Radsport: John Degenkolb (Giant-Alpecin) arbeitet nach seinem schweren Trainingsunfall im Januar an seinem Comeback. Bei einer Pressekonferenz in seinem Heimatort Frankfurt verkündete der 27-jährige gestern, dass er endlich grünes Licht für das Training auf dem Rad bekommen hat. Wann genau er wieder zurück im Peloton ist, lässt sich momentan allerdings noch nicht absehen.
Inzwischen ist der Horrorunfall von Giant-Alpecin fast zwei Monate her. Am 23. Januar war eine siebenköpfige Trainingsgruppe mit John Degenkolb in der Region rund um den spanischen Ort Calpe unterwegs, als die Profis frontal mit dem Geländewagen einer 73-jährigen Britin kollidierten, die auf der falschen Straßenseite unterwegs war. Wie durch ein Wunder überlebten alle Fahrer den Crash, doch unter anderem John Degenkolb wurde schwer verletzt. Der Paris – Roubaix Sieger aus dem letzten Jahr brach sich den Unterarm und verlor um ein Haar seinen linken Zeigefinger.
„Ich habe lange gebraucht, um mit dieser schwierigen Situation fertig zu werden,“ gab Degenkolb gestern unumwunden zu. „Ich war super in Form und auf einem guten Weg – kurz darauf ist alles zerstört.“ So bitter und so schlimm ein solcher Unfall für jedes Opfer ist, so traf es den Deutschen besonders hart: Nach seiner legendären Saison mit Siegen bei Mailand – San Remo und Paris – Roubaix war Degenkolb bis in die Haarspitzen motiviert – innerhalb von Sekunden sind alle Pläne dahin, war alles Training umsonst. „Das ist in diesem Moment kaum zu verstehen und zu begreifen,“ sagte Degenkolb mit emotionaler Stimme.
Doch alles lamentieren hilft nicht, schließlich muss und wird es weitergehen. Wann genau das Comeback ansteht, ist jedoch noch unklar: „Wenn alles normal läuft, brauche ich acht bis zehn Wochen. Vielleicht bin ich aber auch früher zurück.“ Insbesondere die schwere Verletzung am Finger bereitet ihm immer noch Probleme. Auch wenn eine Amputation abgewendet werden konnte, waren zahlreiche Operationen nötig, um den fast abgetrennten und völlig zertrümmerten Finger wiederherzustellen. „Der Knochen des Fingers war teilweise komplett zerstört. Die Ärzte haben ihn mit Knochenteilen aus der Hüfte rekonstruiert.“ Ob die volle Funktionalität und Beweglichkeit wiederhergestellt werden kann, weiß zu diesem Zeitpunkt niemand genau.
Doch der Blick geht nach vorn und es gibt bereits neue Ziele. „Die Klassikersaison ist abgehakt und ich werde mich jetzt auf mein zweites großes Ziel, nämlich die Tour de France, konzentrieren.“ Natürlich wird er aber die anstehenden Klassiker vor dem Fernsehbildschirm verfolgen, auch wenn es ihn sicherlich schmerzen wird, nicht am Start sein zu können. Auf die Frage, wer denn sein Favorit für Mailand – San Remo am Wochenende ist, hatte Degenkolb sofort eine Antwort parat: „Auch wenn die meisten auf Michael Matthews tippen, ich glaube Alexander Kristoff macht es.“
Wir freuen uns jedenfalls, Dege wieder auf dem Rad zu sehen und können es kaum erwarten, bis er wieder ins Renngeschehen einsteigen wird.