Test: Das Contrail ist zwar kein kompletter Neuzugang im Portfolio des norddeutschen Herstellers Bergamont, bekam für das aktuelle Modelljahr jedoch ein umfassendes Rahmenupdate, bei dem unter anderem die Geometrie einen Ticken moderner gestaltet wurde. Zudem ist das neue Contrail jetzt mit 29″ und 27,5+ Laufrädern bzw. Reifen kompatibel und somit noch etwas vielseitiger einsetzbarer als zuvor.
An der Grundausrichtung des kurzhubigen Fullys wird sich aber natürlich auch mit der aktuellen Modellgeneration nichts ändern: Angesiedelt irgendwo zwischen potentem Tourer und spritzigem Trailbike soll es sich auf traillastigen Wochenendtouren ebenso wohl fühlen wie beim Alpencross oder in anspruchsvollem Gelände. In eben letzterem musste sich das neue Bergamont Contrail in unserem Fall beweisen: Im Rahmen des Bike Festivals in Riva haben wir uns eines der Testräder geschnappt und auf den felsigen Trails rund um das Mountainbike-Mekka auf einen harten Prüfstand gestellt.
Bergamont Contrail 9.0: Drei Ausstattungsvarianten ab 1.899€
Für diese Saison wird es das Contrail in drei verschiedenen Varianten geben: Sie alle kommen ab Werk mit 29″ Laufrädern im Alurahmen. Dank Flipchip lassen sich jedoch im Anschluss auch 27,5″ Laufräder mit Plusreifen verbauen, ohne dass sich die Geometrie spürbar verändert. Das Bergamont Contrail 5.0 gibt’s schon für unter 2.000€. Dafür bekommt man ein Fahrwerk aus Rock Shox Recon Gabel und Manitou Radium Dämpfer, hydraulische Scheibenbremsen und einen Deore Antrieb. Etwas potenter kommt die Contrail 7.0 Variante daher – mit Fox 32 Float Federgabel, NX Antrieb und auch eine Variostütze ist mit an Bord. Mit 2.299€ muss man jedoch etwas tiefer in die Tasche greifen. Wer keine Kompromisse machen möchte, greift zum Bergamont Contrail 9.0 mit GX Eagle Schaltung, Revelation Gabel, Fox Dämpfer und Manitou Variostütze für 3.199€.
Man sah bei Bergamont nicht viel Anlass, das bereits bewährte Contrail grundlegend zu verändern und drehte somit nur an einigen wenigen Stellschrauben, um vor allem bei der Geometrie eine etwas modernere Ausrichtung zu bekommen. So ist das Rad beim Reach ein ganzes Stück gewachsen, die Sitzrohre fallen dagegen deutlich kürzer aus als zuvor. Dass der Radstand trotz des längeren Hauptrahmens jedoch nicht zu lange wird, konnte man über die Ausfallenden bzw. die Kettenstreben etwas Platz sparen. Beibehalten wurden der gemäßigt flache Lenkwinkel von 67.5° und der angenehm steile Sitzwinkel von 75° der eine hohe Tritteffizienz verspricht.
Geometrie Bergamont Contrail 2018
S | M | L | XL | |
Sitzrohr (in mm) | 410 | 450 | 485 | 515 |
Oberrohr horizontal (in mm) | 575 | 595 | 615 | 635 |
Steuerrohr (in mm) | 95 | 105 | 120 | 140 |
Kettenstrebe (in mm) | 438 | 438 | 438 | 438 |
Radstand (in mm) | 1149 | 1170 | 1191 | 1212 |
Lenkwinkel (in °) | 67.5 | 67.5 | 67.5 | 67.5 |
Sitzwinkel (in °) | 75 | 75 | 75 | 75 |
Reach (in mm) | 423 | 440 | 455 | 470 |
Stack (in mm) | 603 | 612 | 626 | 645 |
Bereits angesprochen haben wir den Flipchip, der jedoch von Bergamont nicht als „richtige“ Geometrieverstellung verstanden wird, sondern lediglich dazu dient, den Rahmen auch mit Plusreifen kompatibel zu machen, ohne dass sich die Geometrie verändert. Zusätzlich muss dafür die untere Lagerschale des Steuersatzes getauscht werden – diese ist jedoch im Lieferumfang enthalten.
