Radsport: Paul Fietzke hat vor wenigen Tagen bei der Junioren-WM in Glasgow die Silbermedaille gewonnen. Der 17-jährige Deutsche hat damit schon zu Beginn seiner Karriere einen großen Erfolg eingefahren. Dabei soll es jedoch nicht bleiben, wie er Velomotion im Interview verrät.
Herzlichen Glückwunsch zum Vize-WM-Titel der Junioren. Deine Ergebnisse in diesem Jahr waren gut, aber nicht überragend. Kam für dich der Gewinn der Silbermedaille daher überraschend?“
Paul Fietzke: „Meine Ergebnisse waren nicht überragend, aber ich würde sagen, für ein erstes Jahr und die Tatsache, dass ich auch verletzt war und lange nicht trainieren konnte, war das gerade bei Paris-Roubaix schon sehr gut. Von daher wusste ich, dass die Form gut ist und ich mich gut vorbereitet habe. Ich habe über das gesamte Jahr einen Aufwärtstrend gemerkt und wurde immer besser und besser. Unser Ziel war von Anfang des Jahres die WM, daher haben wir uns auch speziell darauf vorbereitet. Und ich wusste, wenn alles gut zusammenläuft, ich einen guten Tag erwische und ein bisschen Glück habe – was einfach immer dazugehört – dann kann ich vorne mit reinfahren.“
„Leider werden wir nie erfahren, wie es ausgegangen wäre.“
„Als Albert Philipsen attackiert hat, warst du nicht ganz so gut positioniert. Hättest du dir zugetraut, mit dem Dänen mitzufahren, oder war er an diesem Tag einfach nicht zu schlagen?“
Paul Fietzke: „Genau. Bei der Attacke von Albert Philipsen war ich einen Tick zu weit hinten. Ich hab mich da leider auf das falsche Hinterrad verlassen. Das war ganz klar mein Fehler. Wenn man so will, hab ich da das Rennen verloren. Ich denke schon, dass ich am Berg hätte mitfahren können, denn die Lücke wurde bergauf eigentlich immer eher kleiner als größer. Aber man muss fairerweise sagen, dass Albert ganz klar der Stärkste war. Er hat schon von Runde eins an Tempo gemacht und immer wieder attackiert. Er war deutlich der Stärkste. Leider werden wir nie erfahren, wie es ausgegangen wäre, wenn ich an seinem Hinterrad hätte bleiben können.“
„Erzähl unseren Lesern etwas über dich, damit sie dich besser kennenlernen. Du fährst in diesem Jahr für das Team Auto Eder. Was hast du davor gemacht?“
Paul Fietzke: „Mit ungefähr 6 oder 7 Jahren hab ich angefangen Rad zu fahren, eher hobbymäßig nachmittags nach der Schule als kleiner Ausgleich. Vor einigen Jahren bin ich nach Cottbus gezogen und dort auf die Sportschule gegangen. Ich bin dann auch für den RSC Cottbus gefahren und bin dort immer noch Mitglied. In der U13 und U15 konnte ich meine ersten Rennerfolge erzielen. Und in der U17 hab ich den ersten kleinen richtigen Durchbruch für mich selbst geschafft. Ich konnte international vorne mitfahren. Und der Schritt zu Auto Eder hat für mich noch einmal vieles verändert. Das tat mir alles sehr, sehr gut und ich glaub das kann man auch an meinen Leistungen sehen.“
„Ich versuche immer, nur auf mich selbst zu achten“
„Emil Herzog hat es im Vorjahr vorgemacht, hat dann direkt den nächsten Schritt gemacht. Ist er in dieser Hinsicht ein Vorbild für dich bzw. welche Fahrer im Profiradsport sind deine Vorbilder und warum?“
Paul Fietzke: „Es war auf jeden Fall sehr beeindruckend, wie Emil im Vorjahr die WM gewonnen hat und auch wie er über das gesamte Jahr gesehen sehr konstant gefahren ist. Aber ehrlich gesagt habe ich kein richtiges Vorbild im Radsport. Ich konzentriere mich lieber auf mich selbst. Mir ist relativ egal, welche Werte die anderen Fahrer haben und wie gut sie sind. Ich versuche immer, nur auf mich selbst zu achten.“
„Wie bist du zum Radsport gekommen?“
