Fordernder Kurs, schwierige Bedingungen
Der Kurs ist sehr anspruchsvoll. Was auf dem Papier noch recht unspektakulär aussieht, entpuppt sich im Renngeschehen dann als harter Prüfstein, der den Fahrern vom ersten bis zum letzten Moment wirklich alles abverlangt – körperlich und mental. Bei uns kam während der ersten Rennhälfte noch dazu, dass die Straße feucht und rutschig war, morgen dürften die Profis etwas mehr Glück mit dem Wetter haben. Doch auch auf trockener Straße muss man hier wirklich jederzeit auf der Hut sein. In unserem Fall kam noch dazu, dass natürlich auch der eine oder andere weniger erfahrene Fahrer mitfuhr, die so große Felder und hektische Rennsituationen nicht gewohnt sind. Nicht falsch verstehen: Es ist richtig geil, dass hier auch Jungs aus kleinen Ländern die Chance bekommen, mitzufahren, aber trotzdem muss man eben aufpassen, weil der eine oder andere etwas unberechenbarer unterwegs ist.
Die Straßen und das Profil um die einzige längere Steigung, dem Salmon Hill, machen diese Phase in jeder Runde kompliziert und extrem wichtig. Man muss bereits am Anfang in einer ordentlichen Position sein, denn in der längeren Abfahrt zieht sich das Feld weit auseinander und wenn man hier von hinten wieder nach vorn fahren muss, kostet das viele Körner. Das Pavé Stück ist auch etwas über einen Kilometer lang und hat es in sich. Insgesamt ein richtig abwechslungsreicher Kurs, bei dem wirklich alles drin ist.
Tolles Mannschaftsergebnis
Für uns als Mannschaft lief das Rennen mit der Silbermedaille für Lennard Kämna natürlich grandios. Es war klar, dass wir für Lennard fahren werden, denn er ist einfach grandios aus einer starken Vuelta herausgekommen und richtig gut in Form. Wir haben ihn während des Rennens so gut es ging aus dem Trubel herausgehalten und dafür gesorgt, dass er seine Nase nie in den Wind halten musste. Als es dann schnell wurde und die entscheidende Phase nahte, konnte er aus dem Vollen schöpfen und hat einen riesen-Job gemacht. Das Ergebnis ist zwar auch ein Mannschaftsergebnis, aber natürlich vor allem der Verdienst von Lennard, der einfach brutal stark unterwegs ist.
Für mich persönlich lief es leider nicht ganz so wie ich es mir gewünscht hatte. Besonders ärgerlich: In der viertletzten Runde verfing sich ein Stück Papier so blöd zwischen meinen Speichen, dass es bei jeder Radumdrehung bremste und sich aber auch nicht lösen ließ. Ich musste dann anhalten, gerade als das Rennen richtig Fahrt aufnahm, und fiel natürlich direkt weit zurück. Ich bin zwar wieder Stück für Stück nach vorn gefahren, aber das hat Kraft gekostet und am Ende konnte ich dann nicht mehr so viel in die Waagschale werfen, wie ich mir gewünscht hätte.
Daumen hoch für den Austragungsort
Ich weiß, es gab recht viel Kritik an dem Austragungsort Bergen und dem Kurs. Für mich persönlich war es aber eine tolle Entscheidung. Das fängt bei dem abwechslungsreichen Rundkurs an, der für die Fahrer eine große Herausforderung ist, aber auch vor allem für die Zuschauer richtig viel Unterhaltung bietet. Apropos Zuschauer: Unglaublich, was hier los war. Im Start/Zielbereich gab es in jeder Runde ohrenbetäubendes Getöse, bei der Siegerehrung gestern war der Marktplatz komplett voll mit jubelnden Fans. Eine wirklich großartige, herzliche und begeisternde Atmosphäre, wo es jedem Fahrer und jeder Fahrerin eine große Freude ist, an den Start zu gehen.
Ich bin auf alle Fälle gespannt, wer morgen am Ende vorn stehen wird. Gerade weil ich den Kurs kenne, kann ich hier beim besten Willen keine Prognose abgeben. Klar, auf dem Papier sind Fahrer wie Matthews, van Avermaet oder Sagan die Favoriten, aber hier kann wirklich alles passieren. Lassen wir uns überraschen.