Radsport: Was für ein toller Tag für Stephen Cummings und sein Team MTN-Qhubeka. Das südafrikanische Team feiert den ersten Tagessieg bei der Tour einer afrikanischen Mannschaft und das passenderweise am internationalen Nelson-Mandela-Tag. Nairo Quintana (Movistar) rückt in der Gesamtwertung auf Rang Zwei, verliert aber weitere Sekunden auf Froome (Sky).
Direkt nach dem Verlassen des neutralisierten Abschnitts kam es heute zu einem großen Sturz im Hauptfeld. Knapp ein Dutzend Fahrer ging zu Boden, darunter auch André Greipel (Lotto-Soudal), Thibaut Pinot und Steve Morabito (beide FDJ). Letzterer musste in der Folge das Rennen unter großen Schmerzen aufgeben, für die anderen gestürzten Profis ging es glücklicherweise weiter. Dieser frühe Schreckmoment wirbelte das Feld gleich ordentlich durcheinander und es war schwierig den Überblick über das Renngeschehen zu behalten.
Es dauerte einige Kilometer, bis sich die Wogen geglättet hatten und die Nervosität wieder aus dem Feld gewichen war. Danach fanden sich die zerrissenen Gruppen auch rasch wieder zusammen – bis dann natürlich die ersten Attacken folgten. Immer wieder gelang es kleinen Gruppen, sich vom Hauptfeld abzusetzen – an der Spitze fanden sich die vielen Fluchtgruppen dann im Laufe der ersten 20km zu einer großen Spitzengruppe mit 25 Fahrern zusammen. Mit Paul Voss (Bora-Argon 18) schaffte auch ein Deutscher den Sprung in die Fluchtgruppe, begleitet von reichlich Radsportprominenz: Unter anderem fuhren auch Peter Sagan (Tinkoff-Saxo), Romain Bardet (ag2r-La Mondiale), Thibaut Pinot (FDJ) und Rigoberto Uran (Etixx-QuickStep) in der großen Spitzengruppe.
Das Tempo blieb konstant deutlich über 40km/h und war damit deutlich schneller als zu erwarten gewesen war. Gerade auch im flachen Mittelteil der heutigen Etappe konnte sich niemand – nicht an der Spitze und nicht im Feld – erlauben, eine Auszeit zu nehmen. Dabei wartete mit dem Cote de la Croix Neuve (10,1%) am Ende der steilste Anstieg der diesjährigen Tour de France. Mit knapp über 3km ist dieser zwar nicht sonderlich lang, doch könnte er dennoch für einige Zeitabstände sorgen – auch unter den Klassementfahrern, die auch heute wieder gut geschützt von ihren Helfern mit dem Feld rollten.
Die Spitzengruppe ging mit einem Vorsprung von deutlich über 5 Minuten in die schweren finalen 30km mit drei klassifizierten Anstiegen – es sah gut aus für die Ausreißer des heutigen Tages. Das schwere Profil und stetige Tempoverschärfungen, vor allem von den beiden FDJ-Fahrern sorgten dann jedoch dafür, dass die Gruppe rasch auseinanderbrach. Schließlich war es dann Romain Bardet, dessen Attacke am finalen Anstieg glückte und der sich als Solist auf den Weg ins Etappenziel machte. Seinem Landsmann Thibaut Pinot gelang es schließlich als einzigem Fahrer aus der ehemaligen Spitzengruppe zu Bardet aufzuschließen. Die beiden Franzosen schlossen sich zusammen und knapp 2km vor dem Ziel deutete alles auf einen französischen Tagessieg hin. Plötzlich schoss allerdings der Brite Stephen Cummings von hinten heran und konnte sich vor die beiden französischen Landsmänner setzen. Danach sprintete der ehemalige Bahnfahrer mit dem Messer zwischen den Zähnen zum Etappensieg – Bardet und Pinot waren geschlagen. Für Cummings Team MTN-Qhubeka war es ein ganz besonderer Sieg: Nicht nur ist es der erste Tagessieg für eine afrikanische Mannschaft bei der Tour, sondern dieser Glücksmoment kommt heute auch noch am internationalen Nelson-Mandela Gedenktag, zu Ehren dessen die gesamte Mannschaft mit orangen Helmen unterwegs war. Peter Sagan rettete einen starken vierten Platz ins Ziel und enteilt damit André Greipel in der Punktewertung.
