Test: Mit der Campagnolo Potenza präsentierte der italienische Traditionshersteller unlängst eine neue Antriebsgruppe im hart umkämpften Mittelklassesektor. Während unseres Tests haben wir der neuen Campa-Gruppe auf den Zahn gefühlt und in diesem Zuge auch die Shamal Mille Laufräder und den Rahmen unseres Guerciotti Testrads unter die Lupe genommen.
Im Frühjahr hatten wir die neue Campagnolo Mittelklasse Gruppe Potenza bereits kurz auf Velomotion vorgestellt. Sie soll die Lücke zwischen Athena und Chorus aus eigenem Hause schließen und dem Platzhirschen Shimano Ultegra Paroli bieten. Vor kurzem bekamen wir nun ein Komplettrad mit der neuen Gruppe in die Redaktion und hatten damit endlich Gelegenheit, die Gruppe auf Herz und Nieren, oder besser gesagt auf Kurbel und Schaltwerk zu testen. Die Basis für das Rad bildet ein SX50 Carbon-Rahmen der italienischen Traditionsmarke Guerciotto. Die Laufräder kommen mit den Shamal Mille ebenfalls von Campagnolo und es ergibt sich so ein solider italienischer Mittelklasserenner.
Produktnews: Campagnolo Potenza 11: Neue Mittelklassegruppe aus Italien
Markt: Der italienische Traditionshersteller Campagnolo präsentierte kürzlich auf Gran Canaria einem kleinen Kreis ausgewählter Journalisten seine neue Mittelklassegruppe Potenza, die mit Features der Edelgruppen zu einem attraktiven Preis punkten kann. Campagnolo Potenza 11 – neue Italienische Mittelklasse Mit der neuen Potenza-Gruppe möchte der norditalienische Traditionshersteller die Lücke zwischen der Einstiegsgruppe Athena 11 und der bereits […]
Campagnolo Potenza – Der erste Eindruck
Nach den ersten Bildern der Gruppe im Netz gingen die Meinungen in der Redaktion etwas auseinander, denn besonders Hochwertig wirkte das Finish auf den damals veröffentlichten Bildern nicht. Beim Auspacken aus dem Karton wurden wir aber dann jedoch eines Besseren belehrt: Obwohl bei den Materialien aus Kostengründen nur Alu und Kunststoff zum Einsatz kommt und man gänzlich ohne Carbon auskommen muss, machte die neue Potenza Gruppe einen sehr positiven Eindruck und muss sich diesbezüglich vor seinem Konkurrenten Shimano Ultegra schon einmal nicht verstecken. Der Schalt-/ Bremsgriff liegt durch die griffige Silikonoberfläche gut in der Hand. Der Bremshebel selbst ist auf Alu und kommt – wie die ganze Gruppe – wahlweise in schwarzem oder silbernen Eloxal-Finish. Der Schalthebel dahinter macht trotz Plastik einen hochwertigen und robusten Eindruck. Auf der Innenseite liegt die Verzahnung des Schaltmechanismus allerdings relativ offen; vielleicht hätte man diese etwas besser verstecken bzw. vor äußeren Einflüssen schützen können.
Das Design der Kurbel orientiert sich an den höherpreisigen Gruppen von Campagnolo, jedoch setzt man hier auf Aluminium. Dank hohlgeschmiedeter Bauweise bleibt man jedoch auch beim Gewicht wettbewerbsfähig: 754g bringt die Campagnolo Potenza Kurbel auf die Waage. Umwerfer und Schaltwerk wurden in schlichtem Campa Design gehalten und lassen auf den ersten Blick keine Schwächen erkennen. Das 11-fach Schaltwerk kommt in zwei Ausführungen mit verschiedenen Schaltkäfiglängen, um auch mit dem neu eingeführten Ritzelpaket (11-32) kompatibel zu sein. Der obere Teil besteht aus einem ultraleichten Technopolymer und reduziert so da Gewicht. Insgesamt erinnert das Schaltwerk sehr an die zuvor gelaunchte Topgruppe Super Record, da man sich bei der Entwicklung der Potenza aus eben jenem Technologieregal bedient hat.
