Test / E-MTB: Mit dem zweiten E-MTB der Unternehmensgeschichte unterstreichen die Italiener von Ducati ihren Anspruch, auch hier an die Erfolge aus dem Motorrad-Bereich anzuknüpfen. Mit edlen Komponenten, gelungener Optik und jeder Menge Federweg ist das Ducati TK-01 RR ein echter Abfahrts-Künstler.
Nicht erst seit diesem Jahr mischt Motorradhersteller Ducati auch bei den E-MTBs mit. Schon seit 2019 sind die Italiener hier aktiv und arbeiten Eng mit den Landsmännern von Thok zusammen. Aus dieser Kooperation entstand unter anderem das Mig-S E-Enduro, das mit dem Ducati TR-01 RR nun in diesem Jahr seinen Nachfolger bekommt. Dabei hat sich an den Grundzügen nichts verändert: Maximaler Abfahrtsspaß trifft auf einen kräftigen Shimano Motor und eine knallige Optik, die sicherlich nicht nur Ducati Fans gefallen dürfte.
Motocross Gene und jede Menge Trail-Potenzial
Die Basis bildet ein komplett neu gestalteter Rahmen aus Aluminium, der für den Einsatz im groben Gelände konzipiert wurde. Das zeigt nicht nur der Blick auf den Federweg: Satte 170 mm im Heck und 180 mm an der Front bietet das E-Enduro aus dem Hause Ducati. Ähnlich verweist auch der Laufradgrößen-Mix mit 29 Zoll vorn und 27,5 Zoll hinten auf derartige Nehmerqualitäten. Unterschiedlich große Laufräder sind in dieser Saison nun fast schon Standard bei einem modernen E-MTB in diesem Federwegsbereich – Ducati bzw. Thok hatte dies jedoch schon im Jahr 2019 beim Vorgänger und war damit einer der Trendsetter. Das mag gewiss auch an der Motocross-Erfahrung der Italiener liegen, wo man schon seit vielen Jahren auf diesen Kniff setzt.
Beim Antrieb bleibt Ducati Shimano treu und verbaut mit dem EP8 den derzeitigen Top-Motor des Fahrrad-Riesen. Dieser passt hervorragend zu einem sportlichen E-MTB wie dem TK-01 RR, denn seine Stärken liegen ganz klar in seiner Dynamik und seiner Spritzigkeit. Mit 85 Nm Drehmoment ist er außerdem eines der kräftigsten Aggregate auf dem Markt. Dass er aufgrund seiner kompakten Abmessungen schön und unauffällig im Rahmen integriert werden kann, freut das Auge des Betrachters.
Kombiniert wird der Motor am Ducati TK-01 RR mit einem 630 Wh Akku, der ebenfalls aus dem Hause Shimano kommt. Dieser ist komplett im Unterrohr integriert, der markante „Bauch“ des Vorgängers mit seiner semi-integrierten Integration ist also Geschichte. Weniger markant ist die Optik des neuen Ducati E-MTBs jedoch nicht, im Gegenteil: Dafür sorgt nicht nur die konsequente Farbgebung, sondern auch die beiden Fender am Unterrohr. Diese sollen Dreck und Schlamm aus dem Gesicht des Fahrers halten und sind durchaus als kleine Hommage an die Motorräder aus eigenem Hause zu verstehen.
Ausbalancierte Geometrie
Keine Experimente geht man in puncto Geometrie ein und dreht im Vergleich zum Vorgänger nur an einigen wenigen Stellschrauben: Der Lenkwinkel ist ein wenig flacher, die Kettenstreben etwas kürzer. Durchaus bemerkenswert ist der für heutige Verhältnisse eher kurze Hauptrahmen – das verspricht viel Agilität, zumal für ein E-MTB mit so viel Federweg wie dem Ducati.
S | M | L | XL | |
---|---|---|---|---|
Stack | 614 | 623 | 638 | 654 |
Reach | 423 | 439 | 464 | 491 |
Oberrohrlänge | 582 | 600 | 629 | 660 |
Steuerrohr | 105 | 115 | 131 | 149 |
Sitzrohr | 385 | 415 | 450 | 495 |
Kettenstreben | 453 | 453 | 453 | 453 |
Radstand | 1212 | 1233 | 1265 | 1298 |
BB Höhe | 355 | 355 | 355 | 355 |
Lenkwinkel | 64,5 | 64,5 | 64,5 | 64,5 |
Sitzwinkel | 75,5 | 75,5 | 75,5 | 75,5 |
Edle Ausstattung fernab des Mainstream
Das Ducati TK-01 RR ist mit einem Preis von 7.499 Euro ein durchaus kostspieliges Unterfangen – dafür bekommt man jedoch auch ein hochwertiges Ausstattungspaket mit einigen Komponenten, die man so nicht oft an Kompletträdern findet. Das trifft direkt auch auf das Fahrwerk aus dem Hause Öhlins zu: Zu den Schweden pflegt man auch im Motorrad-Segment enge Beziehungen, insofern ist es dann auch keine allzu große Überraschung, dass man hier mit der RXF38 Air Gabel vorn und dem TTX Air Dämpfer hinten volle Öhlins-Power geboten bekommt. Die Gabel kommt mit dicken 38mm Standrohren, was viel Steifigkeit verspricht und bietet ebenso wie der Dämpfer eine Menge Einstellmöglichkeiten. Was Gelände-Profis und Fahrwerks-Experten freuen dürfte, könnte Neulinge Anfangs etwas überfordern. Hier ist möglicherweise die eine oder andere Testfahrt notwendig, bis man sein persönliches Wunsch-Setup gefunden hat.
