Giro d'Italia: Giro d’Italia Etappe #19: Der Hai Nibali beißt zurück, Chaves erobert Rosa nach Kruijswijk-Sturz

Radsport: Was eine Etappe!  Eine Tempoverschärfung von Orica-GreenEdge an der Cima Coppi zerreisst zuerst das Feld und auf der Abfahrt stürzt dann mit Steven Kruijswijk (Lotto-NL Jumbo) auch noch der Mann im Maglia Rosa. Vincenzo Nibali (Astana) nutzte die Gunst der Stunde und schnappte sich den Etappensieg, während Esteban Chaves (Orica-GreenEdge) das Rosa Trikot erobern konnte. Kruijswijk verlor fast fünf Minuten und liegt nun in der Gesamtwertung 1:05 Minuten hinter Chaves. Noch schlimmer erwischte es Ilnur Zakarin (Katusha). Der Russe musste die Rundfahrt nach einem schweren Sturz als Gesamtfünfter aufgeben.

Altmeister Scarponi erklomm die Cima Coppi zuerst

Die 19. Etappe sollte die Fahrer über 162 km von Pinerolo nach Risoul führen. Im Weg standen dabei zwei Bergwertungen: Einmal die Cima Coppi auf dem Colle dell’Agnello, wo gleichzeitig die Grenze zu Frankreich überschritten wird, und dann auch noch der Schlussanstieg hinauf zum Ziel in Risoul. Der Beginn des Teilstücks ist jedoch eher flach bis wellig, weshalb sich viele Fahrer Chancen ausgerechnet haben, Teil der heutigen Spitzengruppe zu sein. Doch gerade deshalb konnte sich keine Gruppe so richtig absetzen. Das Feld blieb größtenteils zusammen, da vereinzelte Attacken immer wieder abgefangen wurden. Die Erfahrung lehrte uns bereits mehrfach, dass Etappen, wo sich lange Zeit keine Spitzengruppe formieren kann, oftmals ein episches Ausmaß nehmen, da keine geregelte und ruhige Rennsituation eingetreten ist. Auch heute zerfiel schließlich das Feld direkt im Colle dell’Agnello in mehrere Teile. 28 für die Gesamtwertung ungefährliche Fahrer setzten sich ab, darunter auch die ersten beiden im Bergklassement, Damiano Cunego (Nippo-Vini Fantini) und Stefan Denifl (IAM), die jedoch beide nicht wie gewünscht Punkte einfahren konnten. Denn Michele Scarponi (Astana) setzte sich wenige Kilometer vor der Cima Coppi ab und konnte die Bergwertung vor Mikel Nieve (Sky) und Diego Ulissi (Lampre-Merida) für sich entscheiden.

Sturz brachte souveränen Kruijswijk aus dem Tritt

Während Scarponi sich von seinen Fluchtgefährten absetzen konnte, erhöhte Orica-GreenEdge im Hauptfeld das Tempo. Diese Tempoverschärfung kam schon fast einem Bergsprint gleich, so dass das komplette Peloton förmlich explodierte. Nach wenigen Sekunden waren nur noch die Top drei der Gesamtwertung übrig: das Maglia Rosa von Steven Kruijswijk (Lotto-NL Jumbo), Esteban Chaves (Orica-GreenEdge) und Alejandro Valverde (Movistar). Nach einem weiteren Angriff von Chaves erkannte dieser jedoch, dass Kruijswijk souverän jeden Angriff locker mitgehen kann. So flachte das Tempo wieder etwas ab und Rafal Majka (Tinkoff) und Vincenzo Nibali (Astana) konnten den Anschluss wieder herstellen. Nach einer weiteren Tempoverschärfung verloren Valverde und Majka den Anschluss und ihnen fehlte an der Cima Coppi bereits eine Minute zur Gruppe um das Maglia Rosa. Auf der langen Abfahrt vom Colle dell’Agnello kam es dann zu Stürzen von Ilnur Zakarin (Katusha) und Steven Kruijswijk. Der Leader verlor viel Zeit und musste seine Rennmaschine wechseln. Die unübersichtliche Rennsituation und die unzuverlässigen Zeitangaben ließen die Fans lange Zeit im Ungewissen. Die Lage stellte sich kurz vor dem Schlussanstieg wie folgt dar: Während Scarponi auf Teamkollege Nibali warten musste und Maxime Monfort (Lotto Soudal) dadurch die Führung übernahm, schloss die Gruppe um Nibali und Chaves auf die Verfolgergruppe auf, die noch aus der ehemaligen Ausreißergruppe bestand. Rund eine Minute dahinter folgten Majka und Valverde, eine weitere Minute darauf dann Kruijswijk, der für weite Strecken völlig auf sich allein gestellt sein sollte.

Nibali gewinnt, Chaves holt sich Rosa, Kruijswijk leidet

Der Schlussanstieg hinauf zum Etappenziel in Risoul hatte es mit einer Länge von 12,9 km und 6,9 % Durchschnittssteigung in sich. Vor allem deshalb, weil der Kampf um die vorderen Ränge in der Gesamtwertung extrem spannend war. 10,5 km vor dem Ziel gelang es der Nibali/Chaves-Gruppe, den bisher führenden Monfort einzuholen. Nach und nach wurden alle Begleiter abgeschüttelt, bis Nibali rund fünf Kilometer vor dem Ziel zur großen Attacke ansetzte. Er distanzierte Chaves, der bereits an der Cima Coppi mehrmals attackierte und mit seinen Kräften am Ende schien, und fuhr dem Etappensieg entgegen. Währenddessen strampelten Majka und Valverde zusammen mit Uran um Schadensbegrenzung, lagen aber schon fast zwei Minuten hinter Nibali zurück. Noch schlimmer erging es Kruijswijk, der nach seinem Sturz zuerst den Abstand konstant halten konnte, doch jetzt am Schlussanstieg immer mehr Zeit verlor. Als Nibali die Hände in die Luft streckte und seinen Sieg zelebrierte, wurde Chaves sogar noch von Nieve überholt und verliert am Ende 53 Sekunden. Valverde, Uran und Majka kamen 2:14 Minuten hinter Nibali ins Ziel und Kruijswijk verlor am Ende sogar satte 4:54 Minuten und damit auch das Maglia Rosa.

Die Top 3 trennen nur 1:05 Minuten

Nach der heutigen Etappe ist der Giro d’Italia spannend wie nie. Morgen steht eine hammerharte Bergetappe auf dem Programm, mit drei Bergwertungen der 1. Kategorie und dem Schlussanstieg der 3. Kategorie. Chaves führt nun in der Gesamtwertung mit 44 Sekunden vor Nibali und 1:05 Minuten vor Kruijswijk. Auch Valverde hat mit nur 1:48 Minuten Rückstand noch Chancen auf den Gesamtsieg. Kruijswijk wirkte den ganzen Giro d’Italia über sehr souverän. Auch heute konnte er die Attacken an der Cima Coppi ohne jede Mühe abwehren, doch sein Sturz in der Abfahrt wendete das Blatt. Nibali, der vor einigen Tagen noch chancenlos war, distanzierte sie heute alle. Chaves hatte am Ende deutlich das Nachsehen gegenüber dem Italiener, doch jetzt wird er die letzte Bergetappe im Maglia Rosa bestreiten. In diesem Giro d’Italia wird den Fans wirklich einiges geboten.

Endergebnis Giro d’Italia 2016 Etappe 19

Gesamtwertung Giro d’Italia