Test: Mit dem Storck e:drenic.2 GTS 630 hatten wir den Nachfolger des ersten Shimano E-MTBs aus dem Hause Storck im Test. Mit komplett neuem Rahmen – ebenfalls wieder aus Carbon – und kräftigem Shimano EP8 Motor samt 630 Wh Akku spielt man auf dem Papier ganz vorne mit. Ob sich das auch in der Praxis bestätigt?
Schon in der letzten Saison hatte Storck mit den beiden E-MTBs e:drenalin.2 und e:drenic.2 spannende neue Modelle vorgestellt, die bis auf ihren Namen mit den direkten Vorgängern wenig gemein hatten. Dabei verwendet Storck für beide Modelle eine gemeinsame Rahmenplattform aus Carbon. Die Unterschiede liegen vor allem bei der Laufradgröße (29 Zoll bzw. Mullet beim e:drenalin und 27,5 Zoll beim e:drenic) und dem Federweg. Letzterer fällt beim e:drenic mit 170 bzw. 160 mm etwas üppiger aus als beim Schwestermodell.
Leichter Vollcarbonrahmen mit massig Federweg
Im letzten Jahr befand sich das Vorgängermodell noch in unserem E-MTB Testfeld, wo es zwar mit hohem Komfort überzeugen konnte, bei hohem Tempo jedoch an seine Grenzen geriet. Umso gespannter waren wir auf den Nachfolger: Auch das e:drenic.2 setzt auch einen Vollcarbonrahmen – das heißt sowohl Hauptrahmen als auch Hinterbau bestehen aus Kohlefaser. Das spart Gewicht, bietet den Konstrukteuren viele Freiheiten und sieht zudem echt gut aus! Die Integration von Akku und Motor ist sehr gut gelungen. Der kompakte Shimano EP8 verschwindet im wuchtigen Tretlager-Bereich, wo auch die Dämpferaufnahme untergebracht ist. Beim Akku bietet Storck den Käufern der neuen E-MTBs die Wahl zwischen der 504 Wh Variante oder dem neuen 630 Wh Akku aus dem Hause Shimano. Natürlich sind beide im Unterrohr integriert; die Entnahme erfolgt über eine leicht zu öffnende Klappe am Unterrohr.
Beim Hinterbau vertraut Storck auf eine klassische Viergelenker-Konstruktion mit Horst-Link in der Kettenstrebe. So kitzelt der Rahmen satte 160 mm aus dem Fox Float X2. Am Schwestermodell e:drenalin.2 kommt ein Dämpfer mit weniger Hub zum Einsatz, entsprechend gibt es dort „nur“ 150 mm am Heck. Optisch gefällt der Rahmen mit klaren Linien ohne Schnörkel, die bereits am Steuerrohr im Rahmeninneren verschwindenden Kabel stören den Look entsprechend nicht.
Überzeugende Komponentenwahl
Im Test hatten wir das Storck e:drenic.2 GTS 630 quasi in Top-Ausstattung. „Quasi“ deshalb, da sich die Komponenten an einer Stelle etwas von der Serie unterscheiden. Anstelle eines Factory-Fahrwerks aus dem Hause Fox waren an unserem Testrad Dämpfer und Gabel mit Performance Elite Dämpfung verbaut. Technisch identisch mit den Factory-Elementen, gibt es hier jedoch keine Kashima-Beschichtung. Womit wir auch schon direkt bei den einzelnen Bauteilen wären: In der Front steckt eine Fox 38 mit dicken Standrohren für jede Menge Steifigkeit auch auf ruppigem Terrain. Die Gabel kommt außerdem mit der Grip2 Kartusche, mit der sich Zug- und Druckstufe sowohl im Highspeed als auch im Lowspeed Bereich einstellen lassen. Gleiches gilt für den Float X2 Dämpfer im Hinterbau. Das bietet ein hohes Maß an Individualisierbarkeit, verlangt von weniger erfahrenen Mountainbikern aber etwas Geduld und die eine oder andere Testfahrt, bis man das gewünschte Setup gefunden hat.
Rahmen | Storck e:drenic.2 Carbon |
Federgabel | Fox 38 Performance Elite Grip2 |
Antrieb | Shimano EP8 |
Akku | Shimano 630 Wh |
Dämpfer | Fox Float X2 Performance Elite |
Laufräder | DT Swiss HXC 1200 |
Reifen VR | Schwalbe Magic Mary SuperTrail 2,6" |
Reifen HR | Schwalbe Nobby Nic SpeedGrip 2,6" |
Schaltwerk | Shimano XT M8100 |
Schalthebel | Shimano XT M8100 |
Kurbel | Shimano |
Umwerfer | Ohne |
Bremse | Shimano XT M8120 |
Bremsscheiben | Shimano RT86 203/180mm |
Sattelstütze | Kind Shock LEV Integra 150 mm |
Sattel | Selle San Marco GND |
Vorbau | Storck |
Lenker | Storck Carbon Riser 800/20 |
Geschaltet wird mit Komponenten aus Shimanos hochwertiger XT-Reihe. Zwölf Gänge bietet die breit abgestufte Kassette, mit der man garantiert auf jedem Terrain einen passenden Gang findet. Auch auf den Bremsen prangt das Shimano XT Logo: Hier gibt’s mit einer 4-Kolben Anlage vorn und hinten viele Reserven, was angesichts des großen Federwegs auch nicht allzu überraschend ist. Die 180 mm große Scheibe hinten könnte bei schweren Fahrern und sehr langen Abfahrten eventuell an ihre Grenzen kommen – hier könnte man dann über einen Tausch gegen eine 203 mm Scheibe nachdenken.
