Test BH GravelX 1.8: Die neue Alu-Version des GravelX gefällt mit viel Sportlichkeit, hochwertiger Ausstattung und gelungener Optik. Gerade in der Variante mit 2×12 Gängen liegt es sehr nah am Rennrad – wer also ein günstiges Bike für Schotterwege und Asphalt sucht, sollte sich das BH etwas genauer ansehen.
Ein Gravel-Racebike muss einen Carbonrahmen haben – oder? Bei den Gebrüdern Beistegui im Baskenland ist das gar nicht so sicher. Kann ja sein, dass jemand gerne sportlich auf dem Gravelbike sitzt, dabei aber nicht ganz so viel Geld ausgeben mag. Oder ein Zweitrad sucht, das im Spannungsfeld von Gravel, Straße und Cyclocross angesiedelt ist.
In diesem nämlich befindet sich das neue BH GravelX 1.8, die Aluminium-Schwester des vor gut einem Jahr vorgestellten GravelX Evo (vormals GravelX R). Dieses Rad kam bei mir schon ziemlich gut an als Grenzgänger zwischen off- und onroad; dass mich das BH GravelX 1.8 ansprechen würde, war also naheliegend. Also: Kann das mit 2.499 Euro recht interessant ausgepreiste Rad dem zweimal so teuren Carbon-Modell nacheifern?

Alu- und Carbon-Rad mit gleicher Geometrie
Neben der weitgehend identischen Geometrie sind sich beide Gravelbikes auch optisch sehr ähnlich. Die Gabel ist sogar dieselbe, die am 2024er Carbonrad zum Einsatz kam – am aktuellen Topmodell gibt es keine Gewindebohrungen mehr. Alu- wie Carbon-Bike sind zudem nahezu identisch lackiert. Am neuen Aluminiumrahmen fallen weiterhin die sehr schön beigearbeiteten Schweißnähte auf, die den Metallrohren eine glatte Carbon-Optik verleihen. Technisch hat das GravelX 1.8 der großen Schwester sogar etwas voraus: Das Alu-Modell ist das erste BH-Gravelbike mit UDH-Standard, es könnte also auch mit den neuen Gravel-Schaltwerken von SRAM aufgebaut werden.
Als erstes Alu Gravelbike der Marke ist das BH GravelX 1.8 außerdem mit am Cockpit komplett integrierter Zug- und Leitungsführung ausgestattet. Und das bedeutet hier auch wirklich „komplett integriert“, denn alles verläuft wirklich im Lenker und durch den Vorbau. So etwas sieht man nicht alle Tage; allerdings heißt das auch, dass ein Tausch von Lenker oder Vorbau nur mit großem Aufwand möglich ist.
Cockpit mit komplett unsichtbaren Leitungen
Aber wieso sollte ich auf die Idee kommen, den Vorbau zu wechseln? Das mir zur Verfügung gestellte Testrad in Größe SM wäre mir mit 184 cm Körpergröße laut BH-Größenrechner eigentlich zwei Nummern zu klein. Die Sattelstütze lässt sich allerdings weit genug ausziehen, und mit 120 mm Steuerrohrlänge ergibt sich eine Überhöhung, die für den sportlichen Einsatz wie geschaffen erscheint. Nur ist das Rad ziemlich kurz, und auch die 7 mm mehr Reach der nächsten Größe ändern daran ziemlich wenig. Das kleinere Rad zu wählen hat aber noch einen Nachteil: Der Vorderbau ist so kurz, dass ich mit Schuhgröße 44 bei starkem Lenkeinschlag mit dem Schuh an den Reifen stoße. Größe MD bietet hier 11 mm mehr Luft. Beim Fahren kommt der „Toe overlap“ allerdings praktisch nie vor.