Campagnolo Potenza – Auf der Straße
Den meisten Kontakt zur Gruppe am Rennrad hat der Fahrer über die Schalt- und Bremshebel. Wie oben schon beschrieben liegen diese sehr gut in der Hand und lassen sich auch äußerste angenehm bedienen. Geschaltet wird nach dem bekannten Campa-Prinzip, mit einem Hebel hinter dem Bremshebel und einem kleinen Hebel innerhalb der Einheit. Das ist für Campa-Neulinge sicherlich etwas gewöhnungsbedürftig, aber gleichzeitig auch herrlich ergonomisch – nicht umsonst schwören viele Fahrer seit Jahren auf Campagnolo. Die Hebel sind leichtgängig und in der Oberlenker- als auch in der Unterlenkerposition sehr gut erreichbar. Beim Hochschalten des Umwerfers vom kleinen Kettenblatt auf das große Kettenblatt spürt man drei Rastpunkte. Beim ersten Klick wird der Umwerfer auf große Kettenblätter ausgerichtet, beim zweiten Klick wechselt die Kette auf das große Kettenblatt und beim dritten Klick wird der Umwerfer auf große Ritzel ausgerichtet. Auch beim Runterschalten gibt es eine Funktionalität mit zwei Klicks, bei der zunächst die Kette auf das kleine Kettenblatt wandert und beim zweiten Klick der Umwerfer auf große Umwerfer ausgerichtet wird. Gut eingestellt ermöglicht dieses Schaltprinzip eine große Bandbreite an fahrbaren Gängen und ist zudem noch intuitiv zu Bedienen. Umwerfer und Schaltwerk machen dabei auch einen angenehm unauffälligen Job und wechseln die Gänge präzise und schnell ohne Murren. Die Bremsen haben einen angenehmen Druckpunkt und lassen sich ausgezeichnet dosieren. Auch bei Nässe zeigen sie in Kombinationen mit den speziell beschichteten Campa Shamal Mille Laufrädern keine Schwächen. Insgesamt machte die Gruppe einen mehr als soliden Eindruck und muss sich nicht vor der Konkurrenz als dem gleichen Preissegment verstecken.
Die Laufräder – Campagnolo Shamal Mille
Durch die Spezial-Keramikbehandlung der Felgen und die schwarz eloxierten Naben, Speichen und Schnellspanner bestechen die Shamal Mille Laufräder mit einer tollen Optik. Der Nabenkörper aus Carbon sorgt für ein edles Finish und dank des großzügigen Flansches erhöht sich die Seitensteifigkeit bei gleichzeitig geringerem Gewicht. Im Inneren der Naben sorgen hochwertige Keramiklager für den nötigen Leichtlauf. Die Bremsflanken der Felge sind speziell behandelt, um den Bremsweg zu verringern und Geräusche beim Bremsen zu minimieren.
Im Praxistest schätzten wir die Shamal Mille Laufräder als sehr gute Allround-Laufräder ein, die nicht nur in die Ebene mit dem mittelhohem Felgenprofil gut voran gingen sondern auch am Berg mit dem geringen Gewicht von nur ca. 1430 g für guten Vortrieb sorgten. Auch bei der Steifigkeit konnten wir keine Auffälligkeiten beobachten.
Der Rahmen – Guerciotti SX50
Guerciotti ist ein italienischer Radhersteller, der bereits auf 50 Jahre Firmengeschichte zurückblicken kann und auch schon Siege beim Giro d`Italia feiern durfte. Unser Testrad von Guerciotti ist das Modell SX50, eine abgespeckte Version der Top Modells SHM50, welches 2015 beim Giro mit dem Team CCC Sprandi im Einsatz war. Der Rahmen besteht aus hochfestem IMS60 Carbon und zeigt beim Antritt am Berg keine Schwächen bei der Steifigkeit. Das lange Oberrohr ergibt zusammen mit dem verhältnismäßig kurzen Sitzrohr eine hohe Sattelüberhöhung und eine ausgesprochen sportliche Sitzposition. Komfort-Liebhaber werden mit dem italienischen Racer wohl nicht unbedingt glücklich. Die Gabel bildet durch das Integrated Fork System eine Einheit mit dem Rahmen, offenbarte während unseres Tests jedoch eklatante Schwächen in puncto Steifigkeit. Auf schnelle Richtungswechsel reagierte sie nur sehr langsam und bei hohen Geschwindigkeiten hatten wir immer wieder mit einem äußerst unangenehmen Flattern zu kämpfen.
Fazit:
Mit der neuen Potenza 11-Fach Gruppe und den Shamal Mille Laufräder bietet Campagnolo ein solides Angebot für die mittlere Preisklasse und empfiehlt sich für Individualisten, die sich mal vom Einheitsbrei abheben wollen, ohne gleich das gesamte Ersparte los zu werden. Der Guerciotti Rahmen macht einen guten Eindruck allerdings trübt die verbaute Gabel den Gesamteindruck deutlich.