Test: Das Bergamont E-Trailster geht 2018 in sein drittes Jahr – im Test zeigt es, dass man bei den Hansestädtern gute daran tut, am Erfolgsrezept festzuhalten.
Bergamont E-Trailster 8.0: Rahmen und Antrieb – Ausgewogen und vortriebsstark
Die Basis des Bergamont E-Trailster 2018, der Rahmen, konnte sich nun schon mehrere Saisons bewähren. Seit seiner Einführung 2015 hat man bei den Hamburgern diesbezüglich nur wenig geändert und hält am ursprünglichen Konzept fest – aus durchaus gutem Grund. Eine Besonderheit, die auch weniger technik-affinen Fahrern wahrscheinlich schon auf den ersten Blick auffällt, ist die Kettenumlenkung auf Höhe des Tretlagers. Sah man das vor einigen Jahren gerade an E-MTBs häufig, ist dieser „Kniff“ inzwischen seltener geworden.
Im Falle des E-Trailsters minimiert die Umlenkung Antriebseinflüsse wie Wippen oder Pedalrückschlag und Kettenschlagen ist aufgrund der hoch positionierten Kette fast ausgeschlossen. Damit die Kette nicht von der Umlenkrolle rutscht, hat Bergamont hier eine kleine Kettenführung angebracht. Die Umlenkrolle produziert eine etwas größere Geräuschkulisse und der Verschleiß des Antriebs (Kette, Umlenkrolle selbst) ist etwas höher als bei einem klassischen Hinterbau.
Dass er Rahmen bereits eine gewisse Zeit auf dem Buckel hat, wird bei der Antriebsintegration wahrscheinlich am deutlichsten: Der Bosch Performance CX Motor wirkt optisch wie ein kleiner Fremdkörper und der Akku sitzt auf, nicht im Unterrohr. Die meisten hochwertigen E-MTBs setzen 2018 auf den integrierten PowerTube 500 Akku von Bosch. Dass man seitens der Hansestädter am klassischen externen Akku festhält, muss jedoch nicht unbedingt ein Nachteil sein: Gerade wer gerne und regelmäßig längere Touren fährt und deshalb auch unterwegs den Akku tauschen muss, wird die einfachere Handhabung zu schätzen wissen. Durch das Rahmen- und Decaldesign trägt der Energiespeicher zudem optisch kaum auf. Die große Beliebtheit der integrierten Akkus führt zudem bei Hersteller Bosch zu Lieferengpässen und zahlreiche 2018er Modelle werden erst im Laufe des Frühjahrs in den Handel kommen – dieses Problem wird das E-Trailster nicht haben. Schön Detaillösung: Der Motor selbst ist durch eine eigens entwickelte Kunststoffabdeckung auf der Unterseite vor Einschlägen hochgewirbelter Steine geschützt.
Die Züge und Leitungen verlaufen allesamt im Inneren des Rahmens und werden an den Öffnungen sicher geklemmt. Wer sie bei der Montage also auf Spannung bringt, bleibt vor nervigem Klappern während der Fahrt verschont. Der Rahmen kann mit einer insgesamt sehr hochwertigen Verarbeitung und einigen schönen Details punkten. Dazu gehören ein „echtes“ Headbadge, optisch gelungen gelaserte Lagerabdeckungen und eine hochwertige und während unseres Tests erfreulich beständige Lackierung.
Das Trailster hat 140mm Federweg im Heck, 150 in der Front und wie der Name schon sagt: Es wurde für den Trail gebaut. Die 27,5″ Laufräder sind bei den E-MTBs inzwischen selten geworden; viele Hersteller setzen hier inzwischen auf breite Plusbereifung, manchmal auch in Kombination mit den besser rollenden 29″ Laufrädern. Das mag zwar teilweise durchaus Sinn machen: Breite Reifen haben tendenziell mehr Grip und dämpfen besser, kommen aber auch nicht ganz ohne Nachteile aus. Wer beispielsweise mit viel Druck am Vorderrad durch Anlieger prescht, muss bei Plusreifen immer vorsichtig sein, da diese zum Wegknicken neigen. Zudem machen klassische 27,5″ Laufräder und Reifen das Rad einen Ticken spritziger und agiler.
