Test: Mit dem Nicolai Argon GTB Pi hatten wir ein sehr vielseitiges und toll verarbeitetes Trail-Hardtail im Test, das sich mit seinem Pinion-Getriebe durchaus auch an abenteuerlustige Biker richtet, die einen trailtauglichen Begleiter für längere Touren suchen.
Nicolai Argon GTB Pi: Die Fakten
Rahmenmaterial: Aluminium
Federweg: 130 mm
Laufradgröße: 29 Zoll
Gewicht: 13,78 kg
Preis: ab 3.349 Euro (Rahmenset)
Bei Nicolai hat man sich seit jeher dem Bau von hochwertigen und oft auch ausgefallenen Rädern, insbesondere Mountainbikes, verschrieben. Das Argon bildet dabei keine Ausnahme und ist schon seit vielen Jahren das Hardtail im Programm schlechthin. Ursprünglich als einzelnes Modell konzipiert, bietet der deutsche Traditionshersteller mittlerweile verschiedenste Ausprägungen an: Ob mit „vollgas-Geometrie“, massig Federweg und entsprechend robusten Anbauteilen, eine Nummer gemäßigter im Touren-Dress oder gar als Gravel- oder Fatbike-Variante: Wer nach einem vielseitigen, hochwertigen Alu-Rahmen für sein nächstes MTB-Hardtail sucht, dürfte hier fündig werden. Vorausgesetzt, man ist bereit zu investieren: Preislich startet das Rahmenset bei 1.449 Euro und reicht bis über 3.000 Euro, wenn man sich – wie bei unserem Testbike – für einen Rahmen mit Pinion-Getriebe entscheidet.
Womit wir auch schon mehr oder minder mitten im Thema sind: Unser Testbike basiert auf einem Nicolai Argon GTB Pinion Rahmen. Die GTB-Version des Argon ist auf Federgabeln zwischen 100 und 140 mm ausgelegt und mit etwas gemäßigteren Abmessungen hervorragend als trailtaugliches Marathon-Bike, als sportliches Tourenrad oder vielseitiges Trail-Hardtail geeignet. Wie es sich für ein Nicolai gehört, besteht der Rahmen aus Aluminium und ist exzellent verarbeitet. Die massiven Schweißnähte dominieren den martialischen, einzigartigen Look und heben das Rad wohltuend von der Masse ab. Apropos Optik – hier bietet Nicolai seinen Käufern die Qual der Wahl. So kann man nicht nur die Farbe des Rahmens aus unzähligen Optionen selbst wählen, auch diverse Kleinteile wie beispielsweise die Aufallenden oder sogar das Cover des Pinion Getriebes lassen sich per Extralove-Option in diversen Eloxal-Farbtönen gestalten.
Am Tretlager sitzt das Pinion-Getriebe, dessen Gates Carbonriemen dank der verschiebbaren Ausfallenden im Boost-Hinterbau kinderleicht auf Spannung gebracht werden kann. Leitungen und Züge verlaufen sauber aufgeräumt außen am Rahmen. So spart man sich lästige Arbeitsschritte bei Reperaturen und Wartung, zudem gibt es kein Klappern im Rahmeninneren. Zur Optik des Bikes passt es ohnehin sehr gut.
So richtig spannend wird es beim Thema Geometrie. Beim Argon GTB wurde diese vom Geolution Konzept inspiriert – wie mittlerweile fast die gesamte Produktpalette. Geolution heißt einfach gesprochen – das Bike kommt mit einer modernen Geometrie: Lang, flach und für viel Fahrspaß auf dem Trail optimiert. In Zahlen gesprochen heißt das beim Argon GTB: In Größe L kommt es mit einem großzügigen Reach von 475 mm, was für ordentlich Bewegungsfreiheit auf dem Bike sorgt. Der Lenkwinkel liegt bei gut gewählten 68° mit einer 100 mm Gabel – in unserem Aufbau mit 130 mm dürfte dieser dann bei ungefähr 67° liegen. Eine Besonderheit sind zudem die über alle fünf Rahmengrößen mitwachsenden Kettenstreben – das dürfte für ein konsistentes Fahrverhalten sorgen, sehr schön!