Rahmen | Thok Aluminium |
Federgabel | Öhlins RXF38 Air TTX18 |
Antrieb | Shimano EP8 |
Akku | Shimano 630 Wh |
Dämpfer | Öhlins TTX Air |
Laufräder | Crankbrothers Synthesis Alloy |
Reifen VR | Pirelli Scorpion E-MTB S |
Reifen HR | Pirelli Scorpion E-MTB S |
Schaltwerk | Shimano Deore XT M8100 |
Schalthebel | Shimano Deore XT M8100 |
Kurbel | Shimano |
Umwerfer | Ohne |
Bremse | Shimano Deore XT M8120 |
Bremsscheiben | Shimano RT86 203/203 mm |
Sattelstütze | Kindshock Dropper 170mm |
Sattel | Ducati |
Vorbau | Renthal Apex |
Lenker | Renthal Fatbar Carbon |
Neben Motor und Akku kommen auch Schaltung und Bremsen aus dem Hause Shimano. Mit der XT M8120 darf man sich über eine der kräftigsten Bremsanlagen freuen, die zudem auch mit großen Scheiben vorn und hinten kombiniert wird. Lange Abfahrten sollten damit kein Problem sein. Bei der Schaltung wird ein 12-fach Mix verbaut mit SLX und XT Komponenten; die Bandbreite ist mit 510% exzellent und auch bei der Schaltperformance gibt es rein gar nichts auszusetzen.
Interessant ist die Wahl der Laufräder: Mit den Crankbrothers Synthesis Alloy gibt es einen ausgesprochen hochwertigen Laufradsatz, der speziell für’s E-MTB entwickelt wurde und einige Besonderheiten mitbringt. So sind Vorderrad und Hinterrad nicht nur unterschiedlich groß, sondern auch bei der Felgenbreite und der Speichenzahl gibt es Unterschiede. Wieso? Crankbrothers setzt hier auf ein sehr steifes Vorderrad für möglichst große Lenkpräzision und ein etwas nachgiebigeres Hinterrad, um den Komfort zu erhöhen. Auf den Felgen sitzen Reifen von Pirelli, nämlich den Scorpion E-MTB S in 2,6 Zoll Breite.
Etwas überrascht waren wir beim Blick auf die Waage: Mit knapp 26 Kilogramm ist das Ducati TK-01 RR ein für heutige Verhältnisse recht schweres E-MTB, was wir angesichts der edlen Ausstattung nicht unbedingt erwartet hätten.
Das Ducati TK-01 RR auf dem Trail
Das angesprochene Gewicht spürt man auch auf dem Trail, doch das ist nicht zwangsläufig negativ: Kombiniert mit der sportlichen Geometrie und dem tollen Fahrwerk kommt das Ducati einem „Trail-Staubsauger“ ganz schön nahe. Linienwahl? Sekundär! Das Bike der Italiener bügelt selbst grobe Unebenheiten aus und kommt dabei nur selten aus der Ruhe. Apropos Ruhe: Leider trübt auch hier (wie bei quasi jedem EP8 E-MTB) das deutlich wahrnehmbare Motorklappern den Downhill-Spaß ein wenig. Etwas Geduld braucht man zudem bei der Einstellung von Gabel und Dämpfer – ist das Setup jedoch gefunden, darf man sich über top-Performance freuen.
Ähnlich gutmütig gibt sich das Ducati auch im Uphill, wo auch der EP8 Motor seine Stärken voll ausspielen kann. Fein dosierbar aber mit ordentlich Punch, wenn man beispielsweise Stufen nach oben erklimmen möchte.
Etwas zwiegespalten sind wir bei den Reifen: Diese bieten eine gute Dämpfung und ordentlichen Grip auf trockenen Trails mit festem Untergrund, kommen bei Nässe und/oder tiefen Böden an ihre Grenzen – vor allem, wenn man richtig Tempo aufnimmt. Überhaupt keine Mühe mit hohem Tempo haben dagegen die giftigen Bremsen, die ordentlich zupacken.