Radsport: Die Königsetappe des diesjährigen Giro d’Italia ging erwartungsgemäß an einen echten Bergspezialisten. Der Kolumbianer Esteban Chaves (Orica-GreenEdge) gewann vor dem neuen Leader Steven Kruijswijk (Lotto-NL Jumbo) und dem Österreicher Georg Preidler (Giant-Alpecin). Nach einer Attacke von Vincenzi Nibali (Astana) hinauf zum Passo Valparola wurde das Feld gesprengt und vor allem das Team Movistar erlitt dadurch eine herbe Niederlage. Nibali konnte schließlich Kruijswijk und Chaves nicht mehr folgen, so dass es nun beim Giro zu einer echten Überraschung kommen könnte.
37 Fahrer suchen ihr Heil in der Flucht
Die gestrige 13. Etappe war mit vier Bergwertungen der 1. und 2. Kategorie schon eine wirklich harte Nummer, doch diese sollte von der heutigen 14. Etappe noch einmal überboten werden. Auf dem Programm standen 210 km von Alpago nach Corvara mit insgesamt zwei Bergwertungen der 1. Kategorie, drei der 2. Kategorie und eine der 3. Kategorie. Als wäre dies noch nicht genug, stand kurz vor dem Ziel noch eine bis zu 19 % steile Rampe im Weg. Mit 4.774 Höhenmetern gilt diese Etappe als schwierigster Teilabschnitt bei einem Giro d’Italia seit drei Jahren. Dementsprechend wollten viele Teams in der Spitzengruppe vertreten sein, was letztendlich bis auf zwei Teams allen gelang. Zwar konnten sich zu Beginn keine Grüppchen bilden, doch nach rund 40 Kilometern riss das Feld in zwei Teile und so setzten sich mehr oder weniger unbewusst am Ende 37 Fahrer ab. Lediglich die Teams FDJ und Tinkoff hatten vorne niemanden. Nachdem sich rumgesprochen hat, dass kein für das Gesamtklassement gefährlicher Fahrer vorne vertreten ist, wurde die große Gruppe von der Leine gelassen und konnte sich im Laufe des Tages einen Vorsprung von über neun Minuten herausfahren. Bereits an den ersten Bergen zerteilte sich die Gruppe erwartungsgemäß. Dabei punktete Damiano Cunego (Nippo-Vini Fantini) weiterhin solide für sein Bergtrikot, welches ihm nach der heutigen Etappe nur noch schwer wieder wegzunehmen sein wird.
Astana dominiert das Feld, Atapuma als Solist unterwegs
Kurzzeitig konnte sich Ruben Plaza (Orica-GreenEdge) von seinen Mitstreitern lösen und eine elfköpfige Verfolgergruppe machte sich auf den Weg. Währenddessen stiegen einig Fahrer aus dem Rennen aus. Darunter unter anderem der Österreicher Matthias Brändle (IAM), Przemyslaw Niemiec (Lampre-Merida), Ryder Hesjedal (Trek-Segafredo) und Sprintstar Arnaud Démare (FDJ). Als der Anstieg zum Giau begann, verkleinerte sich die Verfolgergruppe weiter. Genauso wie das Hauptfeld, welches von Astana angeführt wurde und das Team Movistar bis auf Alejandro Valverde und Giro-Leader Andrey Amador ordentlich dezimieren konnte. Während vorne Plaza von der Verfolgergruppe gestellt wurde und sich Darwin Atapuma (BMC) und Kanstantsin Siutsou (Dimension Data) absetzen konnten, waren hinten Andrey Amador (Movistar) und Bob Jungels (Etixx-Quick Step) nicht mehr in der Lage, dem Tempo von Astana zu folgen. Erneut bewies der Mann im Maglia Rosa jedoch, dass er zu den weltbesten Abfahrern gehört und ihm gelang es einmal mehr, die Lücke bergab zu schließen. Vorne attackierte Atapuma erneut und machte sich als Solist auf dem Weg Richtung Ziel.
