Radsport: Es brodelt in der Radsport-Welt nach dem gestrigen Tourausschluss von Peter Sagan, der nach wie vor höchst umstritten ist – auch unter Experten, Fahrern und Ex-Profis. Wir haben uns in den Zeitungen und den Sozialen Netzwerken umgesehen und einige Stimmen zum Vorfall und zur Disqualifikation des Weltmeisters zusammengetragen.
Peter Sagan: „Im Sprint habe ich Mark nicht gesehen. Er kam von rechts und ich wollte an das Hinterrad von Kristoff. Mark kam sehr schnell von hinten und hat mich berührt. Ich hatte keine Zeit zu reagieren und er kam zu Sturz. Im Ziel bin ich direkt zu ihm, um zu sehen, wie es ihm geht. Wir sind Freunde und Kollegen im Peloton und Stürze wie dieser sind nie gut. Ich hoffe er erholt sich schnell, ich wünsche ihm gute Besserung.“
Mark Cavendish: „Ich komme gut klar mit Peter. Wenn er die Tür zumacht, ist das das eine. Aber der Ellenbogen? Ich bin kein Fan davon, dass er mich damit so abdrängt. Aber wie gesagt, ich komme gut klar mit ihm und ein Sturz ist ein Sturz. Ich würde einfach nur gerne wissen, was das mit dem Ellenbogen sollte.“ […] Ich bin ihm dankbar, dass er direkt im Anschluss zu mir kam, mich gefragt hat wie es mir geht und sich entschuldigt hat. Wir sind immer noch gute Kollegen.“
Jens Voigt: „Nehmt euch mal Zeit und schaut die Wiederholung in Zeitlupe an. Lasst Sagan und Cav mal außen vor und konzentriert euch auf Démare. Er ist der erste, der seine Spur verlässt. Wenn man also über Bestrafungen nachdenkt, sollte man zunächst einmal ihn in den Fokus nehmen. Er räumt Bouhanni fast ab, der sich irgendwie auf dem Rad hält und dabei Sagan abdrängt. Sagan fährt dann nach rechts, wo einfach kein Platz mehr für einen anderen Fahrer ist. Dann heißt es entweder Bremsen, sicher sein und verlieren oder vielleicht zu gewinnen oder zu stürzen. Meiner Meinung nach ist eine Disqualifikation zu viel des Guten. Punktabzug, letzter Platz und Verlust des Grünen Trikots hätte ich okay gefunden.“
Sven Nys: „Strafe ja, Ausschluss nein!“
André Greipel: „Vielleicht sollte ich mir zukünftig Bilder anschauen, bevor ich meinen Mund aufmache. Entschuldigung an Peter Sagan – ich denke, die Strafe ist zu hart!“
Rolf Aldag (Sportdirektor Dimension Data): „Zeit zu Handeln UCI! Das war kein Rennunfall. Gewalt! Es ist schwierig, einen Weltmeister von der Tour auszuschließen, aber es gibt keine Alternative.“ Er fügte später ergänzend hinzu: „Stürze passieren und das ist Teil des Sports. Wessen Schuld war das heute? Peter? Cav? Beider? Wahrscheinlich waren alle ein wenig beteiligt, und das schließt mehr Fahrer ein als nur Cav und Peter. Was ich aber einfach nicht verstehen kann, ist was Peters Ellenbogen da sollte. Er ist hochverdienter Weltmeister und erfüllt eine Vorbildfunktion. Wollen wir solche Unfälle öfter sehen, wenn so ein Verhalten zur Normalität wird? In Juniorenrennen? Ich denke nicht! Aber wie sollen wir jemandem erklären, dass man das nicht tut, wenn es die besten der Welt genau so praktizieren? Deshalb glaube ich, dass es heute Konsequenzen geben musste […] Das ist eine loss-loss-loss Situation für alle. Heute hat jeder verloren: Peter, Mark, die Tour und der Radsport.“
Robbie McEwen: „Ich bin mit der Disqualifikation von Peter Sagan nicht einverstanden! Zurücksetzen auf der Etappe: Okay. Aber Tourausschluss? Nein!“
Jim Ochowicz (Teammanger BMC): „Die Fahrer wissen genau wo sie sind. Cavendish wäre nicht in die Lücke gefahren, wenn er nicht gedacht hätte, er würde durchlommen. Er ist reingefahren, es gab Kontakt, aber die Körperbewegung von Sagan war etwas extrem.“
Dan Martin: „Ich hab heute mit Peter noch geflachst, dass ich vor ihm landen werde. Er sagte mir ‚Nur wenn ich stürze!‘ – das hab ich aber echt nicht kommen sehen…“
Greg LeMond: „Ich hab schon viel schlimmere Sprints gesehen. Ich kann die Entscheidung der Jury nicht nachvollziehen. Man muss nur mal denken, was Cavendish in der Vergangenheit getan hat 2014. Ich glaube nicht mal Cavendish ist der Meinung ’schmeißt ihn raus‘. […] Mein Gott, wir sind im Sprint, natürlich ist es da eng und es wird hart gekämpft.“
Sebastian Paddags (im Blog auf radsport-news.com): „Démare kommt währenddessen bei der ganzen Aktion mit so viel Zunder von hinten, dass hinter Kristoff plötzlich Greipel, Bouhanni und Démare fast auf einer Höhe fahrend den Lenker auf und zu biegen. Um nun aber wiederum diese Dreier-Combo zu umschiffen, muss Sagan folglich auch nach ganz rechts, kann aber dabei natürlich Cavendish nicht kommen sehen. Cavendish seines Zeichens knallt demnach auch noch mit zunehmendem Schwung von schräg hinten relativ unvorteilhaft in Sagan hinein, so dass diesem gar nichts anderes übrig bleibt, als sein Gleichgewicht wiederfinden zu müssen und dabei reflexartig mit dem Ellenbogen nach rechts außen zu schlackern. Cavendish selbst zerlegt es in jenem Augenblick bereits längst nach allen Regeln der Kunst an der Bande und der Sagan’sche Ellenbogen ist für die nun folgende Karambolage, in der sich auch die von hinten kommenden Degenkolb und Swift noch überschlagen, tatsächlich gar nicht mehr ausschlaggebend.“
Michael Rasmussen: „Cavendish versucht, Sagan mit dem Kopf wegzuschieben und gerät ins Schlingern. Lange bevor [Sagan] den Ellenbogen nach außen streckt.“