Test: Die E-MTB-Produktpalette von Scott wurde mit dem Strike eRide 910 um ein weiteres Modell, dass sich in Sachen Federweg zwischen dem Genius eRide und dem Spark eRide einreiht, erweitert. Das Scott Strike eRide 910 bietet seinem Fahrer mehr Komfort und ist eher auf Tourentauglichkeit getrimmt, als die beiden sportiveren Modelle. Hier stehen 140mm Federweg zu Buche, also 10mm weniger als beim Genius eRide, was seinen Einsatzbereich bereits grob vorgibt. Im Test, über den doch recht milden Winter, prüften wir das Strike eRide auf seine Trailtauglichkeit – auch bei widrigen Bedingungen.
Im Moment bestimmt das Coronavirus vielerorts den Alltag und vor allem die Medien. Wir können euch hier im Testbericht bereits vorweg versprechen, dass ab hier keine weitere Zeile über dieses fallen wird, sondern einzig und allein das Scott Strike eRide 910 im Fokus steht. Und überhaupt: Radfahren stärkt das Immunsystem und Bewegung an der frischen Luft ist erlaubt. Also haben wir uns aufs Rad geschwungen denn wir wollten herausfinden, ob das neue Touren-E-MTB neben dem hohen Maß an Komfort, welchen Scott verspricht, auch bei härterem Einsatz überzeugen kann und es somit für ein breites Publikum geeignet ist. Unser Augenmerk lag beim Test in den Wintermonaten nicht zuletzt auf dem Einsatz bei schlechten Bedingungen auf den Trails – also Schnee, Eis und Matsch. Hier machte uns allerdings der milde Winter einen Strich durch die Rechnung, dennoch fanden wir an einigen wenigen Tagen mehr oder weniger perfekte Testbedingungen durch schneeüberzogene Trails vor. Hier lockt das E-MTB auch den bequemen Bikepark-Enthusiasten oder gemütlichen Trail-Genießer aus dem Wohnzimmer und sorgt dafür, dass dieser auch in den nasskalten Monaten Spaß auf den Trails haben kann.
Variantenvielfalt und die wichtigsten Infos kompakt
Das Scott Strike ist bei Scott nicht gänzlich neu, denn bereits im Jahr 2000 präsentierten die Schweizer den Namensvorfahren, der als einer der Wegbereiter für heutige Carbon-Fullies gelten kann. Nur die alten Hasen der Bikeszene werden sich an dieses Bike, mit einer der leichtesten Kohlefaser-Rahmenkonstruktionen seiner Zeit, erinnern. Im Gegensatz zu damals, ist jedoch das Strike eRide, wie der Name bereits erahnen lässt, mit einem kraftvollen Bosch-E-Antrieb ausgestattet, kommt mit wahlweise 29 Zoll oder 650b Schlappen daher und weißt eine absolut zeitgemäße, komfortable Geometrie auf. Optisch reiht es sich nahtlos in die eRide-Palette der Schweizer ein und überzeugt durch formschöne Linienführung – hier machten die Entwickler einen tollen Job. Das Scott Strike eRide ist in sechs verschieden Varianten verfügbar, wobei sich die beiden Strike eRide 940 Varianten ausschließlich in puncto Farbe unterscheiden. Diese sechs Varianten sind in vier Größen von S bis XL verfügbar und bewegen sich preislich zwischen 3999€ und 6799€. Des Weiteren bieten die Schweizer zwei Contessa-Varianten an, die speziell für Frauen entwickelt wurden – hier gibt es jedoch nur 3 Größen: S, M und L – zum kompletten Contessa LineUp bei Scott für 2020 geht es hier. Schön, dass Scott hier so ein breites Spektrum abdeckt.
