Test / E-Performance / Lastenrad: Das HNF Nicolai CD1 Cargo ist ein edles E-Lastenrad, das dank seiner patentierten Neigetechnik auch bei zügiger Fahrt ein sportliches Handling verspricht. Das knapp 6.000 Euro teure Rad Made in Germany weiß im Test auch mit einer hochwertigen Ausstattung samt Riemenantrieb zu überzeugen.
Mit seiner Neigetechnik, Riemenantrieb und nicht zuletzt dem unvergleichlichen Nicolai-Maschinenbau-Charme ist das CD1 Cargo weit mehr als „nur“ ein weiteres E-Lastenrad. Schon allein optisch kann es sich von der Masse absetzen; neben dem wunderbar verarbeiteten Alurahmen dominieren hier die imposante Aufhängung der beiden Vorderräder und die Ladefläche aus Holz. Ein Blick auf die technischen Daten zeigt jedoch, dass das in Deutschland hergestellte Bike nicht für den Laufsteg, sondern als echtes Arbeitstier konzipiert wurde: Das zulässige Gesamtgewicht liegt bei mächtigen 280kg – bei einem nachgewogenen Eigengewicht von 51kg und einem durchschnittlichen Fahrergewicht von 90kg bleiben so noch immer deutlich mehr als 100kg als Zuladung übrig, top!
HNF Nicolai CD1 Cargo: Zwei Größen, eine hochwertige Ausstattungsvariante
Erhältlich ist das HNF Nicolai Lastenrad in zwei Größen bzw. Varianten: Neben der von uns getesteten Large Variante bietet HNF auch eine kompaktere Version an, deren Ladefläche mit 45cm über 20cm kürzer ausfällt als beim großen Modell (68cm). Preislich liegen 200 Euro zwischen den beiden Größen. Die sonstige Ausstattung bleibt gleich, zumindest in der Basisvariante: Angetrieben wird das Rad von einem Bosch Performance CX Motor, der von einem 500Wh Akku mit Energie versorgt wird. Eine Doppel-Akku-Lösung ist derzeit leider nicht erhältlich. Die Schaltwechsel werden von einer stufenlosen Enviolo Nabe erledigt und mit dem ebenfalls serienmäßigen Riemenantrieb bekommt man so einen äußerst wartungsarmen und zuverlässigen Antriebsstrang.
Dass man beim Traditionshersteller auch in der Ausstattungs-B-Note nicht gespart hat, zeigt beispielsweise die Doppel-LED-Beleuchtung von Supernova oder die Wingee Schutzbleche aus Aluminium. Das Bremsen erledigt eine Tektro Auriga Twin, deren linker Bremsgeber beide Vorderbremsen gleichzeitig bedient. Zudem bringt die Bremse auch eine Feststellfunktion mit – eine Art Handbremse, zu der wir gleich noch im Detail kommen werden.
HNF Nicolai CD1 Cargo: Durchdachte Neigetechnik für ein sportives Fahrgefühl
Doch sprechen wir nun über den sprichwörtlichen Elefanten im Raum – die Neigetechnik des HNF Nicolai CD1 Cargo. Den meisten zweispurigen Lastenrädern eilt der zweifelhafte Ruf eines sperrigen Handlings voraus – meist auch zurecht. Gerade in Kurvenfahrten, bei hohen Geschwindigkeiten oder beidem gleichzeitig machen sich die zwei Laufräder an der Front negativ bemerkbar, vergrößern den Wendekreis und führen nicht selten zu kippeligem Fahrverhalten. Dass sich die Räder aber dank sicherem Stand deutlich leichter beladen lassen und gerade bei niedrigen Geschwindigkeiten mehr Stabilität bieten als ihre einspurigen Konkurrenten, liegt jedoch ebenso auf der Hand. Für das CD1 Cargo hatte man sich bei HNF Nicolai vorgenommen, die Vorteile der beiden Bauweisen zu vereinen – das Ergebnis ist die ausgeklügelte Neigetechnik der beiden Vorderräder.
