Test: Das KTM Macina Kapoho 27,5+ ist ein potentes E-MTB mit überbreiter Plusbereifung. Wir konnten das Bike in unterschiedlichen Gefilden testen und wurden vom spaßig-gutmütigen Charakter des 4.899€ teuren Rades überzeugt.
Eine imposante Erscheinung ist das KTM Macina Kapoho 27,5+ allemal: Natürlich fallen im ersten Moment vor allem die überbreiten Schwalbe Pneus in Plusgröße ins Auge: 3″ breit sind die Reifen vorn und hinten – der Trend hin zu Reifen mit diesen Maßen hat vor allem im E-Bike Bereich Fuß gefasst, wo die Plusbereifung ihre großen Stärken wie die sehr gute Dämpfung und die erhöhte Traktion voll ausspielen kann, ohne dass der Fahrer jedoch allzu sehr unter dem Nachteil des erhöhten Rollwiderstands zu leiden hat. Doch nicht nur die Reifen sorgen für die markante Optik: Das wuchtige Steuerrohr und nicht zuletzt der Tretlagerbereich, in dem sich der Bosch Performance CX Antrieb verbirgt, tun ihr Übriges.
Auf dem Papier ist das KTM Macina Kapoho 27,5+ ein potenter Offroad-Allrounder: Die 125mm Federweg im Heck und 130mm vorn dürften gerade im Zusammenspiel mit der Plusbereifung für enorme Reserven im Gelände sorgen, selbst wenn es zeitweise mal richtig wild zur Sache geht. Das Fahrwerk selbst kommt aus dem Hause FOX – der Float DPS Performance Dämpfer im Hinterbau bietet die vom US-Hersteller bekannten drei Dämpfungspositionen, womit sich die Charakteristik des Hinterbaus auf Fahrstil und Gelände anpassen lässt. Neben der offenen Position und dem inzwischen obligatorischen Lockout kann mit einem kurzen Umlegen des Hebels auch eine Zwischenposition gewählt werden, die ein strafferes Ansprechverhalten zur Folge hat. Die FOX 34 Float Performance Gabel an der Front wartet mit denselben Einstellmöglichkeiten auf: So lassen sich Gabel und Hinterbau gezielt und je nach Gelände in Einklang bringen.
An unserem Testrad war zwar ein XT-Schaltwerk von Shimano verbaut, doch in Serie setzt man seitens KTM auf einen X1 Antrieb aus dem Hause SRAM, der wegen seiner 10-42 Kassette mit einer sehr großen Bandbreite und kleinen Gangsprünge punkten kann. Gebremst wird mit den neuen Shimano XT M8000 Stoppern, die vorn wie hinten mit 180mm großen Icetech-Scheiben kombiniert werden. Hier hätten wir uns an der Front vielleicht eine 203mm Scheibe gewünscht – gerade angesichts der Ausrichtung des Bikes und des mit knapp 21kg hohen Eigengewichts.
Überzeugend finden wir die Wahl der Laufräder: Die breiten Alufelgen von KTM sorgen für sicheren Sitz der Plusreifen und die DT Swiss 350 Naben kommen mit dem patentierten Zahnscheibenfreilauf, der nicht nur den Leerweg reduziert, sondern auch in puncto Haltbarkeit herkömmlichen Sperrklinkenfreiläufen überlegen ist. Etwas verwundert waren wir, dass man sich scheinbar gegen den Einbau einer Variostütze entschieden hat: Auch wenn das Macina Kapoho kein ausgewiesenes Baller-Bike ist, gehört für uns eine verstellbare Sattelstütze inzwischen an jedes Fully, mit dem man auch mal Ausflüge auf die Singletrails wagen möchte.
Die E-Bike Spezialisten von Bosch liefern den passenden Antrieb für das KTM Macina Kapoho: Für ordentlich Power auf dem Trail sorgt die durchzugsstarke Performance CX Ausführung des Motors, der im Zusammenspiel mit dem 500Wh Akku auch die nötige Ausdauer für längere Touren in unwegsamem Gelände mitbringt. Die Schaltzentrale am Lenker ist das bewährte Intuvia Display, das mit guter Ablesbarkeit und intuitiver Bedienung bei uns punkten konnte: Die gut erreichbare Daumenfernbedienung erlaubt schnelle Anpassungen des Antriebs an die Gegebenheiten und beide Bedienelemente – Display und Fernbedienung – erwiesen sich während des Tests als äußerst robust.