Rahmen: Strike eRide Carbon-/Alu-Rahmen
Motor&Akku: Bosch Performance CX, 625Wh Power Tube
Gabel: Fox 34 Float Performance Elite
Dämpfer: Fox Float Evol Performance
Dropper Post: Fox Transfer
Schaltung: Sram NX Eagle 12-speed
Gewicht: ca. 23kg(Herstellerangabe)
Preis: 6.799 Euro
Rahmen: Strike eRide Alu-Rahmen
Motor&Akku: Bosch Performance CX, 625Wh Power Tube
Gabel: Fox 34 Rythm Air
Dämpfer: Fox Float Evol Perfrmance
Dropper Post: Fox Transfer
Schaltung: Sram NX Eagle
Gewicht: 23,27kg (nachgewogen)
Preis: 5.599 Euro
Rahmen: Strike eRide Alu-Rahmen
Motor&Akku: Bosch Performance CX, 625Wh Power Tube
Gabel: Marzocchi Z2 Air
Dämpfer: Fox Float Evol Performance
Dropper Post: Syncros Duncan
Schaltung: Sram SX Eagle
Gewicht: 23,1kg (Herstellerangabe)
Preis: 4.999 Euro
Rahmen: Strike eRide Alu-Rahmen
Motor&Akku: Bosch Performance CX, 625Wh Power Tube
Gabel: Marzocchi Z2 Air
Dämpfer: X-Fusion Nude
Dropper Post: Syncros Duncan
Schaltung: Sram SX Eagle
Gewicht: 23,3kg
Preis: 4.499 Euro
Rahmen: Strike eRide Alu-Rahmen
Motor&Akku: Bosch Performance CX, 500Wh Power Tube
Gabel: Rock Shox Recon RL Solo Air
Dämpfer: X-Fusion Nude
Dropper Post: Syncros Duncan
Schaltung: Sram SX Eagle
Gewicht: 22,95kg
Preis: 3.999 Euro
Rahmen und Details des Scott Strike 910
Optisch wirkt das Scott Strike eRide 910 clean, da alle Züge intern verlaufen, der Akku formschön in das Unterrohr integriert ist und die Farbwahl auf einen dunkles grün mit hellen Akzenten fiel. Der Alurahmen gefällt auf den ersten Blick und hat Scott-typisch einige clevere Detaillösungen parat. Neben dem Twinlock Federungssystem, finden sich am neuen Strike eine Seitenständer-Aufnahme und vormontierte Kabel für eine mögliche Beleuchtung und optimale Alltagstauglichkeit wieder. Für die Montage eines Gepäckträgers wurde ebenfalls vorgesorgt – zum Zubehör von Syncros geht es hier. Auch der patentierte Geschwindigkeitssensor an der hinteren Bremsscheibe, der ohne Magnet an den Speichen auskommt, sollte erwähnt werden.
Das Herzstück des Scott Strike eRide 910 – der Bosch Performance CX
Wie auch beim Genius eRide, ist im neuen Strike eRide der Bosch Performance CX der vierten Generation verbaut. Dieser ist gänzlich in den Rahmen – zwischen die Kurbelarme – integriert und wird von unten durch den sogenannten Impact Damper geschützt. Diese spezifisch entwickelte Gleitplatte ist verstärkt, um groben Schlägen standzuhalten, mit Gummi überzogen damit Geräusche gedämpft werden und verfügt außerdem über Belüftungsöffnungen, die den Luftstrom zur Antriebseinheit verbessern. Der Bosch Motor leistet 75 Nm Drehmoment und kommt durch moderne Technik und ein Magnesiumgehäuse auf ein geringes Gewicht von 2,9kg, welches in etwa auch dem des Shimano Steps E8000 entspricht, der im Spark eRide verbaut ist. Bedient wird der Motor durch das Bosch Purion Display, welches Unterstützungsstufe, Ladestand, Reichweite und Geschwindigkeit anzeigt. Der hochwertige Kiox Display bleibt leider dem Strike eRide 900 Premium vorbehalten.
Ordentlich Reichweite durch den Bosch PowerTube
Für die nötige Reichweite sorgt der Bosch PowerTube-Akku mit 625 Wh, der voll in das Unterrohr integriert ist. Hier setzen die Scott-Ingenieure auf ihr eRide Power Shell Akkugehäuse aus Carbon, welches unter anderem für ordentlich innenverlegte Züge sorgt. Der PowerTube Akku der werkzeuglos zu entnehmen ist, ist jedoch durch ein Schloss, dass sich rechts im Steuerrohrbereich befindet gesichert. Aufgeladen wird der Akku über die magnetische Ladebuchse gegenüber dem Schloss und die Ladezeit für eine vollständige Ladung beträgt in etwa 4-4,5 Stunden.
Für noch mehr Reichweite kann anstatt eines Flaschenhalters am Strike eRide 910 eine Range Booster Befestigung montiert werden. So kann zusätzlich ein Standard-Bosch-Akku mit 500 Wh verbaut und eine Akkukapazität von 1125 Wh generiert werden. Zum Aufladen ist nur ein Ladegerät notwendig und das Display gibt automatisch den gesamten Akkustand beider Energiespeicher wieder.
