Scheibenbremsen an Rennrädern nehmen immer mehr Schwung auf. Die Eurobike hat dies in diesem Jahr erneut gezeigt. [Link] Einer der Vorreiter in diese Richtung ist Ernesto Colnago. Bereits im vergangenen Jahr hat die italienische Rahmenbau-Legende in Friedrichshafen mit der Scheibenbremsversion des Top-Modells „C59 Disc“ ein Rad vorgestellt, welches es nunmehr in Serie gibt.
Ernesto Colnago war der erste Rahmenbauer, der sich der Einbeziehung von Carbon im Rahmenbau zuwendete. Er entwicklte dabei ein Konzept, dem er noch heute treu ist. „Der Muskelaufbau, die Flexibilität und die persönlichen Präferenzen bezüglich der Position, kombiniert mit aerober Leistungsfähigkeit und rundem Tritt sind zu viele Variablen für einen Radfahrer, um in die Begrenzungen einiger weniger Rahmengrößen zu passen. Aus diesem Grund bieten alle Top-Rahmen von Colnago eine gemuffte Bauweise, die an jeden Fahrer angepasst werden kann“, heißt es dazu auf der firmeneigenen Website.
Wie vor dem Hintergrund dieser Äußerungen nicht anders zu erwarten, ist auch das „C59 Disc“ gemufft. Dies erlaubt es den Italienern, das Rad in einer Größenvielfalt anzubieten, die man am Markt in dieser Preiskategorie selten findet. Darüber hinaus wirkt das „C59 Disc“ bis ins letzte Detail hinein durchdacht gestaltet. Angefangen von der eher schlichten, aber dennoch knalligen rot-weißen Farbgebung, bis hin zu den gewählten Komponenten. Ganz klar, hier steht ein Renner, durch den reinrassiges italienisches Blut fließt!
//Ausstattung
Unser Testmodell kommt in der Größe 48 und verfügt über ein Rahmen-Set, welches speziell für den Einsatz von Scheibenbremsen entwickelt wurde. An der im unteren Bereich verstärkten linken Gabelseite befindet sich ebenso wie im Strebendreieck eine Postmount-Aufnahme für Scheibenbremssockel. Hier können sowohl mechanische, wie auch hydraulische Sockel verbaut werden. Das „C59 Disc“ wäre jedoch nicht Colnagos Topmodell, würde es nicht über eine exzellente Ausstattung verfügen. Aus diesem Grund ist auch die von Colnago in Zusammenarbeit mit dem italienischen Scheibenbremsspezialisten Formula entwicklte hydraulische Di2-Variante montiert. Diese zeichnet sich den Sockeln durch ihren schlanken Körper und an den Hebeln durch ihre Adaption der Shimano Di2-Hebel aus. Neben den Bremsen, zu denen vorn und hinten je eine, im Durchmesser 140 Millimeter messende Scheibe gehört, entstammen auch die aus Carbon gefertigten „Artemis Disc“-Laufräder aus dem gemeinsamen Entwicklungsprozess.
Wie bereits angesprochen, wird am „C59 Disc“ mit Shimanos elektronischer „Dura-Ace“ geschaltet. Allerdings war an unserem Testrad noch nicht die aktuelle „9070 Di2“, sondern der Vorgänger, die „7970 Di2“ verbaut. Der Sattel stammt von Selle Italia, die Stütze von Colnago selbst. Zudem komplettiert eine hauseigene Lenker-Vorbau-Einheit aus „Nemesis“ und „HB 02“ das Rad an der Front.
//Fahreindruck
Das „C59 Disc“ zeigt sich vom ersten Tritt weg sehr steif und spurtreu. Knackige Anstiege und enge Kurven meistert es ebenso spielerisch, wie flache Passagen und anspruchsvolle Abfahrten. Hier lädt das Rad zur rasanten Jagd über den Asphalt ein. Dies liegt einerseits am tadellosen Schaltverhalten der „Dura-Ace 7970 Di2“, andererseits aber auch an der Sicherheit, welche die Scheibenbremsen vermitteln. Neben einem sehr angenehmen Druckpunkt, der mit dem der aus dem MTB-Bereich bekannten Formula-Modelle R0 und R1 vergleichbar ist, ist dies vor allem dem verlässlich dosierbaren Bremsverhalten geschuldet. Zwar muss man sich erst einmal an den Einsatz von Scheibenbremsen am Rennrad gewöhnen, schließlich zügeln diese die Geschwindigkeit merklich stärker und präziser als die üblicherweise verbauten Felgenbremsmodelle. Ruppig, wie vielleicht zu befürchten wäre, wirkten sie zu keiner Zeit.
Etwas Probleme bereiteten uns die von Colnago und Formula designten Hebel. Zwar sind diese der Form nach ähnlich wie die Di2-Modelle von Shimano gestaltet, allerdings liefern die Japaner einen besseren Widerstand beim Schaltvorgang. Zudem ist der Unterschied der Adapter, mittels welcher man hoch beziehungsweise runter schaltet, bei Shimano deutlicher in den Fingerspitzen zu spüren. Die Bedienung der Hebel des „C59 Disc“ wirkt hier eher fummelig und lässt Spielraum für Verbesserung.
Die „Artemis Disc“-Laufräder ließen sich gut beschleunigen und zeigten während unseres Tests auch ein gutes Rollverhalten. Beschleunigungen beantworteten sie gutmütig und zuverlässig, bei Bremsvorgängen zeigten sie sich eher von ihrer steifen Seite.
//Fazit
Colnago beschreibt das Bremssystem des „C59 Disc“ auf seiner Website als „das leistungsfähigste und am besten steuerbare“ System, welches derzeit im Rennrad-Bereich vorzufinden ist. Ein hoher Anspruch, dem das Rad aber zweifelsohne gerecht wird. Dank der gewohnt hochwertigen Verarbeitung bekommt man mit dem „C59 Disc“ ein traditionell angehauchtes Liebhaberrad, mit dem man sich gern seiner Leidenschaft hingibt. Zwar ist das Rad nicht für Lizenzrennen geeignet, die UCI verweigert nach wie vor den Einsatz von Scheibenbremsen bei derartigen Rennen, im Jedermann-Bereich braucht man sich darüber aber keine Gedanken zu machen. Im Gegenteil, mit dem „C59 Disc“ erregt man mit Sicherheit nicht nur Aufmerksamkeit, sondern hat auch mehr Kontrolle während der Fahrt im Pulk oder beim Alpencross auf nasser Straße.
Ein weiterer Pluspunkt ist die Vielfalt der wählbaren Rahmenhöhen, die es enorm erleichtert, das passende Rad zu finden. Wir durften dabei jedoch feststellen, dass die von Colnago angegebenen Größen etwas klein ausfallen. Sicher, auch das „C59 Disc“ ist keine „Eier legende Wollmilchsau“, es kommt dem Anspruch, ein echter Allrounder zu sein, dennoch sehr nahe. Fahrer, die auf Tradition und Moderne in einem schwören, die ein Rad suchen, dass durchdacht und zuverlässig ist, werden hier auf jeden Fall glücklich.
//Produkthighlights
- kompaktes Handling
- hohe Steifigkeit
- sehr gute Bremsdruckdosierung
- klassisch anmutende Optik
- Systemkompatibilität
//Preis und Web
- 3990,00 Euro (Rahmenset)
- www.colnago.com