Test: Ich habe mich mit dem Kalkhoff Entice 5.B Advance + ausführlich beschäftigt. Ich war skeptisch, eher ablehnend. Meine Annahme, das Kalkhoff Entice wäre weder ein echtes Mountainbike noch ein reinrassiges Citybike, hat sich bestätigt. Deshalb habe ich meine Meinung geändert…. ja, das muss ich Ihnen jetzt erklären, ich weiß. Mache ich….
Ich muss zugeben ich konnte mich mit der Gattung der SUV E-Bikes erst nicht anfreunden. Ich fragte mich warum man sich denn nicht für ein Trekkingrad oder ein Mountainbike entscheidet. Gerade bei Fahrrädern liegt der Gedanke einen Alles-Könner zu besitzen aber im Trend. Ein weiteres gutes Beispiel dafür sind Gravel Bikes. Auch hier gäbe es die Möglichkeit auf ein Rennrad oder ein Mountainbike zu setzen, während Graveler ein bisschen von beiden sind.
Aber ich habe verstanden… Es macht einfach Spaß sich nicht entscheiden zu müssen. Schnell unterwegs zu sein und trotzdem von der gut asphaltierten Strecke abbiegen zu können, das weckt eine gewisse Abenteuerlust. Bei einem unmotorisierten Trekkingrad würden sich dicke Reifen mit groben Profil auf den Fahrspaß negativ auswirken. Ein höherer Kraftaufwand wäre nötig und man käme langsamer voran. Bei einem E-Bike überwiegen die Vorteile, die eine geländegängigere Bereifung bietet, denn der höhere Widerstand beim Treten wird vom Motor locker ausgeglichen. Das sehen scheinbar viele Menschen so und man kann beobachten, dass die Kategorien E-Trekking Bike und E-SUV-Bike aktuell zunehmend verschmelzen.
Kalkhoff Entice 5.B Advance + – SUV par Excellence mit MTB-Attitüden
Wenn schon SUV, dann aber richtig. Was Autos der Kategorie angeht, da werde ich kein Freund von. Sie sind unpraktisch in der Stadt und können auf einem Feldweg nicht mehr wie ein Fiat Panda 4×4. Anders das Entice. Die entspannte Sitzposition gibt gute Übersicht und man fühlt sich auch auf Feldwegen oder rutschigen Untergründen wohl. Dazu tragen die Reifen von Maxxis einiges bei. Sie sehen dank heller Seitenwand erfrischend anders aus, mit einem Touch Retro-Style, schaffen aber auch einen hervorragenden Kompromiss aus gutem Rollverhalten und hoher Griffigkeit. Die „Velo-Gummi-Fetischisten“ unter den Lesern wird das nicht überraschen, wissen diese doch selbstverständlich, dass diese Reifen aus dem Maxxis Segment extra für schnelle runden auf Mountainbikes entwickelt wurden. Der Zusatz Race verspricht ja schon im Stand, dass hohes Tempo möglich ist.
Neben den Reifen erinnern auch andere Bauteile am Bike an ein Mountainbike: Der bärenstarke Bosch CX Antrieb mit 625 Wh Akku nimmt auch langen Anstiegen den Schrecken. Dieser Antrieb kommt mit dem gewohnten und bewährten Lenkerschalter und dem mittig auf dem Lenker platzierten Intuvia Display. Das lässt sich, zum Ärger von Langfingern, abnehmen. Auch der Akku kann zum Überwintern oder zum Aufladen entnommen werden, das geht sehr bequem nach oben. Eine der wählbaren Unterstützungsstufen beim Bosch CX Antrieb ist übrigens der E-MTB Modus, der wählt die Unterstützung immer passend zur Situation, je mehr man selbst tut, umso mehr hilft er dem Fahrer.
Ein starker Antrieb bringt die Fuhre in Fahrt, die traktionsstarken Reifen brauchen eine kräftige Bremse um stets sicher verzögern zu können. Das erledigen Hydraulische Scheibenbremsen von Shimano souverän. Dass hier die MT-420 Stopper der Japaner verbaut sind, mit Vier Kolben pro Scheibe, ist erneut ein Fingerzeig zu den grobstolligen Mountainbikes, da wird so etwas regelmäßig verbaut.