Bergamont E-Trailster 2018
S | M | L | XL | |
Sitzrohr (in mm) | 420 | 470 | 510 | 540 |
Oberrohr horizontal (in mm) | 572 | 595 | 606 | 619 |
Steuerrohr (in mm) | 115 | 120 | 135 | 150 |
Kettenstrebe (in mm) | 475 | 475 | 475 | 475 |
Radstand (in mm) | 1202 | 1222 | 1239 | 1255 |
Lenkwinkel (in °) | 66.5 | 66.5 | 66.5 | 66.5 |
Sitzwinkel (in °) | 74 | 74 | 74 | 74 |
Reach (in mm) | 424 | 443 | 453 | 463 |
Stack (in mm) | 609 | 614 | 627 | 641 |
Die Geometrie des Bergamont E-Trailster ist dem Einsatzbereich angemessen: Der Lenkwinkel fällt mit 66.5° gemäßigt flach aus, was gerade in steilen Downhill-Passagen für Sicherheit sorgen sollte, ebenso wie der ausreichend lange Reach, der den Fahrer zentral über dem Rad positioniert. Etwas aus der Reihe fallen die mit 475mm extrem langen Kettenstreben: Das kostet definitiv Punkte bei der Agilität und dürften das Bike in engen Passagen etwas sperriger machen. Andererseits sorgt der lange Radstand für viel Laufruhe und dank der langen Streben sollte das Vorderrad auch bergauf an steilen Rampen fest am Boden bleiben.
Bergamont E-Trailster 8.0: Ausstattung – Überzeugend mit kleinen Schwächen im Detail
Rahmen | AL-6013 Ultra Lite 140mm |
Federgabel | Fox 34 Float Performance 150mm |
Antrieb | Bosch Performance CX |
Akku | 500Wh |
Dämpfer | Fox Performance Float EVOL |
Laufräder | DT Swiss H1900 Spline |
Reifen VR | Maxxis Forekaster EXO 2,35" |
Reifen HR | Maxxis Forekaster EXO 2,35" |
Schaltwerk | Shimano Deore XT 11s |
Schalthebel | Shimano SLX |
Kurbel | BGM Delta Pro |
Umwerfer | |
Bremse | Magura MT4 |
Bremsscheiben | Magura Storm HC 203/180mm |
Sattelstütze | BGM Dropper Post 125mm |
Sattel | Ergon SMA30 |
Vorbau | Answer AME |
Lenker | BGM Pro 740mm |
Kommen wir zur Ausstattung. Das E-Trailster 8.0 ist die Top-Variante des E-Fullys aus dem Hause Bergamont. Mit 4.599€ bleibt es preislich dennoch erschwinglich, gerade angesichts der derzeitigen Preise, die mittlerweile bei den Top-Varianten gerne mal die magische 10.000€-Marke durchbrechen. Dafür muss man auf edle Anbauteile verzichten, bekommt aber durchweg hochwertige und solide Komponenten, die auch bei längerem, sportlichen Einsatz eine zuverlässige Performance abliefern dürften.
Das Fahrwerk aus Fox 34 Float Performance an der Front und dem entsprechenden Float Performance Dämpfer im Heck zählt in dieser Preisklasse zum besten, was man bekommen kann. Beide Federungselemente bieten Fahrer oder Fahrerin die Möglichkeit die Druckstufe in drei Stufen zu variieren, von komplett offen über eine mittlere Plattform bis zu einem nahezu geschlossenen Setting, das während langer Uphills wertvolle Watt spart. Schönes Detail: Die Decals sind farblich auf das Gesamtdesign des Bikes abgestimmt.
Bei der Schaltung vertraut man auf bewährte Performance von Shimano: Das XT Schaltwerk lässt auf Kommando des SLX Schalthebels die Kette über die Ritzel der 11-42 Kassette gleiten. Die Bandbreite dürfte damit sowohl für längere Geraden als auch steile Anstiege groß genug sein.