Geometrie Nicolai Argon GTB
S | M | L | XL | XXL | |
---|---|---|---|---|---|
Sitzrohr (in mm) | 405 | 460 | 490 | 515 | 545 |
Oberrohr horizontal (in mm) | 608 | 630 | 650 | 673 | 698 |
Steuerrohr (in mm) | 110 | 120 | 120 | 130 | 150 |
Kettenstrebe (in mm) | 440 | 445 | 445 | 450 | 455 |
BB Drop (in mm) | -50 | -50 | -50 | -50 | -50 |
Lenkwinkel (in °) | 67 | 67 | 67 | 67 | 67 |
Sitzwinkel (in °) | 73.5 | 73.5 | 73.5 | 73.5 | 73.5 |
Reach (in mm) | 435 | 455 | 475 | 495 | 515 |
Stack (in mm) | 623 | 630 | 630 | 640 | 660 |
Die Ausstattung am Nicolai GTB Pinion ist höchst individuell – momentan ist das Bike lediglich als Rahmenset erhältlich und kann entsprechend nach dem Kauf mit den eigenen Komponenten ganz nach Wunsch aufgebaut werden. Unser Testbike kam direkt von Nicolai und ist in weiten Teilen so ausgestattet, wie wir uns das von einem Bike mit diesem Einsatzbereich wünschen. Die große Besonderheit ist jedoch natürlich das Pinion-Getriebe, das die ansonsten übliche Kettenschaltung ersetzt. Die in unserem Bike verbaute Variante des in Deutschland produzierten Getriebes bietet über zwölf Gänge und eine gigantische Bandbreite von 600%, die damit höher ist als bei sämtlichen vergleichbaren Kettenschaltungen.
Auf das etwas ungewöhnliche Handling – beispielsweise durch den Drehschaltgriff oder nur bedingt mögliche Schalten unter Last – gehen wir im Fahrbericht näher ein. Auf dem Papier scheint Pinion jedoch durchaus eine echte Alternative zu sein – zumal es auch um ein Vielfaches wartungsärmer ist, als herkömmliche Schaltungen. Mit etwas über 2.350g für das Getriebe allein ist es jedoch doch ein paar Gramm schwerer – an unserem Testrad macht sich das jedoch kaum bemerkbar. Das liegt einerseits an den hochwertigen Komponenten und auch daran, dass das Gewicht des Getriebes zentral im Rahmen liegt und das Fahrgefühl kaum beeinflusst.
Die übrigen Komponenten sind – bis auf eine kleine Ausnahme – gut gewählt und passen zum Einsatzbereich. Das gilt für die Fox 34 SC Federgabel in der Performance Variante mit 130 mm Federweg ebenso wie für die Magura MT Trail Bremsen mit 180 bzw. 160 mm Bremsscheiben. Schwere Fahrer könnten hier über größere Scheiben nachdenken, was die ohnehin schon gute Bremsleistung verbessern dürfte und vor allem die Fadingresistenz erhöht.
Eine schöne und interessante Wahl sind die Syntace W28i Laufräder mit ausreichend breiten Alu-Felgen, guter Verarbeitung und überzeugendem Gewicht. Darauf montiert hat Nicolai bei uns den MountainKing Protection von Conti in 2,3 Zoll Breite. Der Evergreen ist vor allem mit der Black Chili Gummimischung ein guter Allrounder, am Vorderrad dürfte es für unseren Geschmack jedoch ein wenig mehr Grip sein. Das Syntace Cockpit mit dem bewährten Vector Lenker in 760 mm Breite und kurzem 60 mm Vorbau gefällt und ist tausendfach bewährt. Die einzige Komponenten-Entscheidung, die wir nicht ganz nachvollziehen konnte, war der Tune SpeedNeedle Sattel. Zweifellos sein sehr schöner, leichter Sattel, doch an ein Hardtail, mit dem man auch mal wirklich anspruchsvolles Geläuf unter die Räder nimmt mag er nicht wirklich passen.