Paul Fietzke: „Ich bin damals von einem Klassenkameraden zu einer AG mitgebracht worden. Da haben wir im Winter ganz normale Athletik-Sachen gemacht und im Sommer sind wir immer aufs Rad gestiegen. Das war alles ziemlich neu für mich, aber ich wollte es mal ausprobieren. Mir hat es so viel Sspaß gemacht, dass ich es nach der Schule für drei, vier Jahre einfach als Hobby weitergemacht habe. Irgendwann kam es dann zu dem Punkt, dass wir die ersten Radrennen gefahren sind und ich sehr gut war. Da hat sich in mir dann etwas gelöst und ich wollte Rennen gewinnen. Dann habe ich es ernster genommen und bin es professioneller angegangen. Es folgte der Schritt nach Cottbus zu gehen. Ab dem Punkt wusste ich dann eigentlich schon, dass es das ist, was ich in den kommenden Jahren auf einem sehr hohen Niveau machen möchte.“
„Wie zufrieden bist du mit deinem WM-Zeitfahren?“
Paul Fietzke: „Meine Devise war: Wenn ich Top 10 fahre, bin ich zufrieden. Und wenn ich Top 5 fahre, hätte ich mich sehr, sehr gefreut. Ich hatte nicht den besten Tag. Das habe ich schon beim Aufstehen gemerkt. Ich wusste direkt, es wird ein guter Tag, aber kein exzellenter, so wie beim Straßenrennen zuvor. Von daher habe ich glaube ich das Beste draus gemacht. Mit den Top 10 bei der WM in einem so schweren Zeitfahren bin ich absolut happy.“
„Gibt es bereits Pläne für dich, wie es nach dieser Saison weitergehen soll .. gerade auch im Bezug auf Bora – hansgrohe bzw. Lotto – Kern-Haus?“
Paul Fietzke: „Ich bin ja noch in meinem ersten U19-Jahr, daher fällt es mir relativ leicht zu sagen, wie es weitergehen soll. Natürlich möchte ich mit dem Team Auto Eder weitermachen. Das hat mir so viel gegeben, mich so gut unterstützt und weitergebracht. Ohne das Team wäre ich nicht da, wo ich jetzt bin. Wie es danach dann in der U23 weitergeht … da wird wahrscheinlich ein bisschen was auf mich zukommen die nächsten Jahre. Aber ich bin da relativ relaxed und lass einfach alles auf mich zukommen. Da ich im ersten Jahr U19 bin muss ich dieses Jahr absolut nichts entscheiden. Ich schaue es mir einfach mal an, wie es sich entwickelt.“
„Eines Tages die Tour de France gewinnen.“
„Vielen Dank für das Interview. Eine letzte Frage noch: Welches Rennen würdest du in deinem Leben gerne einmal gewinnen und warum ausgerechnet dieses?“
Paul Fietzke: „Ehrlich gesagt gibts kein bestimmtes Rennen, welches ich mal gewinnen möchte. Ich entscheide innerhalb einer Saison, auf welche Rennen ich mich fokussiere. Aber im Großen und Ganzen möchte ich einfach bei jedem Rennen sehr gut performen und am liebsten jedes Rennen gewinnen. Aber das ist natürlich nicht immer möglich. Da muss man einfach ehrlich zu sich selbst sein. Dieses Jahr war für mich das große Ziel die WM zu gewinnen. Das habe ich nicht geschafft, aber ich war da, konnte das Rennen mitbestimmen und stand auf dem Podium. Von daher war das auf jeden Fall eine gelungene Saison, auch wegen der Siege, die ich einfahren konnte. Der Sieg bei der Etappenfahrt in Cottbus war für mich ein emotionaler Sieg. Nächstes Jahr gibt es vielleicht wieder andere Ziele. Als Kind war mein Traum immer, eines Tages die Tour de France zu gewinnen. Aber auch da muss ich ehrlich zu mir sein. So wie diese Rennen gefahren werden und wie ich körperlich gebaut bin, werde ich dieses Ziel wohl eher nicht erreichen. Dafür bin ich zu muskulös, zu spritzig. Wir müssen abwarten, wie ich mich in den kommenden Jahren körperlich entwickle und was für ein Fahrertyp ich schließlich werde. Dementsprechend werde ich dann meine Ziele setzen. Wenn ich irgendwann bei den Profis Weltmeister werden könnte, wäre das natürlich ein Traum.“
Das Interview führte Michael Behringer.