Der ADFC – der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club – macht Eigenwerbung mit verkehrsuntüchtigen Fahrrädern und ignoriert konsequent den Fahrradhelm als wichtiges Sicherheitsfeature für Radfahrer. Ein Kommentar zur aktuellen Anzeigenkampagne des ADFC.
Carolina, 30, aus Berlin fährt Fahrrad. Carolina fordert „sicherere Radwege“; deshalb sei sie ADFC-Mitglied. Eine noble Forderung, die wir voll und ganz unterstützen, keine Frage.
Allerdings ist Carolina laut Website des ADFC dort auch hauptamtlich zuständig für Aktionen und Öffentlichkeitsarbeit. Sie steht also in Lohn und Brot beim selbsternannt größten Interessenwahrer aller deutscher Radfahrer.
In einer aktuellen Anzeige des ADFC, in dem die Forderung nach sichereren Radwegen formuliert wird, ist Carolina groß auf ihrem Rad zu sehen, dazu das Zitat: „Ich bin Mitglied im ADFC, weil jede Stadt sichere Radwege braucht.“
Warum wirbt der ADFC konsequent mit Radfahrern ohne Helm?
Dann sei aber auch die folgende Frage erlaubt, liebe Carolina: Seid ihr beim ADFC nicht vor allem auch Vorbild für alle deutschen Radfahrer? Zumindest wollt ihr das sein. Warum also trägt Carolina keinen Helm? Tun radfahrende Vorbilder das nicht? Und eigentlich noch viel schlimmer – warum fährt Carolina auf einem Fahrrad, das nicht verkehrssicher ist?
Ganz offensichtlich sieht es der ADFC mit der Verkehrssicherheit nicht so ganz eng. Im Alltag hat man mit dem Fahrradclub und seinen Kommunikationskanälen nicht viel zu tun; doch wer seine Website oder beispielsweise den Instagram-Account besucht, entdeckt unzählige Bilder von Radfahrern auf nicht verkehrssicheren Fahrrädern – ohne Licht, ohne Reflektoren usw. – und noch mehr von solchen ohne Helm. Selbst auf einem Anzeigenmotiv, mit dem man Abbiegeassistenten für LKW fordert, trägt das Fotomodel keinen Helm. Mal ehrlich, lieber ADFC: Ist das nicht widersinnig? Andere ermahnen, selbst aber ein unverzichtbares Sicherheits-Accessoire verleugnen?
Wir hier bei Velomotion denken bei jedem Fotoshooting an unsere Vorbildfunktion und setzen jedem, der auf einem Fahrrad fährt, einen Helm auf. Nur wer mit dem Rad stehend fotografiert wird, darf ihn abnehmen.
Soll der ADFC nicht auch Vorbild für alle Radfahrer sein?
Ja, der ADFC ist bekannt dafür, ein vehementer Streiter gegen eine Helmpflicht zu sein – einverstanden, das sind wir auch. Aber deshalb setzen wir doch trotzdem bei jeder Radfahrt den Kopfschutz auf – so, wie es jeder vernünftige Verkehrsteilnehmer auf zwei Rädern immer tun sollte. Zur eigenen Sicherheit und natürlich als Vorbild.
Beim Stichwort Vorbild muss ich nochmal auf Carolina zu sprechen kommen, die Frau für Öffentlichkeitsarbeit beim ADFC – also Vorbild per Jobbeschreibung. Auf ihrem Foto ist es Herbst und neblig-grau, die Sichtverhältnisse sind der Jahreszeit entsprechend schwierig. Trotzdem ist Carolina komplett schwarz gekleidet, am Rad befinden sich keine Reflektoren. Licht scheint irgendwie dran zu sein – zumindest vorne, hinten eher nicht.
Ganz ehrlich, da frage ich mich ein bisschen: Was will der ADFC eigentlich sein? 200.000 Mitglieder zählt der Verband nach eigenen Angaben. Doch repräsentieren diese Mitglieder die deutschen Radfahrer und ihre Belange? Macht der ADFC die Art von Lobbyarbeit, die eine immer größer werdende Gemeinschaft an Radfahrern in Deutschland eigentlich bräuchte?
Im Absatz „Über den ADFC“ auf der Website des Clubs heißt es übrigens:
„Wir sind eine Verbraucherschutzorganisation und haben ein waches Auge auf alles, was die Fahrradindustrie herstellt. Und wir mischen uns ein, wenn es darum geht, die Qualität der Produkte zu verbessern: immer im Interesse der Verbraucherinnen und Verbraucher.“
Sorry, lieber ADFC und liebe Carolina – der Schuss ging nach hinten los …
*Wie steht ihr zum Thema „Vorbildfunktion des ADFC“? Diskutiert in unserem Forum mit!
Bildquellen: ADFC Magazin Radwelt und ADFC Instagram