und Fox-Gabel, 7.499 Euro) und eine günstigere (Revolt X Advanced Pro 2 mit SRAM Apex AXS und RockShox-Gabel ohne Lockout, 4.799 Euro). Mit dem Revolt X (SRAM Apex mechanisch und RockShox-Gabel ohne Lockout, 2.999 Euro) gibt es außerdem ein Alu-Modell, das vom Carbonrad optisch kaum zu unterscheiden ist.