Durch einen etwas längeren Vorbau würde das extrem agile BH GravelX 1.8 sicher an Laufruhe gewinnen, wobei man sich an die superhandliche Lenkung durchaus gewöhnen kann. Das Rad setzt Lenkbefehle sofort um, und wer sich mit den knapp 42 mm breiten Hutchinson Touareg auf verwinkelte, wurzelige Trails wagt, weiß die große Handlichkeit des Gravel-Racers bald zu schätzen. Ebenso den soliden Vortrieb, der das recht hohe Gewicht des BH vergessen lässt. Ohne alles wiegt das Rad in der kleinen Größe genau zehn Kilo und 40 Gramm; auf einer eher flachen Testfahrt zeigt es damit keine bremsende Wirkung. 3,8 Kilo wiegt der Laufradsatz – mit dem Carbon-Radsatz des letztjährigen BH GravelX R 6.5 würde man satte 500 Gramm einsparen und den Gewichtsunterschied der zwei Bikes fast halbieren. Und man könnte noch an weiteren Stellschrauben drehen, etwa indem man dem BH eine Carbonsattelstütze spendiert – das brächte weitere 100 Gramm sowie ein gewisses Komfort-Plus.
Ein Bike für den Wechsel zwischen Straße und Gelände
Erst einmal fühlt sich das Alu-Rad freilich nicht sonderlich hart an. Holperige Schotterwege bügeln die breiten, mit 2,2 bar befüllten Reifen glatt; unter dem recht geringen Druck leidet allerdings der Rollwiderstand auf Asphalt. Und gerade für den nahtlosen Übergang zwischen Gelände und Straße ist das BH perfekt geeignet. Die Basken statten das 1.8 mit Shimano GRX 2×12 aus und verwenden dabei den GRX-610-Kurbelsatz mit 46/30 Zähnen sowie eine 11-34er Kassette. Damit ist das Gravelbike ebenso fein, wenn auch etwas kürzer abgestuft wie (bzw. als) ein Rennrad, wobei die breiten Reifen für eine etwas längere Entfaltung sorgen. Wer keine Straßen-Ambitionen hat und stattdessen die schnellere Schaltbarkeit eines 1x-Getriebes bevorzugt, bekommt das Rad als GravelX 1.5 auch mit Shimano GRX 610/820 1×12, dann mit 11-45er Kranz und 40er Kettenblatt. Diese Variante ist übrigens glatte 500 Euro günstiger, dabei bis auf den Shimano-Radsatz und die abweichende GRX-Mischung identisch ausgestattet.
Mit 1x-Antrieb 500 Euro günstiger
Für welche Variante man sich auch entscheidet – Fahrspaß ist auf dem schnittigen Alu-Racebike garantiert. Trotz des agilen Charakters führt das Rad kein unangenehmes Eigenleben und lenkt sich sehr neutral ein; die fein profilierten Reifen bieten dabei auch auf lockerem Untergrund viel Grip. Der Lenker ist nicht allzu breit, was gut für eine aerodynamische Sitzhaltung ist, auf Trails aber nicht negativ auffällt. Ein, zwei Kleinigkeiten gibt es aber schon, die BH hätte besser machen können. Nach wie vor sind die vier Gewindebohrungen auf dem Unterrohr unbefriedigend: Der Flaschenhalter ist einfach zu hoch positioniert; würde das obere Schraubenpaar 2,5 cm nach unten rücken, hätte man die Wahl zwischen zwei Faschenhalter-Positionen. Abgestimmt ist das alles auf die hauseigenen Aero-Flaschen plus Werkzugbox.
Schade ist außerdem, dass die perfekte Innenverlegung am Cockpit nicht in den Kettenstrebe gespiegelt wird – hier laufen Schaltzug und Bremsleitung außen, was nicht mehr ganz zeitgemäß ist, aber natürlich die Montage erleichtert.
Mehr Kritik gibt es dann aber auch nicht, und diese zwei Punkte kann man angesichts der guten Performance des BH GravelX 1.8 vernachlässigen. Als recht preiswertes, sportliches Alu-Gravelbike kann das Bike der Brüder Beistegui insgesamt voll überzeugen.