In Kurvenfahrten legen sich die Vorderräder so in die Kurve, die Ladefläche bleibt aber fast komplett waagerecht. So ist man auch mit Beladung zügig und sicher unterwegs, ebenso wird der Wendekreis kleiner. Alles gut also? Nun, beim Anfahren oder bei niedrigen Geschwindigkeiten wird das Rad durch die leichtgängige Neigetechnik schwierig zu handhaben und es benötigt einiges an Übung, um klarzukommen. Auch beim Abstellen ist es nicht unbedingt praktisch, wenn sich das Rad plötzlich zur Seite neigt und quasi „umfällt“. HNF Nicolai wäre jedoch nicht HNF Nicolai, hätte man sich hierfür keine Lösung ausgedacht: Per Fußhebel lässt sich die Neigetechnik nämlich arretieren, ein gut erreichbarer Hebel am Lenker gibt sie dann wieder frei. So kann man schnell und einfach zwischen klassischem „Dreirad“ und sportlichem „Neigerad“ wechseln.
HNF Nicolai CD1 Cargo: Variable Ladefläche – Thule-Kompatibel
In seiner Basisvariante kommt das CD1 Cargo mit einer optisch wirklich ansprechenden Ladefläche aus Holz, die jedoch leider etwas rutschig ausfällt. Auch wenn die Neigetechnik das Rad meist ziemlich waagerecht hält, sollte man seine Ladung vor Fahrtbeginn ausreichend sichern. Natürlich bietet HNF Nicolai für sein Lastenrad auch verschiedenste Aufbauten und Montagemöglichkeiten. Möglich wird dies vor allem durch zwei Montageschienen an den Seiten der Ladefläche, in denen sich beispielsweise die Basket Unit oder die kostspielige Cargo Unit befestigen lässt. Beide Aufbauten passen übrigens nur auf die große Variante des CD1 Cargo. Alternativ können natürlich auch einfache Spanngurte in den Schienen festgeschraubt werden, um die Ladung entsprechend zu sichern. Für die Eltern dort draußen bietet HNF Nicolai zwar keine eigene Sitzbank o.ä., jedoch ist es über spezielle Adapterschienen problemlos möglich, Thule Kinderanhänger auf der Ladefläche anzuschrauben.
HNF Nicolai CD1 Cargo: Auch in der Praxis überzeugend
In der Praxis kann das HNF Nicolai CD1 Cargo fast alle unsere Erwartungen erfüllen. Auf den ersten Metern ist die Neigetechnik jedoch gewöhnungsbedürftig und verlangt auch von geübten Radfahrern ein paar Minuten, bis man sich zurechtfindet. Hat man den Dreh jedoch raus, ist das CD1 Cargo das vielleicht spaßigste und sportlichste E-Lastenrad, das wir bisher im Test hatten. Selbst bei flotten Kurvenfahrten ist die Stabilität sensationell, auch die Beladung kommt dabei nicht aus der Ruhe. Die Arretierung der Neigetechnik ist vor allem beim Anfahren hilfreich, die Handhabung mit Fußhebel und Lenker-Remote intuitiv. Auch beim Beladen sollte man die beiden Vorderräder fixieren – nicht weniger praktisch sind hier die Feststellbremsen, womit sich das Rad auch auf nicht zu 100% ebenen Flächen schnell und sicher abstellen lässt.
So sicher und spaßig sich der Hightech-Lastenesel auf Asphalt auch gibt, wird der Untergrund schlechter, wird auch die Fahrt mit dem CD1 Cargo schnell etwas ungemütlich. Die optional erhältliche Thudbuster Federstütze von Cane Creek könnte hier jedoch Abhilfe schaffen – zumindest für Fahrer oder Fahrerin.
Überhaupt keinen Grund zu Klagen bietet die Ausstattung: Das beginnt beim Bosch Performance CX Motor, der auch bei ordentlicher Beladung noch genügend Power bietet, geht über den sehr gut zu handhabenden und höchst wartungsarmen Antrieb mit Enviolo Nabe und Gates Carbonriemen, bis hin zur tollen Supernova-Beleuchtung, mit der auch Fahrten auf unbeleuchteten Wegen überhaupt kein Problem sind.