Der 3km lange und enorm steile Schlussanstieg sorgte auch für Veränderungen im Gesamtklassement. Erneut zeigte sich, das Chris Froome in diesem Jahr der stärkste Fahrer im Peloton ist und Nairo Quintana der einzige der Konkurrenten, der im Stande ist, ihm die Stirn zu bieten. Während nämlich Froome, Quintana, Contador, van Garderen und Nibali am Fuße des Cote de la Croix Neuve noch beisammen waren, trennte sich dann die Spreu vom Weizen. Quintana ergriff als erster die Initiative. Der Kolumbianer konnte sogar eine Lücke reißen, auch weil Froome heute ausnahmsweise nicht auf die Hilfe seiner früh zurückgefallenen Teamkollegen zählen konnte. Doch Peu a Peu gelang es dem Briten, auch wieder zu Quintana aufzuschließen. Van Garderen und Nibali hatten große Probleme mit dem anspruchsvollen Finale und büßten wertvolle Sekunden ein – der US-Amerikaner verlor so sogar seinen zweiten Platz im Gesamtklassement an Quintana. Auf den letzten Metern setzte Froome dann abermals zum Sprint an und konnte sogar noch eine Sekunde auf Quintana gewinnen. Zur Zeit sieht es kaum danach aus, als würde sich der Brite den Sieg noch nehmen lassen.
Endresultat Etappe 14 Tour de France 2015
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1.,Stephen Cummings,MTN-Qhubeka,04:23:43
2.,Thibaut Pinot,FDJ,00:00:02
3.,Romain Bardet,ag2r-La Mondiale,
4.,Rigoberto Uran,Etixx-QuickStep,00:00:20
5.,Peter Sagan,Tinkoff-Saxo,00:00:29
6.,Cyril Gautier,Europcar,00:00:32
7.,Ruben Molina,Lampre-Merida,
8.,Bob Jungels,Trek,
9.,Jonathan Castroviejo,Movistar,
10.,Simon Yates,Orica-GreenEdge,00:00:33
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[tab:Vorschau]
Nicht noch so eine Etappe – das werden sich wohl vor allem die Sprinter im Feld denken, die nach den zehntausenden von Höhenmetern in den Pyrenäen endlich auf eine Flachetappe warten, um ihre Stärken wieder ausspielen zu können. Doch sie werden sich noch weiter gedulden müssen, denn auch die knapp 180km von Rodez nach Mende sind wieder alles andere als flach. Auch wenn die ganz großen Berge fehlen, so warten dennoch insgesamt vier kategorisierte Anstiege.
Vor allem der Côte de la Croix Neuve hinauf zum Etappenziel in Mende wird den einen oder anderen zur Verzweiflung bringen. Die bis zu 14% steile Serpentinenstraße wird den Fahrern nochmals alles abverlangen, bevor es nach dem Gipfel noch einmal über flache 900m bis zur Ziellinie geht. Hier werden nicht nur die Beine, sondern vor allem der Kopf entscheidend sein – wer wird auf diesen finalen Metern nochmals die Energie aufbringen können, um den Sieg zu sprinten? Oder macht es vielleicht sogar ein Ausreißer? Der Ausgang ist nur schwer vorherzusagen, doch Peter Sagan zählt wie bereits am Vortag sicherlich wieder zu den großen Favoriten.
[tab:Karten und Profile]
Etappenprofil
Mende
[tab:TV und Stream]
TV
Samstag, 18. Juli, 14:15 – 17:30 Uhr
Samstag, 18. Juli, 16:05 – 17:15 Uhr