Ausstattung und Geometrie des Scott Strike eRide 910 im Überblick
Wie eingangs bereits kurz angeschnitten hielt Scott die Geometrie beim Strike eRide etwas komfortorientierter, als bei den eRide Modellen des Genius und Spark. Es sorgt hier unter anderem der relativ kurz gehaltene Reach für eine aufrechte Position, die bei langen Touren für ausreichend Komfort sorgen soll. Die Kettenstreben mit 465mm Länge sollen unfreiwillige Wheelies in den Uphills verhindern und Vertrauen in das eRide schaffen. Für noch mehr Vertrauen in das Bike und Laufruhe pur soll der 65° flache Lenkwinkel sorgen. Zusätzlich kann die Geometrie mittels eines Flipchips angepasst werden, denn so kann das Strike sowohl mit 27,5 Zoll als auch mit 29 Zoll Bereifung gefahren und die passende Abstimmung für die gewählte Laufradgröße getroffen werden.
Bei der Auswahl der Komponenten setzte Scott beim Strike eRide auf Bewährtes und ging bei einem Preis von 5599€ keine Kompromisse ein. Das 140mm Fahrwerk, um die Fox 34 Rythm Air Grip 3 und dem Fox Evol Performance im neuen Trunnion Mount, sollen für ordentlich Reserven und den nötigen Komfort sorgen. Durch das Twinlock System kann dieses Fahrwerk per Remote auch während der Fahrt in drei Modi angepasst werden: Descent (offenes Fahrwerk für Abfahrten), Traction Control (strafferes Fahrwerk, mehr Pedaleffizienz) und Lockout (Fahrwerk noch straffer, akkusparend, optimal für Asphaltetappen und lange Anstiege). Bei den beiden letzteren Einstellungen werden auch Sitz- und Lenkwinkel etwas steiler und sorgen somit für ein optimiertes Kletterverhalten. Ebenfalls aus dem Hause Fox kommt die Transfer Dropper Post, die in der Größe S 100mm, in Größe M 125mm und bei den L&XL-Varianten 150mm Hub bietet.
Geschaltet wird am Scott Strike eRide 910 mit der günstigen Sram NX Eagle mit 11 bis 50 Zähnen bei 12 Gängen, inklusive Single-Click-Schalthebel. Eine 165mm Sram X1 Kurbel mit einem 34t Eagle Stahlkettenblatt, verrichtet an der Front ihren Dienst und sorgt für die passende Übersetzung. Damit die Kette immer an Ort und Stelle bleibt, setzte Scott auf eine Kettenführung – auf einen Schutz an der Kettenstrebe verzichteten sie jedoch. Um das Strike bei aller Antriebskraft auch sicher zum Stehen zu bringen, ist eine Shimano BR-MT520 Vierkolbenbremse mit 203mm Bremsscheiben verbaut – optimal.
Bis auf die Formula Naben im Boost-Standard und die Maxxis Rekon Reifen in 29×2,6 kommen alle weiteren Anbauteile vom hauseigenen Komponentenhersteller Syncros. Diese sind vertreten durch den Syncros ER 1.5 Sattel, den Hixon Lenker mit 760mm Breite, 20mm Rise und 8° Backsweep, den Syncros Vorbau und die Comfort lock-on Griffe.
Rahmen | Scott Strike eRide Alurahmen, 27,5" und 29" kompitabel, 148x12mm |
Federgabel | Fox 34 Rhytm Air Grip 3 140mm |
Antrieb | Bosch Performance CX Gen4 |
Akku | Bosch Power Tube 625 Wh |
Dämpfer | Fox Float Evol Performance |
Laufräder | Formula CL811/ECT148S |
Reifen VR | Maxxis Rekon EXO+ 3C, 29x2,6 |
Reifen HR | Maxxis Rekon EXO+ 3C, 29x2,6 |
Schaltwerk | Sram NX Eagle, 12-speed |
Schalthebel | Sram NX Eagle single click |
Kurbel | Sram X1 1000 , 165mm, 34T |
Umwerfer | Ohne |
Bremse | Shimano BR-MT520 |
Bremsscheiben | 203mm |
Sattelstütze | Fox Transfer |
Sattel | Syncros ER 1.5 |
Vorbau | Syncros ER 1.5 |
Lenker | Syncros Hixon 1.5 |
Das Scott Strike eRide 910 auf dem Trail
Um das Scott Strike eRide auf Herz und Nieren zu testen, ging es in den heimischen Bayerwald und in die Fränkische Schweiz auf zahlreiche Tagestouren und Feierabendrunden. Hier konnten wir dem E-MTB alles abverlangen. Trotz des größtenteils milde ausfallenden Winters konnten wir einige Testrides bei -5° und deutlich weniger abhalten, um das Bike auch den schlechtesten Witterungsbedingungen auszusetzen. Natürlich lag unser Fokus nicht ausschließlich auf dem Komfort auf dem Bike, sondern wollten wir auch wissen, ob es bei wilden Einsätzen auf knackigen Singletrails überzeugt und auch für sonstige Spaß-Manöver zu haben ist.