Der große Angriff gegen das Movistar-Duo
Nachdem Astana so lange das Tempo im Feld kontrolliert hat, war ein Großangriff von Nibali schon fast zu erwarten. Dieser kam dann auch hinauf zum Passo Valparola. Zuerst konnte dem Italiener nur Steven Kruijswijk (Team Lotto-NL Jumbo) folgen, doch auf den nächsten Metern schlossen auch Esteban Chaves (Orica-GreenEdge), Rigoberto Uran (Cannondale), Rafal Majka (Tinkoff) und Ilnur Zakarin (Katusha) auf. Während dahinter vor allem das Movistar-Duo Valverde/Amador um den Anschluss bemüht war, aber keinen Meter näher kam, attackierte in der sechsköpfigen ersten Favoritengruppe Kruijswijk. Chaves machte sich mit Nibali auf die Verfolgung, doch der Italiener konnte das Hinterrad nicht lange halten. Als der Passo Valparola überquert wurde, lag Atapuma rund 40 Sekunden vor der neu zusammengesetzten Verfolgergruppe bestehend aus Preidler, Siutsou, Chaves und Kruijswijk. Dahinter folgte weitere 30 Sekunden zurückliegend Nibali, auf den dann das Duo Majka/Zakarin folgte. Die Gruppe um Valverde und Amador lag bereits über drei Minuten hinter Spitzenreiter Atapuma zurück und verabschiedet sich damit eigentlich bereits aus dem Kampf um den Gesamtsieg.
Chaves gewinnt die Etappe, Kruijswijk das Maglia Rosa
Nach der wenig entspannenden Abfahrt folgte schließlich die letzte schwere Hürde: die Muro del Gatto. Sie ist zwar nur etwas weniger als einen halben Kilometer lang, hat es jedoch mit einer Durchschnittssteigung von über 13 % in sich. Siutsou konnte dem Tempo in der Verfolgergruppe nicht mehr standhalten und flog zurück. Atapuma schleppte sich zwar noch über die Muro, doch kurz vor der zwei Kilometer Marke wurde er vom Verfolgertrio eingeholt und hatte schließlich keine Kraft mehr für den Schlussprint. Anders sah dies bei Chaves aus. Der Kolumbianer gewann den Sprint vor Kruijswijk, der sich jedoch mit dem Maglia Rosa trösten kann. Nibali verliert am Ende 37 Sekunden + die Zeitgutschrift. Zakarin/Majka kamen 2:29 Minuten später ins Ziel, Uran 2:50 Minuten danach und die Gruppe um Valverde und Pozzovivo verlor gar 3:00 Minuten auf Tagessieger Chaves und den neuen Leader Kruijswijk. In der Gesamtwertung kam es dadurch natürlich zu erheblichen Verschiebungen.
Endresultat Giro d’Italia Etappe #14
Platz | Fahrer | Land | Team | Zeit |
---|---|---|---|---|
1 | Esteban Chaves | COL | Orica-GreenEdge | 06:06:16 |
2 | Steven Kruijswijk | NED | Team LottoNl-Jumbo | |
3 | Georg Preidler | AUT | Team Giant-Alpecin | |
4 | Darwin Atapuma | COL | BMC | 00:00:06 |
5 | Vincenzo Nibali | ITA | Astana | 00:00:37 |
6 | Kanstantsin Siutsou | BLR | Dimension Data | |
7 | Ilnur Zakarin | RUS | Team Katusha | 00:02:29 |
8 | Rafal Majka | POL | Tinkoff | |
9 | Rigoberto Uran | COL | Cannondale | 00:02:50 |
10 | Domenico Pozzovivo | ITA | AG2R La Mondiale | 00:03:00 |
Gesamtwertung Giro d’Italia 2016
Fahrer | Land | Team | Zeit | |
---|---|---|---|---|
1. | Vincenzo Nibali | ITA | Astana | 86:32:49 |
2. | Esteban Chaves | COL | Orica-GreenEDGE | 00:00:52 |
3. | Alejandro Valverde | ESP | Movistar | 00:01:17 |
4. | Steven Krujswijk | NED | LottoNL-Jumbo | 00:01:50 |
5. | Rafal Majka | POL | Tinkoff | 00:04:37 |
6. | Bob Jungels | LUX | Etixx - Quick-Step | 00:08:31 |
7. | Rigoberto Uran | COL | Cannondale | 00:11:47 |
8. | Andrey Amador | COL | Movistar | 00:13:21 |
9. | Darwin Atapuma | COL | BMC | 00:14:09 |
10. | Kanstantsin Siutsou | BLR | Cannondale | 00:16:20 |