Probefahrt: Das neue Fenix SL der Belgier von Ridley bietet Vielseitigkeit statt Spezialisierung. Dass man damit gut fährt, bewies eine ausgedehnte Testrunde auf echtem Klassiker-Terrain.
Wer schlecht ausgerüstet nach Limburg kommt, den bestraft das Leben – zum Beispiel mit neonfarbigen Arm- und Beinlingen, die ein Bekleidungsausrüster freundlicherweise zur Verfügung stellte, um die aus wärmeren Gefilden angereisten Presseleute zu retten. Am Samstagmorgen vor dem Amstel Gold Race zeigte das Thermometer trotz strahlenden Sonnenscheins nämlich gerade mal fünf Grad plus an, als sich die Gäste des Radherstellers Ridley zu einer rund 100 km langen Tour über den Kurs des niederländischen Klassikers aufmachten. Über ihnen also blauer Himmel, unter ihnen der neue Allrounder des belgischen Rennradbauers, genannt Fenix SL – eine Rennmaschine, die sich gegenüber ihrem Vorgänger deutlich verändert hat, auch wenn sie mit einem Rahmengewicht von knapp 1.100 Gramm immer noch nicht „superleicht“ ist. Doch dafür ist im Hause Ridley das Modell Helium zuständig. Das Fenix wiederum soll auf jedem Terrain glänzen, vor allem auf den abwechslungsreichen Kursen des Nordwestens, die neben einer gehörigen Portion Stabilität auch ein gewisses Maß an Stoßdämpfung erfordern sowie genügend Steifigkeit für steile Berge und wiederholte Antritte.
Was also ist neu an dezent designten Fenix SL? Gegenüber seinem Vorläufer zeigt der Rahmen einige Unterschiede. Die Hinterbaustreben sind schlanker geworden, der Übergang zwischen Gabel und Steuerrohr/Unterrohr ist gefälliger. Alle Züge sind innenverlegt; Schaltzug oder –kabel treten über dem Ausfallende zutage. Auch das nun leicht geschwungene Oberrohr fällt auf, und gegenüber dem Vormodell spart der aus hochwertigen Carbonfasern gefertigte Rahmen einiges an Gewicht ein.
Geblieben ist die Ridley-typische agile Lenkung, die das Rad handlich in Kurven und flott im Wiegetritt macht. Beides ließ sich im Klein-Klein des Amstel-Kurses reichlich ausprobieren, der mit gewundenen Nebensträßchen und Anstiegen mit mehr als 20 % Steigung aufwartet. Nicht zu vergessen Schlaglöcher und Straßenschmutz, wogegen das Rad ebenfalls probate Mittel hat: Zum einen bietet die Carbonsattelstütze erstaunlich viel Flex, zum anderen können bei Bedarf bis zu 30 mm breite Reifen montiert werden, womit das Rad schon fast zum „Gravel Racer“ mutiert.
Im Gegensatz so einem solchen fällt die Sitzposition beim Fenix SL allerdings recht sportlich aus: Am 56er Testrad misst das Steuerrohr knapp über 170 mm, was eine flache Haltung ermöglicht. Über die Steifigkeit des neuen Belgiers muss man sich übrigens keine Gedanken machen: Ein Rad, dass die Sprints eines André Greipel wegsteckt, bringt so leicht nichts ins Wanken, was man bereits dem breiten PressFit-Tretlagergehäuse ansieht.
Im Testaufbau mit Campagnolo Chorus EPS und Scirocco-Laufrädern wog das Ridley Fenix SL fahrbereit an die 8,2 Kilo, die sich an den steilen Hügeln Limburgs jedoch nicht bemerkbar machten. Wer sich das Rad individuell aufbauen möchte, ist für Rahmen und Gabel mit 1.799 Euro dabei; ein Komplettrad mit mechanischer Campagnolo Chorus und den schlichten Khamsin-Laufrädern wird 3.299 Euro kosten. Nicht zu viel angesichts der Tatsache, dass man damit dem Teamrad von Lotto-Soudal schon ziemlich nahe kommt.
Fazit:
Mit dem Fenix SL zeigt Ridley eine neue Version seines Allrounders – ein Rad, das sich sehr sportlich fährt, dabei aber viel Komfort bietet und mit 30er Reifen fast schon offroad-tauglich ist. Für ein Rahmenset, das auch von Profis gefahren wird, ist der Preis dabei erfreulich gering.
Produkthighlights
- Wendig, agil und steif
- Hoher Fahrkomfort bei sportlicher Geometrie
- Interessanter Preis
Preise und Web
- Rahmenset: 1.799 Euro
- Komplettrad mit Campagnolo Chorus/Khamsin 3.299 Euro
- www.ridley-bikes.com