Radsport: In den vergangenen Jahren sind einige Quereinsteiger zum Straßenradsport gekommen. Ein ganz spannender von ihnen ist Anton Palzer. Der Skibergsteiger fährt mittlerweile in der zweiten Saison für Bora – hansgrohe und nimmt erstmals an der Deutschland Tour teil. Wir durften ihn vor dem Start der ersten Etappe interviewen.
[aus dem Bayerischen übersetzt]
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Toni, du kannst ruhig bayerisch reden, weil ich auch aus Bayern komme.
Anton Palzer: Ja super. Dann passt’s ja.
Du fährst jetzt deine erste Deutschland Tour. Vor ein paar Jahren hättest du damit wohl nicht gerechnet?
Ja, es ist richtig cool. Ich denk mal, als deutscher Rennfahrer in einem deutschen Team beim größten deutschen Radrennen dabei zu sein ist schon sehr speziell. Ich freue mich jetzt auf die nächsten Tage. Klar, das ist jetzt nicht meine Heimat, weil ich aus Bayern komme. Aber es ist richtig cool. Man hat es auch gestern schon beim Prolog in Weimar gemerkt, dass die Stimmung hier richtig gut ist.
Wie zufrieden bist du mit deinem Prolog?
Ah, jaa … also ich hab mir da jetzt auch nicht wirklich was vorgenommen. So ein bisschen drei Kilometer flach … das ist jetzt nicht das, was ich wirklich kann. Das Wichtigste ist glaube ich, dass man einfach gut durchgekommen ist. Ich denke, meine Zeit kommt am dritten Tag mit der Bergankunft am Schauinsland. Mit Platz drei von Nils Politt können wir auf jeden Fall schon sehr zufrieden sein.
Bergauf war ja vor deiner Radsport-Karriere schon eher dein Metier. Wie schwer ist dir dieser Quereinstieg letztendlich gefallen?
Da gab es einige Schwierigkeiten. Ehrlich gesagt habe ich es mir nicht so schwer vorgestellt. Skibergsteigen oder Laufen ist halt doch etwas komplett anderes als Radfahren. Ich hab ja wirklich mein erstes Radrennen bei der Tour of the Alps gemacht. Da habe ich dann gesehen, was es eigentlich heißt, sich in so einem Fahrerfeld zu bewegen und dass es wenig bringt, den Berg schnell hochzufahren, wenn man weit hinten in den Berg rein fährt. Da waren viele Sachen dabei, die ich lernen musste. Und ich befinde mich mit Sicherheit immer noch in der Lernphase. Aber step by step. Es kann nicht von heute auf morgen gehen.
Welche der beiden Sportarten ist anstrengender?
Da wird es keinen großen Unterschied geben. Das Skibergsteigen und das Laufen ist sicher härter, weil du einfach eine kürzere Distanz hast. Deswegen läufst du vom Start weg einfach direkt intensiver. Das Radfahren wird durch das Drumherum so anstrengend. Es fängt an bei den Etappenrennen, an denen du jeden Tag deine Leistung bringen musst. Fünf bis sechs Stunden sitzen wir da auf dem Sattel. Und die Transfers werden oft vergessen. Die Tage sind extrem lang, aber mit der Zeit kommt man da schon rein.
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Wurdest du zu Beginn anders trainiert als deine Teamkollegen, da du mit einer anderen Grundlage zum Radsport gestoßen bist?
Nein, eigentlich war es das gleiche Training und ich glaube auch, dass das ganz wichtig war. Ich habe es nach der Vuelta im letzten Jahr schon gemerkt, dass ich ziemlich am Limit war. Körperlich war ich einfach komplett durch. Aber im Nachhinein war es wahrscheinlich die richtige Entscheidung der Trainer, mich so ins kalte Wasser zu schmeißen. Man muss sich mal vorstellen: Normalerweise bin ich im Jahr 6.000 bis 7.000 Kilometer Rad gefahren, weil ich so viele Verpflichtungen beim Laufen hatte. Mittlerweile komme ich schon auf über 20.000 Kilometer. Also der Sprung von meinem alten Limit zu meinem jetzigen ist enorm, aber das habe ich auch gebracht. Das hier ist die höchste Liga und da muss man einfach viel investieren, um Anschluss zu finden.
Welche persönlichen Ziele hast du noch im Radsport?
Mein großes Ziel ist, irgendwann einmal den Giro fahren zu dürfen. Das wäre mir schon wichtig. Natürlich möchte ich zurück in die Erfolgsschiene. Das ist eine Situation, die – glaube ich – viele gar nicht verstehen. Es ist gar nicht so einfach für mich. Ich bin jahrelang Rennen gefahren, die ich gewinne. Und ich war über viele Jahre hinweg ein sehr erfolgreicher Sportler. Jetzt bin ich wieder ein Lehrling. Ich habe wieder ganz vorne angefangen. Mit dieser Situation muss man sich erst einmal auseinandersetzen. Zu einem Rennen zu fahren und nicht zu gewinnen, sondern dass man sich in den Dienst seiner Teamkollegen stellt. Klar ist mein Ziel, dass ich wieder an Erfolge anknüpfen kann und dass ich gute Ergebnisse einfahre. Ob das klappen wird, weiß ich nicht. Aber das ist meine Motivation, das Ganze so durchzustehen. So kann ich weiter an meinem Traum Radsport arbeiten.