Test: Das Cube Stereo zählt im Portfolio des deutschen Herstellers schon seit vielen Jahren zu den festen Größen. Für das Modelljahr 2016 hat man das Allround-Trailfully jedoch komplett überholt – mit moderner Geometrie und in einigen Varianten mit leichtem Carbonrahmen. Wir hatten Gelegenheit das knapp 4.000€ teure Cube Stereo 140 C62 SL 29 ausführlich unter die Lupe zu nehmen.
Cube Stereo 140 C:62 SL 29: Rahmen und Hinterbau
Das große Highlight des Stereo 140 C:62 SL 29 ist der edle Rahmen aus Carbon. Während der Hightech-Werkstoff früher vor allem mit Leichtbau und Rennmaschinen in Verbindung gebracht wurde, spendieren in den vergangenen Jahren immer mehr Hersteller auch ihren potenteren Bikes Rahmen aus Kohlefaser. Die Gründe dafür sind vielfältig: Nicht nur besitzt Carbon verglichen mit Aluminium unbestritten ein besseres Steifigkeits-/Gewichtverhältnis, sondern moderne Produktionsverfahren haben das einst für seine Fragilität berüchtigte Material deutlich widerstandsfähiger gemacht. Es ist kein Zufall, dass inzwischen selbst Downhillräder mit Carbonrahmen erhältlich sind. Cube zählt in diesem Bereich zweifelsohne zu den Vorreitern und bietet schon seit einiger Zeit auch unter den Fullies außerhalb des XC-Bereichs Modelle mit Carbonrahmen an.
Neu für das aktuelle Modell des Cube Stereo 140 ist der Boost-Standard: Breitere Naben an Vorder- und Hinterrad erlauben die Konstruktion stabilerer Laufräder, was vor allem an 29ern wie dem SL 29 durchaus Sinn ergibt und ermöglichen zudem eine optimierte Kettenlinie mit weniger Schräglauf. Bewährt hingegen ist das Hinterbaudesign: Der 4-Gelenker mit Horstlink am Ausfallende bietet eine ausgewogene Charakteristik mit leichter Progression, um dem Durchsacken des Dämpfers im mittleren Federweg einen Riegel vorzuschieben.
Am Design der Cube-Bikes scheiden sich seit jeher die Geister – das wird sich auch mit dem Stereo 140 wohl kaum ändern: Ein glänzend-schwarzes Finish mit großflächig blau-türkisfarbenen Logos und optisch perfekt abgestimmten Anbauteilen bis hin zu Gabeldecals und Zughülsen. Ein wirklich rundes Gesamtbild mit viel Liebe zum Detail, auch wenn das Bike dem einen oder anderen puristen so einen Tick zu durchgestylt sein könnte. Aber: Geschmäcker sind wie immer verschieden.
Cube Stereo 140 C:62 SL 29: Geometrie
Auch wenn die Daten auf dem Papier das Cube Stereo 140 in die Nähe moderner Trailbikes rücken, zeigt sich bei näherer Betrachtung, dass der erste Eindruck hier ein wenig täuscht. Klar: Mit 140mm Federweg, 29″ Laufrädern und einem flachen Lenkwinkel von 68° fühlt sich das Cube auch auf den Trails pudelwohl. Der fast 75° steile Sitzwinkel verspricht zudem richtig viel Druck auf den Pedalen und einen entsprechend guten Vortrieb.
Cube Stereo 140 SL 29 Geometrie
16" | 18" | 20" | 22" | |
Sitzrohr (in mm) | 370 | 420 | 470 | 520 |
Oberrohr horizontal (in mm) | 570 | 590 | 608 | 619 |
Steuerrohr (in mm) | 110 | 120 | 130 | 150 |
Kettenstrebe (in mm) | 446,5 | 446,5 | 446,5 | 446,5 |
Radstand (in mm) | 1143 | 1164 | 1182 | 1194 |
Lenkwinkel (in °) | 68 | 68 | 68 | 68 |
Sitzwinkel (in °) | 74,7 | 74,7 | 74,7 | 74,7 |
Reach (in mm) | 404 | 421 | 436 | 440 |
Stack (in mm) | 627 | 637 | 646 | 664 |
Gegen den Strom schwimmt man bei Cube beim Thema Kettenstrebenlänge. Während sich hier viele andere Hersteller derzeit gegenseitig unterbieten, spendiert der deutsche Hersteller seinem Carbon-Boliden fast 450mm lange Streben. Zwar büßt das Stereo damit etwas an Agilität ein, gewinnt jedoch – gerade im Uphill – andere Qualitäten. Auffällig ist zudem der sehr hohe Stack (646mm in Größe 20″/L). Das deutet auf eine eher entspannte und komfortable Sitzposition hin.