Auf unserem mehrstündigen Ausritt mit dem KTM Macina Kapoho 27,5+ im Bayerischen Wald hatten wir nach einer kurzen Eingewöhnung eine Menge Spaß mit dem Plus E-MTB. Im ersten Moment muss man sich jedoch mit dem Fahrverhalten anfreunden: Die dicken Reifen und die langen Kettenstreben machen das Rad sicherlich zu keinem Agilitätswunder, aber fallen dennoch weniger ins Gewicht, als wir uns das beim Blick auf die technischen Daten gedacht hatten. Eine Rolle spielt dabei zweifellos auch der harmonisch-starke Bosch Performance CX Antrieb, der sich in vier Stufen regeln lässt (Turbo, Sport, Tour und Eco). Wir waren außerhalb des Trails zumeist im stromsparenden Eco-Modus unterwegs, der angenehm unterstützt, ohne dabei das Gefühl des „Anschiebens“ zu erzeugen. Wurde es steiler und unwegsamer, kamen auch Tour- und Sportmodus zum Einsatz. Auf den seinem Namen gerecht-werdenden Turbo-Modus verzichteten wir fast komplett.
Die Plusbereifung überzeugte uns bereits nach wenigen Metern auf dem Trail: Enorme Traktion und angenehme Dämpfung sorgten für ein wahres Aha-Erlebnis und machten mächtig Laune. Auch das FOX-Fahrwerk gefiel ausgesprochen gut: Gabel, Dämpfer und Hinterbau lieferten im Zusammenspiel – vor allem im mittleren Trail-Modus – angenehmes Feedback vom Untergrund, boten aber jederzeit genügend Reserven für ruppige Abschnitte auf Wurzelfeldern oder Geröllpassagen.
Nicht ganz so wohl fühlt sich das KTM E-MTB jedoch in steileren Gefilden bergab: Der für ein Rad dieser Klasse sehr steile Lenkwinkel von 69° und der kurze Reach (408mm in Größe L) halten das Bike zwar angenehm kompakt, doch kommen an Steilstufen recht schnell unangenehme Überschlagsgefühle auf. Seinen Teil trägt dazu auch die fehlende Variostütze bei, die wir wirklich in fast jedem Moment schmerzlich vermissten. Wer mit dem Gedanken spielt, sich das KTM Macina Kapoho 27,5+ zuzulegen und damit regelmäßige Ausflüge auf den Singletrail plant, sollte die Anschaffung einer Variostütze bestenfalls direkt mit einplanen. Zu unserer Überraschung machte sich das hohe Eigengewicht des Rads in der Abfahrt so gut wie gar nicht bemerkbar. Das Fahrwerk arbeitete sensibel und auch die Bremsen packten jederzeit zuverlässig zu: Man vergisst in solchen Momenten wirklich, dass man auf einem E-Bike sitzt.
Geht es in die andere Richtung – nämlich bergauf – dann spielt das KTM Bike seine Stärken so richtig aus. Die Power des durchzugsstarken Antriebs landet dank der Plusbereifung direkt auf dem Trail und drückt das Rad samt Fahrer jeden noch so steilen Hang nach oben – selbst Wurzeln oder Steine beeindrucken das Macina in keinster Weise. Wir konnten jedenfalls Trails erklimmen, die uns in manchen Fällen in der Abfahrt vor größere Probleme stellten. Wirklich beeindruckend.
Fazit
Wir hatten großen Spaß auf unserem Ausflug mit dem KTM Macina Kapoho 27,5+. Das E-MTB aus dem Hause KTM ist ein ausgezeichneter Tour-Allrounder mit großen Reserven. Das Fahrverhalten ist mit dem Wort ‚gutmütig‘ wohl am besten Beschrieben: Das Macina bügelt viele Unebenheiten spielend weg, macht aber auch als ausdauernder Tourer eine gute Figur und scheut Ausflüge auf technische Trails keineswegs. Die etwas konservative Geometrie und die fehlende Variostütze trüben den Trail-Spaß ein wenig, sind aber angesichts des ansonsten gelungenen Gesamtpakets durchaus zu verschmerzen.