Bergamont Contrail 9.0: Durchdachte Ausstattung mit kleinen Schwächen im Detail
Unser Testbike entsprach der Contrail 9.0 Ausstattungsvariante. Zu Meckern gibt’s hier wahrlich nicht viel; begrüßenswert ist die Sram GX Eagle Gruppe, die perfekt an ein Trailfully wie das Contrail passt. Man spart sich den Umwerfer und muss dabei nicht auf die entsprechende Bandbreite verzichten – perfekt. Bei der Gabel setzt man auf die neue Revelation RC von Rock Shox. Im Gegensatz zu den Vorjahren kommt diese nun mit bulligen 35mm Standrohren und dürfte auch für ruppige Ausflüge mehr als genügend Steifigkeit bieten. Im Hinterbau steckt ein Fox Performance Float Dämpfer, der wie auch die Gabel 130mm Federweg bereitstellt.
Wie die Schaltung kommen auch die Bremsen aus dem Hause Sram. Die Level T zählt nun zwar nicht zu den kräftigsten Vertretern auf dem Markt, dürfte aber für die meisten Fahrer dennoch mehr als genügend Leistung bereitstellen können. Natürlich möchte man an einem Trailbike auch nicht auf eine Variostütze verzichten – im Contrail 9.0 steckt eine Manitou Jack Stütze. Nicht ganz optimal gelöst ist die Remote für die Stütze. Obwohl am Lenker wegen des fehlenden Umwerfer-Triggers eigentlich genügend Platz für eine Remote in Trigger-Stil wäre, setzt man auf einen eher unergonomischen Hebel. Glücklicher Weise lässt sich dieser aber im Fall der Fälle auch schnell und einfach austauschen.
Das Cockpit am Contrail kommt komplett von Syncros. Syncros? Ja genau – Branchenkenner dürfte diese Kombination kaum überraschen, schließlich führt Bergamont seit 2015 seine Geschäfte unter dem Dach von Scott Sports, zu denen unter anderem auch Syncros gehört. Der kurze Vorbau passt sehr gut zum langen Hauptrahmen – der Lenker ist mit 760mm für die meisten Nutzer wahrscheinlich breit genug, größere Fahrer mit breiten Schultern könnten sich aber ein paar Millimeter mehr wünschen.
Mit dem Maxxis Rekon vertraut Bergamont an seinem Trailbike auf einen noch recht neuen Allrounder, den wir jedoch bereits ganz gut kennen und sehr gut zur Ausrichtung des Bikes passt. Die breiten Felgen mit 30mm Innenweite bieten zudem viel Halt und lassen die Pneus schön aufgehen.
Bergamont Contrail 9.0: Auf dem Trail
Flow ist nun nicht unbedingt das, was einem zuerst einfällt, wenn man an Mountainbiken am Gardasee denkt. Die felsigen Trails sind oft recht schwere Kost für Rad und Fahrer gleichermaßen, zumal für ein eher gemäßigtes Gefährt wie das Contrail. Als Testgelände haben wir uns den etwas gemäßigteren Naranch Trail im nördlichen Hinterland von Riva ausgesucht. Hier geht’s etwas weniger heftig zu und das Gelände gleicht mit vielen Wurzeln und waldigem Boden den Trails, die man von hier kennt.
Die Sitzposition weiß auf Anhieb zu gefallen und der lange Hauptrahmen rückt den Fahrer direkt in eine angenehm zentrale Position. Die recht hohe Front mag zunächst etwas ungewohnt sein, sorgt aber für viel Komfort und eine rückenschonende Haltung, die vor allem Tourenfahrer freuen dürfte. Im Uphill wippt der Hinterbau in der offenen Dämpferposition kaum merklich, spätestens wenn man die Plattform mit dem gut erreichbaren Hebel zuschaltet, ist komplett Ruhe. Der für ein modernes Trailbike eher steile Lenkwinkel sorgt dafür, dass das Vorderrad trotz kurzer Streben und hoher Front auch an steilen Stücken fest am Boden bleibt.
Zeigt der Trail dann talwärts und die Geschwindigkeit steigt, zaubert das Contrail uns in flowigem Geläuf ein breites Grinsen ins Gesicht. Der Hinterbau zeigt sich zwar recht straff, hat man jedoch die Gabel passend abgestimmt, stellt sich hier ein spritziges und spaßiges Handling ein, das Sicherheit und Kontrolle vermittelt, jedoch auch Feedback vom Untergrund vermittelt. Wenn es steil und technisch wird, stößt das Trailbike jedoch hin und wieder etwas an seine Grenzen: Das liegt zum einen an der recht steilen Front, zum anderen an der einfachen Dämpfung der Revelation Gabel, die dazu neigt, etwas durch den Federweg zu rauschen.
Positiv überrascht waren wir von den Bremsen, die auch während langer Abfahrten nicht schlapp machten. Beim Lenker hätten wir uns zumindest am L Rahmen eine 780mm Variante gewünscht – aber das ist sicherlich Geschmackssache.