Insgesamt ist die Geometrie des Cube Stereo 140 sehr interessant – gerade weil man eben nicht alle Trends des Markts momentan mitmacht.
Cube Stereo 140 C:62 SL 29: Ausstattung
Rahmen | C:62 Carbon Monocoque Boost 148 |
Federgabel | FOX 34 Float FIT4 Boost |
Dämpfer | FOX Float DPS |
Laufräder | DT CSW AM 3.9 Straightull Boost |
Reifen VR | Schwalbe Hans Dampf Kevlar 2.35 Trailstar |
Reifen HR | Schwalbe Rock Razor Kevlar 2.35 PaceStar |
Schaltwerk | Shimano XT M8000 |
Schalthebel | Shimano XT M8000 |
Kurbel | Race Face Turbine Cinch 34/24t |
Umwerfer | Shimano XT M8020 |
Bremse | Shimano XT M8000 |
Bremsscheiben | Shimano IceTec 180/180 |
Sattelstütze | Rock Shox Rever Stealth 150mm |
Sattel | Selle Italia X1 Trail |
Vorbau | Cube Performance Trail |
Lenker | Cube Rise Trail Bar Pro Carbon 750mm |
Wer befürchtet, beim Preis von unter 4.000€ für ein Carbon-Fully Abstriche in puncto Ausstattung machen zu müssen, den können wir zumindest im Falle des Stereo 140 beruhigen. Auch wenn man auf Edel-Parts verzichten muss, kommen durchweg hochklassige Komponenten zum Einsatz, die nur wenig Grund zur Beanstandung geben. Durchaus interessant ist die Entscheidung, beim Antrieb nicht auf einen Umwerfer zu verzichten und eine 2-fach Kurbel zu verbauen. Viele Bikes dieser Klasse setzen mittlerweile konsequent auf nur noch ein Kettenblatt, viele bieten nicht einmal mehr die Möglichkeit, im Nachhinein einen Umwerfer zu montieren.
Nicht so beim Stereo 140: Der Shimano XT-Antrieb mit 11-40 Kassette wird mit einer 2-fach Kurbel aus dem Hause Race Face kombiniert. Die optisch wie technisch edle Turbine passt hervorragend zum Rad und bietet eine durchaus angenehme Abwechslung. Die Kettenblätter der Kanadier haben ohnehin schon seit vielen Jahren einen hervorragenden Ruf, den sie auch während unseres Tests wieder bestätigen konnten. Der 2-fach Antrieb mit 34/24 Kettenblättern bietet auch dank der breit abgestuften Kassette eine enorme Bandbreite, die für fast jede Steigung und jedes Fitnesslevel die passende Übersetzung bereithalten dürfte. Erkauft wird die Gangvielfalt aber mit etwas mehr Leitungsgewirr, ein paar Gramm Mehrgewicht und dem nicht ganz so simplen Schaltverhalten.
Das Fahrwerk stammt in unserer Ausstattungsvariante komplett aus dem Hause Fox. Die Fox 34 Gabel an der Front bietet 140mm Federweg und kommt mit der im vergangenen Jahr vorgestellten FIT4 Dämpfungskartusche. Während sich der renommierte US-Hersteller in der Vergangenheit gerade bei seiner 34er einige Schwächen erlaubte, kann das aktuelle Modell wieder an die Qualitäten der guten alten Zeiten anknüpfen und bietet einen guten Kompromiss aus Steifigkeit, Gewicht und Performance. Zudem bieten Gabel und auch der FOX DPS Dämpfer im Heck drei Druckstufeneinstellungen: Neben eines offenen und geschlossenen Modus erwies sich während unseres Tests vor allem der mittlere Modus mit zugeschalteter Plattform als goldener Mittelweg.
Für die notwendige Verzögerung sorgen XT-Bremsen von Shimano. Diese kombiniert man am Cube mit 180mm Scheiben vorn und hinten – bei längeren Abfahrten oder etwas schwereren Fahrern könnte die Scheibe am Vorderrad möglicherweise etwas klein sein und Fading auftreten. Hier hätten wir lieber eine 203mm Scheibe gesehen, denn die wenigen Gramm Mehrgewicht ist die deutlich bessere Fadingresistenz wert.
