Radsport: Andreas Schillinger (Bora – hansgrohe) ist seit über einem Jahrzehnt im Peloton aktiv. Vor dem Start der dritten Etappe hat er sich in unserem Velomotion-Interview einigen Fragen gestellt. Unter anderem erzählt er, wie er damit umgeht, als Helfer in der Öffentlichkeit wenig Beachtung zu finden. Außerdem verrät er uns seine favorisierte Grand Tour.
Andreas, wenn wir das Vorgänger-Team NetApp mit dazu nehmen, fährst du seit zehn Jahren für die gleiche Mannschaft. Wie kommt’s?
Andreas Schillinger: „Wir haben 2010 als kleines Continental Team angefangen. Wir hatten von Beginn an große Ambitionen und wurden vermutlich sogar dafür belächelt. Aber das Team hat sich Jahr für Jahr weiterentwickelt und es ist für mich wie auf einer Treppe: Es geht immer eine Stufe höher. Und wir sind noch nicht am Ende.“
In dieser Saison scheint es für Bora – hansgrohe in allen Bereichen noch einmal deutlich besser zu laufen als in der Vorsaison. Gibt es dafür Gründe?
Andreas Schillinger: „Es braucht einfach alles seine Zeit. Über die Jahre hinweg haben wir uns kontinuierlich weiterentwickelt. Als 2017 dann die Leute von Saxo Bank zu uns kamen – wie Peter Sagan zum Beispiel – hat uns das natürlich in ganz andere Bereiche gehievt, eben auch in die WorldTour. Das war für uns neu und wir mussten erst einmal unsere Erfahrungen sammeln. Das kostet Zeit. Nach und nach wird alles besser. Und ich sehe uns noch nicht am Ende angekommen.“
Du bist selbst schon alle drei Grand Tours gefahren. Welche ist für die die schönste?
Andreas Schillinger: „Durch das ganze Drumherum ist die Tour natürlich schon der Wahnsinn. Ich wünsche es jedem Radsportler, dass er das mal miterleben darf. Aber über drei Wochen ist das natürlich auch der pure Stress. Generell gefällt mir eigentlich der Giro am besten. Italien ist ein schönes Land und das Essen ist natürlich gut. Außerdem ist die Rundfahrt sehr gut organisiert. Also ist der Giro eigentlich meine Lieblings-Grand-Tour.“
Du bist letztes Jahr auch schon die Deutschland Tour gefahren. Aber welche Erinnerungen hast du an die alte Deutschland Tour?
Andreas Schillinger: „Ich bin sie selbst ja nie gefahren. Aber die Deutschland Tour war damals zehn Tage lang. Zusammen mit der Tour de Suisse war das die einzige zehntägige Rundfahrt. Das war schon etwas Besonderes. Aber ich denke auch die Deutschland Tour mit vier Tagen tut dem Ganzen keinen Abbruch. Überall ist die Begeisterung riesig. Die Zuschauer freuen sich, wenn wir kommen. Es ist immer gute Stimmung. Und natürlich macht es richtig viel Spaß, in Deutschland Rennen zu fahren.“
Du wirst seit Jahren als klassischer Helfer eingesetzt. Wie gehst du damit um, dass du in der Öffentlichkeit vielleicht nicht die Wertschätzung bekommst, wie innerhalb der Mannschaft?
Andreas Schillinger: „Für mich ist das nicht so schlimm. Ich will nicht sagen, dass es mich nicht interessiert, aber es ist für mich einfach nicht so wichtig. Am Ende des Tages ist es ein Erfolg, wenn wir als Mannschaft um den Sieg mitfahren können. Am schönsten ist es natürlich, wenn wir eine Etappe gewinnen. Dabei ist es egal, wer es ist. Hauptsache, er hat unser Trikot an. Dann ist für mich alles okay. Im Fußball ist es doch auch so. Ob der Verteidiger ein Tor schießt oder der Stürmer, ist letztendlich egal, wenn die Mannschaft gewinnt. Auch dort brauchst du auf jeder Position einen Spieler, der eine bestimmte Aufgabe erfüllt. So ist es bei Radrennen auch.“
Wie sieht deine Zukunft aus? Hast du einen Vertrag für die kommende Saison?
Andreas Schillinger: „Ich bin eigentlich gerade dabei zu verhandeln. Ich selbst bin noch absolut motiviert und möchte weiterfahren. Wir werden sehen, was in den kommenden Wochen passiert.“
Welchen Rat kannst du Kindern und Jugendlichen mit auf den Weg geben, wenn sie Profis werden wollen?
Andreas Schillinger: „Immer am Ball bleiben. Lasst euch nicht unterkriegen. Es gibt Höhen und Tiefen. Aber wo Schatten ist, da ist auch Sonne. Und die Sonne kommt irgendwann immer mal wieder raus.“