Sehr edel kommen die Laufräder an unserem Testbike daher: Mit den HXC1200 aus dem Hause DT Swiss gibt’s einen der hochwertigsten E-MTB Laufradsätze überhaupt. Die 30 mm breiten Carbonfelgen sind leicht, robust und bieten den 2,6 Zoll breiten Schwalbe Reifen viel Halt. Bei den Naben darf man sich außerdem über den DT Swiss eigenen Zahnscheiben-Freilauf freuen, der gerade in puncto Langlebigkeit deutlich mehr bietet als ein klassisches Sperrklinken-System.
So ausgestattet schlägt das e:drenic.2 mit ca. 8.000 Euro zu Buche – viel Geld, angesichts der verbauten Komponenten finden wir den Preis jedoch überaus fair. Da ist auch das geringe Gewicht von lediglich ca. 22 kg in Größe L keine Überraschung. Wer nicht ganz so viel ausgeben kann oder möchte, bekommt auch schon in der Basis-Variante für 1.000 Euro weniger ein überzeugendes Komponentenpaket.
Moderne Geometrie
Die Geometrie des neuen Storck e:drenic.2 GTS fällt im Vergleich zum Vorgänger deutlich moderner und sportiver aus: Der Lenkwinkel ist mit 65° flacher, der Hauptrahmen fällt deutlich länger aus. Beides dürfte zur Laufruhe beitragen und dem Fahrer gerade bei hohem Tempo spürbar unter die Arme greifen. Der ziemlich hohe Stack sollte für eine recht aufrechte Sitzposition sorgen, was die „Einstiegshürde“ für weniger geübte Mountainbiker geringer machen dürfte. Bei einem genaueren Blick auf die drei erhältlichen Größen fällt der Sprung zur Größe L auf. Einerseits schön, dass Storck damit auch wirklich großen Fahrern einen passenden, fahrenden Untersatz bietet, andererseits entsteht so doch eine kleine Lücke im Größen-Aufgebot.
S | M | L | |
---|---|---|---|
Stack | 615 | 625 | 647 |
Reach | 435 | 459 | 489 |
Oberrohrlänge | 588 | 615 | 650 |
Steuerrohr | 100 | 110 | 135 |
Sitzrohr | 400 | 420 | 480 |
Kettenstreben | 455 | 455 | 455 |
Lenkwinkel | 65 | 65 | 65 |
Sitzwinkel | 76 | 76 | 76 |
Komfortabel mit Nehmerqualitäten
Und auf dem Trail? Zunächst weiß das Storck mit zwei Qualitäten zu überzeugen – da wäre einerseits der hohe Komfort, der direkt beim ersten Aufsitzen auffällt. Das liegt insbesondere an der gut ausbalancierten, entspannten Sitzposition. Ebenso macht auch der Shimano EP8 Motor direkt vom Antritt weg Spaß. Gerade in puncto Dynamik, Beschleunigung und Spritzigkeit ist der Antrieb der Japaner für uns derzeit unerreicht. Bei der reinen Power liegt er mit 85 Nm auf dem Papier auf dem Niveau der Konkurrenz von Bosch oder Brose. In der Praxis gibt sich der EP8 hier jedoch etwas wählerisch bei der Trittfrequenz: Die volle Leistung, gerade im Uphill, entfaltet er eher bei hoher Kadenz.
Gerade auf dem Weg nach oben funktioniert die Geometrie sehr gut und trotz der hohen Front droht das Vorderrad auch an steilen Rampen nur selten den Kontakt zum Boden zu verlieren. Einzig die Wahl des Hinterreifens erscheint uns nicht ganz optimal: Gerade wenn es nass oder feucht ist, neigt der Nobby Nic trotz seiner üppigen Breite von 2,6 Zoll hier und dort zum Durchdrehen.
In der Abfahrt glänzt das Storck e:drenic.2 mit Nehmerqualitäten, die dem Federweg entsprechen: Das Fahrwerk bügelt auch bei sportlichem Tempo und anspruchsvollem Gelände Unebenheiten aus und verzeiht auch mal einen gröberen Fahrfehler. Der Hinterbau zeigt sich sehr schluckfreudig, bietet ab Werk jedoch für Sprünge oder Drops etwas wenig Gegendruck. Hier kann man jedoch dank der vielen Einstellmöglichkeiten am Dämpfer mit etwas Tuning nachhelfen und so kommen auch jene Fahrer auf ihre Kosten, die sich mehr Feedback im Gelände wünschen. So viel Freude uns das Storck e:drenic.2 auf dem Trail auch bereitet hat, eine Sache fiel aber leider negativ auf: Auch auch gemäßigtem Untergrund war ein deutlich hörbares Klappern vom Bike zu vernehmen. Das ist jedoch nur bedingt Storck anzulasten, da dieses Geräusch aus dem Motorinneren kommt und bei fast jedem EP8 Rad mehr oder weniger stark ausgeprägt ist.