Rein gar nichts auszusetzen gibt es hingegen an den Laufrädern und den Reifen. Erstere kommen vom schweizer Hersteller DT Swiss. Der Cube-spezifische Satz ist mit 23mm breiten Felgen, einem Gewicht von etwas mehr als 1700g und 28 Speichen durchaus auf der Höhe der Zeit. Auch tubeless sollte mit dem bereits vormontierten Felgenband kein Problem sein. Die Reifenkombination aus Schwalbe Hans Dampf am Vorderrad und dem aggressiven Semislick Rock Razor am Hinterrad ist dem Einsatzbereich angemessen. Vor allem die Grip-Starke Trailstar Gummimischung am Vorderrad dürfte einige Reserven auch bei nassen und rutschigen Bedingungen bieten.
Beim Cockpit setzt man ausschließlich auf Teile aus eigenem Hause: Der 50mm lange Vorbau und der 760mm breite Lenker aus Carbon machen jedoch einen hochwertigen Eindruck, der deutlich über dem liegt, was wir von den meisten anderen OEM-Teilen gewohnt sind. Auch die Griffe fügen sich nicht nur gut ins Gesamtbild ein, sondern bieten die richtige Mischung aus Dämpfung, Grip und Kontrolle.
Ebenfalls nicht fehlen darf an einem Bike der Klasse des Cube Stereo 140 eine versenkbare Sattelstütze. Bewährte Technik von Rock Shox in Form der Reverb Stealth sorgt auf dem Trail für die nötige Bewegungsfreiheit für das Hinterteil. Von Größe S abgesehen (125mm). kommt hier überall die Variante mit üppigen 150mm Verstellweg zum Einsatz.
Cube Stereo 140 C62 SL 29: Auf dem Trail
Wir haben das Stereo in unterschiedlichstem Terrain bewegt, von flowigen Waldtrails bis hin zu alpinem Gelände musste es sich immer wieder beweisen. Um es vorweg zu nehmen: Als Allrounder funktioniert das Cube 29er Fully hervorragend und erlaubte sich keine eklatanten Schwächen. Besonders hervorzuheben ist das auch durch das geringe Gesamtgewicht bedingte spritzige Fahrverhalten und die wirklich hervorragenden Klettereigenschaften. Durch die recht langen Kettenstreben bleibt auch an steilen Anstiegen immer genügend Druck am Vorderrad, ohne dass der Fahrer sich allzu sehr auf dem Rad verrenken muss. Der Hinterbau glänzt gerade im Uphill durch quasi nicht vorhandenes Wippen, aber der nötigen Schluckfreude wenn es darauf ankommt. Wir waren auch bei längeren Uphills, gerade im alpinen Bereich eigentlich immer in der mittleren Dämpfungseinstellung unterwegs und verzichteten komplett auf den Lockout.
Auch während der Abfahrt zeigt das Cube seine Qualitäten, vermag jedoch nicht ganz so zu glänzen wie im Uphill. Zuerst jedoch zum Positiven: Das Fahrwerk macht auch hier (fast) alles mit und gibt sich schluckfreudig, ohne jedoch das nötige Feedback vom Untergrund vermissen zu lassen. Auch die Reifen wussten zu überzeugen – der Hans Dampf am Vorderrad bietet im Trockenen wie im Nassen richtig viel Grip und der Rock Razor zählt ohnehin zu einem unserer Lieblingsreifen für das Einsatzgebiet des Stereo. Letzterer bietet massig Reserven in den Kurven neigt jedoch im Nassen recht früh zum Ausbrechen, bleibt jedoch auch dann kontrollierbar.
Nicht so richtig warm wurden wir bei technisch anspruchsvollen Passagen mit der Sitz- bzw. Standposition auf dem Rad. Bedingt durch den hohen Stack saßen wir gefühlt eher über als im Rad, was die Trailhatz ein kleines Bisschen trübte. Fahrer mit einem weniger aktiven Fahrstil dürften die recht aufrechte Position aber zu schätzen wissen. Auf längeren und bremsintensiven Abfahrten wie beispielsweise dem tiroler Fleckalmtrail neigte zudem die Bremse am Vorderrad zum Faden: Hier wäre eine 203mm Scheibe sicherlich die bessere Wahl gewesen.
Seine Stärken spielt das Cube also vor allem bei längeren Touren mit vielen Höhenmetern aus: Die sehr angenehme und bequeme Sitzposition gepaart mit den ausgezeichneten Klettereigenschaften machen gerade bei alpinen Touren richtig Laune. Auch schwierige Trails und steilere Abfahrten kann man dank der gut gewählten Geometrie in Angriff nehmen, auch wenn das Stereo hier die eine oder andere Schwäche zeigt. Die verbauten Komponenten machten über den gesamten Testzeitraum einen hervorragenden Job.