Rahmen | Nicolai Argon GTB Pi |
Federgabel | Fox 34 Performance SC 130 mm |
Dämpfer | - |
Laufräder | Syntace W28i |
Reifen VR | Continental MountainKing Protection 2,3" |
Reifen HR | Continental MountainKing Protection 2,3" |
Schaltwerk | Pinion P1.12 |
Schalthebel | Pinion |
Kurbel | Pinion Forged |
Umwerfer | Ohne |
Bremse | Magura MT Trail |
Bremsscheiben | Magura Storm HC 180 / 160 |
Sattelstütze | Fox Transfer Performance 150 mm |
Sattel | Tune Speedneedle |
Vorbau | Syntace |
Lenker | Syntace Vector 7075 |
Nicolai Argon GTB Pi: Auf dem Trail
„Fast zu schade, um es es richtig einzusauen!“ Das waren die ersten Worte unserer Testcrew und zeigten, dass das edle und eigenständige Nicolai Argon GTB Pi bereits im Stand Eindruck schindete. Aber es hilft ja nichts, ab auf die Trails!
Obwohl das Nicolai auf dem Papier mehr als modern daher kommt, fühlt es sich beim ersten Aufsitzen moderater an. Das mag am relativ steilen Lenkwinkel liegen, hat aber zur Folge, dass es sehr angenehm und effizient klettert. Dafür mit verantwortlich war auch das einzigartige Pinion-Getriebe. Mit 600% Bandbreite übertrumpft es nicht nur die anderen 12-Gang-Kettenschaltungen im Test, sondern glänzte auch mit einer tollen Gangabstufung. An den eigenständigen Drehgriff und die Tatsache, dass ein Schalten unter Last so gut wie unmöglich ist, mussten wir uns aber erst mal gewöhnen. Dafür zeigte sich die Getriebeschaltung unbeeindruckt von jeglicher Witterung und auch das blitzschnelle Wechseln mehrerer Gänge im Stand wollten wir so schnell nicht mehr missen. Der ultraleichte Tune Speedneedle Sattel hingegen sollte kritisch betrachtet werden. Für den ein oder anderen sicher bequem, passt der konsequente Leichtbau nicht so recht ins Konzept eines Trail-Hardtails. Bei unseren Testern war die Angst groß, ihn durch eine Unachtsamkeit (und die kommen beim harten Einsatz von Hardtails im Gelände leider häufig vor) zu zerstören. Toi toi toi, es ging nichts zu Bruch. Dennoch wäre ein etwas robusterer Sattel bestimmt die bessere Wahl.
Geht es den Berg hinab, zeigt sich das Nicolai von seiner agilen Seite und profitiert von seinem hochwertigen Komponentenmix. Wird es schnell, wünscht man sich aber einen flacheren Lenkwinkel. Die Fox 34 SC arbeitet wie zu erwarten toll, man spürt aber – speziell beim Bremsen – mehr Flex als bei anderen, schwereren Gabeln. Bremsen? Wie von Magura MT Trails gewohnt, top! Über das Upgrade auf größere Bremsscheiben müssen wir an dieser Stelle wohl nichts mehr schreiben. Man kennt es ja. Obwohl die Continental Reifen verglichen mit dem restlichen Testfeld „nur“ 2,3 Zoll breit sind, wussten sie zu gefallen. Die Eigendämpfung passt und der Grip ist in fast allen Lebenslagen ausreichend vorhanden.
So bleibt ein sehr positiver Eindruck des edlen Nicolai Argon GTB Pi zurück. Speziell im gemäßigten Gelände – quasi als XC-Hardtail „Plus“ – kann es seine Stärken ausspielen. Leise, agil und mit hochwertiger Ausstattung ist es ein exklusives „Do-it-all-Bike“. Das Pinion Getriebe macht Spaß, ist witterungsbeständig und gibt dem eh schon einzigartigen Bike noch das gewisse Etwas. Wer noch etwas mehr „Performance“ sucht, oder gerne im technisch sehr anspruchsvollem Gelände wildert, für den hat Nicolai noch weitere, potentere Varianten des Argon im Programm. Tolles, exklusives und vielseitig konfigurierbares Trail-Hardtail!