Schnell war bereits nach kurzer Eingewöhnungsphase ein Wohlfühl-Faktor erreicht, denn die Position auf dem Bike wirkte komfortabel und aufrecht, doch nicht zu wenig sportlich. Der kurze Reach fällt auf und lässt so das Rad gefühlt relativ kurz wirken. Lenkergriffe und Sattel von Syncros stellten ergonomische Kontaktpunkte zum Rad dar und sind deshalb auch für längere Touren optimal geeignet. Es sei jedoch gesagt, dass das Cockpit generell etwas unübersichtlich wirkte, was zwar nichts zur Funktionalität oder der Ergonomie beiträgt, aber im Test doch etwas störte. Nach Feinabstimmung des Fahrwerks und des Cockpits konnte es auch schon losgehen.
In ersten Uphill-Sektionen zeigte sich schon, wie kraftvoll der Bosch Performance CX unterstützt und wie präzise dieser dosierbar ist. Bereits ab dem ersten Tritt, schob er gleichmäßig an und es kam gefühlt zu keinerlei Verzögerung, auch nicht beim Anfahren am Berg. Er unterstützte gefühlvoll, je nachdem wie kraftvoll in die Pedale getreten wurde und besonders im Turbo- oder dem E-MTB-Modus wird hier in kniffligen Sektionen jedem Biker ein Lächeln ins Gesicht gezaubert. Auch mit der Kapazität des 625 Wh Power Tube-Akku waren wir im Praxiseinsatz vollends zufrieden. Touren mit 60 Kilometer bei sehr hoher Unterstützung stellten absolut kein Problem dar und bei einer sparsameren Fahrweise sind auch deutlich größere Distanzen problemlos möglich. Die zusätzlichen 500 Wh sind also nur für echte Langstrecken-Cracks von Nöten, die gerne Touren mit deutlich mehr als 100 Kilometern unternehmen wollen.
Bei aller Freude über den Motor und dessen Leistung, gab es jedoch in den Uphills einige Kleinigkeiten, die uns weniger gefielen. Die Maxxis Rekon Reifen in 29×2,6 konnten bei schmierigem Untergrund nicht vollends überzeugen, denn im Zusammenspiel mit dem kraftvollen Antrieb wurde es des Öfteren zu einer Rutschpartie. Bei guten Bedingungen gab es jedoch nichts auszusetzen und die 29 Zoll Laufräder ließen auch an kniffligen Stellen ein grundsolides Kletterverhalten zu.
Bei den Abfahrten zeigte sich das Strike eRide sehr laufruhig, auch bei höheren Geschwindigkeiten. Hierfür sorgen die 29 Zoll Laufräder, die 65° Lenkwinkel und die 465mm langen Kettenstreben. Letztere erfordern zwar bei engen Kurven einiges an Eigeninitiative, doch sorgen sie für ein großes Maß an Sicherheit, was nicht nur für Anfänger von Vorteil ist. Auch über Steinstufen und Drops gleitet das Strike unbeeindruckt hinweg, denn die 140mm an Front und Heck sorgen für genügend Reserven auf moderat schwierigen Trails. Bei kurz aufeinander folgenden Schlägen sackte das Fox-Fahrwerk nicht weg, doch wirkte das Bike hier zum Teil etwas nervös. In Steilstücken ließ sich das Strike eRide sehr gut handlen und die Position des Fahrers fühlte sich nahezu perfekt ausgeglichen an.
Alles in allem gefiel das Scott E-MTB im Praxistest sehr gut, denn es vermittelte ein großes Maß an Sicherheit, zeigte dennoch Spieltrieb und bewies sich als sehr gutmütiges Bike. Das Strike eRide ist daher für alle Könnerstufen geeignet und vor allem für den Toureneinsatz mit schönen Trail-Sequenzen eine echte Empfehlung.