Für die nötige Stoppkraft soll eine Bremsanlage von Magura sorgen: Wie bereits beim Vorgänger verbaut man jedoch nicht die 4-Kolben Stopper MT5 oder MT7, sondern die etwas weniger kräftige MT4 Variante. Zwar wird diese mit ausreichend großen 203 bzw. 180mm großen Storm HC Scheiben kombiniert, jedoch hätten wir uns für ein abfahrtsorientiertes E-MTB lieber eine der beiden 4-Kolben Bremsen gewünscht. Damit hätten auch schwere Fahrer auf längeren Abfahrten noch genügend Reserven.
Schön, dass Bergamont dem E-Trailster eine Variostütze spendiert, die für ernsthaften Einsatz auf dem Trail inzwischen nicht mehr wegzudenken ist. Die 125mm Hub sind für die meisten Einsatzbereiche zwar ausreichend, aber zumindest in den Größen L und XL hätten wir uns hier 150mm gewünscht. Ebenso fällt für unseren Geschmack der Lenker mit 740mm eine Spur zu schmal aus; einem Rad der Klasse des Trailsters würden 760mm oder mehr sicherlich besser zu Gesicht stehen.
Bergamont E-Trailster 8.0: Auf dem Trail
Die Sitzposition auf dem Bergamont E-Trailster ist angenehm und zentral auf dem Rad. Das lange Oberrohr rückt den Fahrer trotz der langen Streben schön über das Tretlager, was für ein gutmütiges und stabiles Gefühl sorgt. Der Bosch Performance CX Antrieb schiebt wie gewohnt kräftig an, die Geräuschkulisse ist wahrnehmbar, aber dürfte nur die wenigsten Fahrer stören. Spätestens wenn die Reifen losen Untergrund unter sich haben, wird der Motor von den Fahrtgeräuschen übertönt. Die Kettenumlenkung ist überraschend leise und das leise Rasseln ist nur dann hörbar, wenn man direkt darauf achtet.
Zeigt der Weg nach oben, macht das E-Trailster unglaublich viel Laune. Das liegt eben nicht nur am angesprochenen, starken Antrieb, sondern auch an der Geometrie: Dank der langen Streben klebt das Vorderrad selbst an steilen Rampen am Boden und das Bike frisst Höhenmeter und Höhenmeter. Die Bandbreite der SLX Kassette ist mehr als ausreichend, um längere Anstiege – entsprechende Grundfitness vorausgesetzt – auch im Eco-Modus bewältigen zu können und Akku zu sparen.
Ist der Berg erklommen und der Trail schlängelt sich wieder dem Tal entgegen, macht sich gerade auf flowigem Terrain wieder die ausgewogene Sitz- bzw. Stehpositon auf dem Rad bemerkbar, die auch in der Luft für ein gutes Gleichgewicht sorgt. Wird’s gröber, kann das Fahrwerk seine Stärken ausspielen: Gabel und Hinterbau harmonieren sehr gut und sind auch für gelegentliche Ausflüge in den Bikepark ausreichend dimensioniert. Die Variostütze funktioniert gut, die 125mm Hub sind jedoch bei großen Fahrern grenzwertig. Wer viel Freiraum für sein Gesäß braucht, wird nicht umher kommen, hier nachzurüsten oder die Stütze einfach händisch etwas tiefer im Rahmen zu versenken.
Einen überraschend guten Job macht die MT4 Bremsanlage, die lediglich bei längeren Abfahrten und bei schweren Fahrern an ihre Grenzen stoßen könnte. Die Ergonomie am Cockpit ist gut, ein breiterer Lenker würde dem Handling jedoch gut tun, gerade wenn es hier etwas mehr Nachdruck benötigt. Dennoch glänzt das E-Trailster mit großer Laufruhe, die ein wenig auf Kosten der Agilität geht – von einem unangenehmen „Sattelschlepper-Feeling“ ist das Bergamont jedoch weit entfernt.