Radsport: Der britische Radsportverband wird in der heißen Phase der Vorbereitung für Olympia von einem Skandal erschüttert. Der bisherige Technische Direktor Shane Sutton wurde heute suspendiert, nachdem in den vergangenen Tagen Vorwürfe bezüglich sexistischer und behindertenfeindlicher Äußerungen bekannt geworden waren.
Vor einigen Tagen gab die ehemalige Bahn-Vizeweltmeisterin Jessica Varnish der englischen Daily Mail ein Interview, indem sie den angeblich tief im britischen Radsportverband verankerten Sexismus anprangerte. Nachdem sie nach der Weltmeisterschaft in London den Sprung in den britischen Olympiakader verpasst hatte, hätte der Technische Direktor und Coach Shane Sutton zu ihr gesagt, sie sei zu alt und solle abhauen und ein Baby bekommen. Außerdem könne sie eine Liste mit Kommentaren über ihre Figur zusammenstellen, die so lang wäre wie ihr Arm.
Zunächst stärkte der britische Verband seinem Technischen Direktor den Rücken und wies Varnishs Anschuldigungen zurück. Zudem wurden Stimmen aus dem Umfeld laut, die 25-jährige sei lediglich frustriert, weil sie nicht für Olympia in Rio berücksichtigt worden wäre. Kurze Zeit später sprangen ihr jedoch die ehemaligen Profifahrerinnen Victoria Pendleton und Nicole Cooke zur Seite, die gegenüber dem Telegraph die vorgebrachten Anschuldigungen bestätigten: „Ich habe bis heute nicht den Mund aufgemacht. Aber jetzt muss ich es einfach tun. Ich könnte nicht mit mir leben, wenn ich tatenlos zusehen würde, wie man versucht, Jess [Varnishs] Charakter in den Schmutz zu ziehen. Nicht, wenn ich ihr jedes Wort glaube. Meine Erfahrungen sind sehr ähnlich und ich weiß noch genau, wie schlecht ich mich deshalb gefühlt habe,“ sagte Pendleton in dem Interview.
Der zunehmende Druck ging auch am Verband nicht spurlos vorüber und so versicherte man nun, sich der Sache anzunehmen und eine Untersuchung einzuleiten. Scheinbar hatten Varnish, Pendleton und Cooke jedoch eine Lawine losgetreten und eine jahrelange Kultur des Schweigens gebrochen. Der sechsmalige Paralympics-Sieger Darren Kenny sagte nämlich gestern gegenüber der Daily Mail, Sutton habe nicht nur die Frauen diskriminiert, sondern sich ebenso mehrfach behindertenfeindlich geäußert. So habe er die Para-Sportler hinter deren Rücken regelmäßig als Krüppel bezeichnet und ihnen mitunter das Betreten der Bahn verboten. Zwei weitere anonyme Quellen bestätigten Kennys Ausführungen.
Heute reagierte der britische Verband und suspendierte Sutton bis auf weiteres. Eine unabhängige Untersuchuchskommission werde sich nun mit den Vorwürfen beschäftigen sagte man außerdem.