Und auch die Shimano SLX Schaltung mit ihren 12 Gängen kommt vom Geländefahrrad. Da hat man bei Kalkhoff beherzt ins MTB-Teileregal gegriffen und das tut dem Entice richtig gut. Der Dank sind knackige Schaltvorgänge, auch unter Last, Unempfindlichkeit und Haltbarkeit sowie eine große Übersetzungsbandbreite, die mit dem Bosch CX Aggregat jede Rampe schafft.
Ein letztes Ausrufezeichen setzt die Federgabel von Suntour. Die Mobi 25 gibt es mit bis zu 100 Millimetern Federweg, mit Luftfederung und Steckachse. Alles Daten die so auch bei einem klassischen Cross-Country Mountainbike zu finden sind.
Kalkhoff Entice 5.B Advance + – Urban und Alltag läuft auch
Keines der MTB-typischen Merkmale des Kalkhoff stört beim Alltag in der City. Ok, ein puristisches Urban-Bike mit Mini Akku und reduzierter Ausstattung wiegt weniger und lässt sich leichter tragen. Dafür muss der Kurzstrecken-Pendler den großen Akku des Entice die ganze Arbeitswoche nicht laden. Die Schutzbleche mit Kantenschutz, der Racktime Gepäckträger und ein stabiler Seitenständer helfen mit Aktentasche und sauberen Hosenbeinen im Büro anzukommen. Für den abendlichen Rückweg darf eine sichere Beleuchtung nicht fehlen, hinten von Trelock und vorne von Litemove mit 110Lux aus LEDs.
Auch der Komfort darf nicht vernachlässigt werden, denn wenn ein Rad Freude machen soll, dann muss man sich darauf wohlfühlen. Entspannt sitzen, das funktioniert auf dem Selle Royal Vivo Markensattel. Der Lenkbereich wartet mit drei Dingen auf um es dem Fahrer bequem zu machen: Der Concept EX Riser ist gekröpft und ergonomisch geformt. Der Vorbau lässt sich verstellen und kann so der Physis oder den Vorlieben des Entice-Fahrers angepasst werden. Die Ergon GE 10 Griffe sind bekannt für ihre anatomisch korrekte Formgebung.
Ein weiterer Pluspunkt ist der tiefe Durchstieg des Rahmens. Auch ich kann es nur schwerlich abschütteln, den Reflex bei einem Wave-Rahmen an ein Lady-Bike zu denken. Aber man wird einfach nicht jünger und auch der jugendlichste und athletischste Sportler kommt in einer Gefahrensituation so schneller vom Rad. Und es ist einfach viel bequemer und entspannter. Da passt es zusammen, dass heute auch Räder mit tiefem Durchstieg ganz bewusst von den Herstellern als Unisexmodelle bewertet werden und dass das schwammige Fahrverhalten früherer Fahrräder mit tiefem Durchstieg längst der Vergangenheit angehört. Übrigens gibt es das Entice in drei Rahmenformen, wer also keinen Comfort-Rahmen möchte kann zum klassischen Diamantrahmen oder zum Trapezrahmen greifen.
Kalkhoff Entice 5.B Advance + – ein Alleinstellungsmerkmal
Ok, das Kalkhoff Entice 5.B Advance + kann auf allen Arten von Wegen glänzen. Ist doch jetzt genug Lobgesang… oder? Jaein, nicht ganz. Ich will noch auf eine Sache hinweisen. Kalkhoff erlaubt bei dem Rad ein Gesamtgewicht von 170 Kilo. Dafür steht das + im Produktnamen. 170 Kilo? Das ist viel, aber man braucht es schneller, als man denkt. Zieht man von den 170 Kilo die 27 Kilo ab, die das Rad wiegt, dann noch 30 Kilo die an Gepäck auf einem längeren Trip zusammenkommen können, dann bleiben rund 113 Kilo. Das ist nicht wenig, aber sicherlich sind viele groß-gewachsene E-Bike Fahrer mit dem Körpergewicht nicht mehr im zweistelligen Bereich.
Deutlicher wird das Problem, wenn man unsere Beispielrechnung auf Räder mit Standard-Auslegung anwendet. Zieht man da vom zulässigen Maximum das Gewicht von Rad und Gepäck ab, so darf der/die Fahrer/in nur um die 80 Kilo wiegen. Das ist oft schlicht an der Realität vorbei konzipiert. Das Kalkhoff das Entice auch mit einem 63 Zentimeter hohen Rahmen anbietet, also für sehr große Menschen, macht die +Variante noch sinnvoller.