Radsport: Das Team von BMC hat hauchdünn das Mannschaftszeitfahren der diesjährigen Tour de France gewonnen. Nach anspruchsvollen 28km nach Plumelec trennten die Tagessieger lediglich 62 Hundertstel Sekunden von Team Sky und Chris Froome. Die große Überraschung des heutigen Tages war Movistar.
Was für eine knappe Entscheidung beim Teamzeitfahren vor dem Ruhetag am morgigen Tag. Weniger als eine Sekunde liegen am Ende zwischen den Gewinnern von BMC und Team Sky. Die Vorzeichen des Tages waren klar: Die im Vorfeld der Tour favorisierten Orica-GreenEdge aus Australien mussten bereits in der ersten Woche zahlreiche Ausfälle verkraften und auch die verbliebenen sechs Fahrer sind von Stürzen angeschlagen. Somit war es dann auch wenig überraschend, dass die Sieger des Mannschaftszeitfahrens beim Giro heute mit dem Sieg nichts zu tun hatten und mit fast 5 Minuten Abstand abgeschlagen letzter wurden.
Auch Etixx-QuickStep traf der Ausfall von Tony Martin offensichtlich – das so stark besetzte Team lag schlussendlich 54 Sekunden hinter BMC und Sky. Die große Überraschung des Tages war das spanische Team von Movistar. Kaum jemand hätte mit einer so starken Leistung des Teams von Quintana und Co. gerechnet. Zwar hatten sie während des vorletzten Anstiegs einen kritischen Moment, als das Team auseinanderzureißen drohte, doch sie konnten die Gefahr entschärfen und fuhren mit 32:19 die bis dato schnellste Zeit ein und blieben lange Zeit an der Spitze – bis die Favoritenteams um BMC und Sky in das Geschehen eingriffen.
Das amerikanische Team mit Sitz in der Schweiz, BMC, war von vielen im Vorfeld als Favorit gehandelt worden. Vier der sechs heute angetretenen Fahrer gewannen im letzten Jahr die Weltmeisterschaft im Mannschaftszeitfahren und außerdem haben sie mit Rohan Dennis den momentan vielleicht stärksten Zeitfahrer im Peloton im Team. Es war ein packender Showdown um den Tagessieg. Während Dennis für BMC die meiste Arbeit verrichtete, war es bei Sky der Mann in Gelb – Chris Froome – der seine Teamkollegen immer wieder pushte und ganz vorn das Tempo machte. Es war abermals eine enorm beeindruckende Leistung des 30-jährigen Briten.
Als Sky dann als letztes Team die Ziellinie überfuhr, stand fest: Der Tagessieg geht an BMC, weniger als eine Sekunde fehlte den Briten, die im wirklich zähen Schlussanstieg ganz am Ende deutliche Probleme bekamen, die sie wohl den Tagessieg kostete. Trotzdem dürfte sich die Trauer in Grenzen halten: Chris Froome verteidigt das Gelbe Trikot, verliert lediglich eine Sekunde auf Tejay Van Garderen von BMC, kann aber hingegen seinen Vorsprung auf die Mitkonkurrenten um die Gesamtwertung ausbauen.
Auch Nairo Quintana zählt sicherlich zu den Gewinnern des Tages: Durch die tolle Teamleistung kann der Kolumbianer Zeit auf Contador und Nibali gut machen. A propos Nibali und Contador: Während zu erwarten gewesen war, dass Tinkoff-Saxo heute primär darum bemüht sein würde, wenig Zeit zu verlieren, enttäuschte das Anfangs hoch gehandelte kasachische Team von Astana. Sie verloren 44 Sekunden auf BMC und 43 auf Sky – ein weiterer empfindlicher Rückschlag für Titelverteidiger Nibali. Tinkoff-Saxo und Alberto Contador verloren 37 bzw. 36 Sekunden.
Die deutschen Fahrer und Teams hatten mit dem Tagessieg wenig zu tun. Bora-Argon 18 fehlten am Ende 1:30 auf BMC, Giant-Alpecin 1:36. André Greipel mit Lotto-Soudal erreichten eine Zeit von 00:33:51, 1:31 langsamer als die Sieger.
Endresultat Etappe 9 Tour de France 2015 (MZF)
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1.,BMC Racing,00:32:16
2.,Team Sky,00:00:01
3.,Movistar Team,00:00:04
4.,Tinkoff-Saxo,00:00:37
5.,Astana Pro Team,00:00:44
6.,IAM Cycling,00:00:47
7.,Etixx-QuickStep,00:00:53
8.,Lampre-Merida,00:00:56
9.,LottoNL-Jumbo,00:01:24
10.,Ag2r-La Mondiale,00:01:34
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[tab:Vorschau]
Heute steht das Mannschaftszeitfahren auf dem Programm – für gewöhnlich wird dieses immer schon während der ersten Tourwoche absolviert, in diesem Jahr dauert es etwas länger. Doch die Terminierung ist noch zusätzliches Salz in der ohnehin schon schmackhaften Suppe: Platziert direkt vor dem Ruhetag und vor den schweren Bergetappen in den Pyrenäen, ist es für die Gesamtfavoriten heute auch mental extrem wichtig, ein gutes Ergebnis zu erzielen.
Die Strecke ist mit 28km zwar relativ kurz, aber äußerst anspruchsvoll. Viele Richtungswechsel, einige kurze Anstiege und das steile Finish in Plumelec erfordern perfektes Teamwork, um ein gutes Ergebnis zu erzielen. Spannend beim Teamzeitfahren ist immer auch die etwas andere Hierarchie in den Teams: Nicht selten werden die eigentlichen Kapitäne zu Helfern und die sonstigen Helfer werden zu den großen Helden – doch wie immer gilt: Der Einzelne zählt heute nicht, die Teamleistung ist entscheidend.
Favoriten sind sicherlich einmal mehr die herausragenden Teamzeitfahrer von Orica-GreenEdge, die erst letztlich beim Giro wieder ihre Qualität unter Beweis stellten. Doch auch Etixx-QuickStep und Movistar dürften heute gute Chancen haben. Hinter dem Team Sky steht ein kleines Fragezeichen – so gut die Besetzung des Teams auf dem Papier auch sein mag, in dieser Saison wollte es für das britische Team beim Teamzeitfahren noch nicht so richtig klappen. Vielleicht schlägt ja bei der Tour ihre Stunde?
[tab:Karten und Profile]
Etappenprofil
Côte de Cadoudal
Letzte 5 Kilometer
[tab:TV und Stream]
TV
Sonntag, 12. Juli, 15:00 – 17:45 Uhr
Sonntag, 12. Juli, 15:45 – 17:30 Uhr